39
Konrad Klapheck
Lolita, 1969.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 150.000 Ergebnis:
€ 482.600 (inklusive Aufgeld)
Lolita. 1969.
Öl auf Leinwand.
Verso signiert und datiert sowie auf dem Keilrahmen betitelt. 70 x 80 cm (27,5 x 31,4 in). In originaler Künstlerleiste. [JS].
• Klapheck gilt als Erfinder und Meister des "Maschinenbildes", das er als Spiegel menschlicher Existenz begreift.
• Klaphecks ausschließlich aus Charaktergegenständen bestehendes Œuvre nimmt seit den 1950er Jahren Elemente der Pop-Art und des Fotorealismus vorweg.
• "Lolita" verbindet Klaphecks "Supergegenständlichkeit" mit einer sinnlich-positiven Aura, die in seinem Œuvre einmalig ist.
• Der Titel bezieht sich auf Stanley Kubricks Film "Lolita" (1962), der auf dem gleichnamigen Roman von Vladimir Nabokov basiert.
• Sinnbild lebenshungriger Aufbruchstimmung, jugendlicher Leichtigkeit und erotischen Erwachens.
• Seit über 50 Jahren Teil einer rheinländischen Privatsammlung.
• Vielfach international ausgestellt und 1985/86 auf der großen Retrospektive in der Hamburger Kunsthalle und im Haus der Kunst, München.
Die Arbeit ist unter der Werknummer 211 im Archiv des Künstlers registriert. Wir danken Rabbinerin Prof. Dr. Elisa Klapheck für die freundliche Auskunft.
PROVENIENZ: Galerie Rudolf Zwirner, Köln.
Privatsammlung Rheinland (1971 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Konrad Klapheck. Neue Bilder, Galerie Rudolf Zwirner, Köln, 4.10.-4.11.1971 (m. SW-Abb.).
Konrad Klapheck, Museum Boymans van Beuningen, Rotterdam, 14.9.-3.11.1974; Palais des Beaux-Arts, Brüssel, 14.11.1974-5.1.1975; Städtische Kunsthalle, Düsseldorf, 15.2.-31.3.1975, Kat.-Nr. 71 (m. SW-Abb., auf der Rahmenrückwand mit dem Etikett des Museums Boymans van Beuningen sowie dem Speditionsetikett).
Schuhwerke. Aspekte zum Menschenbild, Kunsthalle Nürnberg, 1976, S. 112 (auf der Rahmenrückpappe mit dem Speditionsetikett).
Konrad Klapheck. Retrospektive 1955-1985, Hamburger Kunsthalle, 4.10.-24.11.1985; Kunsthalle Tübingen, 4.1.-9.2.1986; Staatsgalerie Moderner Kunst (Haus der Kunst), München, 21.2.-13.4.1986, Kat.-Nr. 38 (m. Abb., verso mit dem Speditionsetikett).
La femme et le Surrealisme, Musée Cantonal d'Art Lausanne, 21.11.1987-28.2.1988, S. 247, Abb.-Nr. 2 (auf der Rahmenrückwand mit dem Speditionsetikett).
"Das Bild wurde durch die Rollschuhe der Kinder des Künstlers angeregt und bildet einen der liebenswürdigsten Akzente in seiner ‚comédie humaine‘. Der Name Lolita ist seit Erscheinen des Romans von Nabokov 1955 Synonym für frühreife Mädchen."
Werner Hofmann (Hrsg.), Konrad Klapheck. Retrospektive 1955-1985, München 1985, S. 108.
"Von den Photo-Realisten [..] trennen ihn [Klapheck] die dezidierte Veränderung, die sich da zwischen Ding und Bild vollzieht, der hohe Abstraktionsgrad seiner Objekte, ihre Herauslösung aus dem natürlichen Ambiente und damit – trotz allem – ihre Wirklichkeitsferne, ihr Fetischcharakter, ihre emblematische Stilisierung. Dies alles aber bedeutet, dass Klaphecks Bilder weder zu verwechseln sind mit dem, was andere machen, noch mit dem, was sie wiedergeben."
Werner Schmalenbach, 1976, zit. nach: Konrad Klapheck. Objekte zwischen Fetisch und Libido, Basel, Galerie Beyeler 1976, o. S.
Öl auf Leinwand.
Verso signiert und datiert sowie auf dem Keilrahmen betitelt. 70 x 80 cm (27,5 x 31,4 in). In originaler Künstlerleiste. [JS].
• Klapheck gilt als Erfinder und Meister des "Maschinenbildes", das er als Spiegel menschlicher Existenz begreift.
• Klaphecks ausschließlich aus Charaktergegenständen bestehendes Œuvre nimmt seit den 1950er Jahren Elemente der Pop-Art und des Fotorealismus vorweg.
• "Lolita" verbindet Klaphecks "Supergegenständlichkeit" mit einer sinnlich-positiven Aura, die in seinem Œuvre einmalig ist.
• Der Titel bezieht sich auf Stanley Kubricks Film "Lolita" (1962), der auf dem gleichnamigen Roman von Vladimir Nabokov basiert.
• Sinnbild lebenshungriger Aufbruchstimmung, jugendlicher Leichtigkeit und erotischen Erwachens.
• Seit über 50 Jahren Teil einer rheinländischen Privatsammlung.
• Vielfach international ausgestellt und 1985/86 auf der großen Retrospektive in der Hamburger Kunsthalle und im Haus der Kunst, München.
Die Arbeit ist unter der Werknummer 211 im Archiv des Künstlers registriert. Wir danken Rabbinerin Prof. Dr. Elisa Klapheck für die freundliche Auskunft.
PROVENIENZ: Galerie Rudolf Zwirner, Köln.
Privatsammlung Rheinland (1971 vom Vorgenannten erworben).
AUSSTELLUNG: Konrad Klapheck. Neue Bilder, Galerie Rudolf Zwirner, Köln, 4.10.-4.11.1971 (m. SW-Abb.).
Konrad Klapheck, Museum Boymans van Beuningen, Rotterdam, 14.9.-3.11.1974; Palais des Beaux-Arts, Brüssel, 14.11.1974-5.1.1975; Städtische Kunsthalle, Düsseldorf, 15.2.-31.3.1975, Kat.-Nr. 71 (m. SW-Abb., auf der Rahmenrückwand mit dem Etikett des Museums Boymans van Beuningen sowie dem Speditionsetikett).
Schuhwerke. Aspekte zum Menschenbild, Kunsthalle Nürnberg, 1976, S. 112 (auf der Rahmenrückpappe mit dem Speditionsetikett).
Konrad Klapheck. Retrospektive 1955-1985, Hamburger Kunsthalle, 4.10.-24.11.1985; Kunsthalle Tübingen, 4.1.-9.2.1986; Staatsgalerie Moderner Kunst (Haus der Kunst), München, 21.2.-13.4.1986, Kat.-Nr. 38 (m. Abb., verso mit dem Speditionsetikett).
La femme et le Surrealisme, Musée Cantonal d'Art Lausanne, 21.11.1987-28.2.1988, S. 247, Abb.-Nr. 2 (auf der Rahmenrückwand mit dem Speditionsetikett).
"Das Bild wurde durch die Rollschuhe der Kinder des Künstlers angeregt und bildet einen der liebenswürdigsten Akzente in seiner ‚comédie humaine‘. Der Name Lolita ist seit Erscheinen des Romans von Nabokov 1955 Synonym für frühreife Mädchen."
Werner Hofmann (Hrsg.), Konrad Klapheck. Retrospektive 1955-1985, München 1985, S. 108.
"Von den Photo-Realisten [..] trennen ihn [Klapheck] die dezidierte Veränderung, die sich da zwischen Ding und Bild vollzieht, der hohe Abstraktionsgrad seiner Objekte, ihre Herauslösung aus dem natürlichen Ambiente und damit – trotz allem – ihre Wirklichkeitsferne, ihr Fetischcharakter, ihre emblematische Stilisierung. Dies alles aber bedeutet, dass Klaphecks Bilder weder zu verwechseln sind mit dem, was andere machen, noch mit dem, was sie wiedergeben."
Werner Schmalenbach, 1976, zit. nach: Konrad Klapheck. Objekte zwischen Fetisch und Libido, Basel, Galerie Beyeler 1976, o. S.
Konrad Klapheck – Meister des Maschinenbildes
Konrad Klapheck ist der Erfinder und unangefochtene Meister des Maschinenbildes. 1955 hat er sein erstes Schreibmaschinengemälde geschaffen und damit den entscheidenden Ausgangspunkt für sein weiteres Werk gefunden, das fortan Nähmaschinen, Bügeleisen, Wasserkessel, Telefone, Rollschuhe und weitere Gegenstände des häuslichen Alltags in den Fokus rückt. Durch Monumentalisierung, Ausschnitthaftigkeit, Isolation und Neukombination verfremdet Klapheck diese stummen Helfer unseres Alltags und inszeniert sie aller Alltäglichkeit entrückt als isolierte Protagonisten. Mit seinen real-surrealen Bildwelten hat Klapheck die Malerei des Fotorealismus und der Pop-Art in Teilen vorweggenommen und zugleich überwunden.
Klaphecks Maschinenbilder – "Supergegenständlichkeit" als Spiegel menschlicher Existenz
Es ist diese besondere Detailschärfe und Sachlichkeit der Darstellung in Kombination mit verfremdenden Elementen und oftmals menschlich-emotionalisierenden Bildtiteln, die das Empfinden des Betrachters zwischen Nähe und Distanz oszillieren lässt. Klaphecks Gegenstände werden anders als die Gegenstände der Pop-Art nicht auf ihre reine Objekthaftigkeit, ihren industriellen Seriencharakter reduziert, sondern Klapheck erschafft unverwechselbare Gegenstandscharaktere, die ein weites Panorama von Assoziationen und Emotionen auslösen und damit zu Sinnbildern unseres menschlichen Daseins werden. Klapheck selbst hat jene Menschhaftigkeit seiner in "Supergegenständlichkeit" auf die Leinwand gesetzten Gegenstände und Maschinen folgendermaßen beschrieben: "[..] ich [bin] natürlich manchmal, besonders von älteren Menschen, von den Freundinnen meiner Mutter oder meiner Schwiegermutter, gefragt worden: 'Ja, Sie haben doch so entzückende Kinder, wollen Sie nicht die mal malen? Und warum klammern Sie den Menschen aus?' Und damals habe ich immer gedacht: Aber der Mensch steht doch im Zentrum meines Werkes, er ist doch das Thema! Aber ich benutze die Instrumente, deren sich der Mensch bedient. Seit der Steinzeit hat sich der Mensch Selbstbildnisse geschaffen, vom ersten Steinkeil angefangen bis zum Computer von heute. Der Mensch spiegelt sich ja in den Gebrauchsgegenständen, die er geschaffen hat." (K. Klapheck, 2002, zit. nach: Klapheck. Bilder und Texte, München 2013, S. 114). Klaphecks sezierendem Blick auf seine alltägliche Umwelt entgeht nichts und er beschließt "ein ganzes System aus den Maschinenthemen aufzubauen und [seine] Biographie durch sie zu erzählen." (K. Klapheck, zit. nach: Mensch und Maschinen. Bilder von Konrad Klapheck, Bonn 2006, S. 85). Klaphecks zunehmend interpretierende Titel weisen den Weg von teils politisch-autoritär assoziierten Maschinenbildern wie "Der Chef" (Kunstmuseum Düsseldorf), "Der Diktator" (Museum Ludwig, Köln) oder "Der Krieg" (Kunstsammlungen Nordrhein Westfalen, Düsseldorf) über weiblich-mütterlich assoziierte Haushaltsgeräte in "Die Supermutter" oder "Der Hausdrache" bis hin zu den Fahrrädern, Motorrädern und Rollschuhen, in denen Klapheck Erinnerungen an seine eigene Jugend und die seiner Kinder künstlerisch niederschreibt.
Klaphecks "Lolita" – Lebensbejahende Aufbruchstimmung und erwachende Sinnlichkeit
"Lolita" ist neben "Müssiggang", das einen auf der Seite liegenden Rollschuh zeigt, eines von zwei Rollschuh-Gemälden, die Klapheck ispiriert durch die Rollschuhe seiner Kinder 1969 geschaffen hat. Außergewöhnlich in Klaphecks Œuvre ist "Lolitas" sinnlich-positiver Charakter, die hoffnungsvolle Aufbruchstimmung und ungeteilte Lebensfreude, welche von dem isolierten Rollschuh vor grünem Grund mit überdimensionierter orangener Schleife ausgeht. Der Rollschuh wird zum Sinnbild des verheißungsvollen Aufbruchs ins Leben, welcher die Phase der Adoleszenz auszeichnet, in der das ganze Leben noch wie ein unbeschriebenes weißes Blatt vor einem liegt. Der Titel "Lolita" bezieht sich auf den 1962 erstausgestrahlten Hollywood-Film von Stanley Kubrick, der auf dem gleichnamigen und damals heftig umstrittenen Roman von Vladimir Nabokov aus dem Jahr 1955 basiert. Für ihre Rolle der Dolores "Lolita" Haze wurde die amerikanische Jungschauspielerin Sue Lyon (1946–2019) mit dem Golden Globe Award als "Most Promising Newcomer" ausgezeichnet. Kubricks Film handelt von der erwachenden sinnlichen Ausstrahlung der jugendlichen Protagonistin "Lolita", welcher der deutlich ältere, distinguierte Literaturwissenschaftler Humbert vollkommen willenlos verfällt.
Klaphecks "Lolita" – Der Rollschuh als Sinnbild der Vergänglichkeit
Klaphecks "Lolita" ist ein herausragendes Beispiel für die formale Klarheit und außergewöhnliche inhaltliche und emotionale Dichte seiner Malerei. "Lolita" setzt beim Betrachter ein assoziatives Gedankenspiel in Gang, das um persönliche und zugleich existenzielle Fragen kreist und auch vollkommen gegensätzliche Gefühle einschließt. "Lolita" steht für eine lebenshungrige Aufbruchsstimmung und erwachende Sinnlichkeit, aber zugleich wohnt dem Rollschuh mit übergroßer orangener Schleife auch ein vollkommen gegenläufiger, melancholischer Empfindungsmoment inne, denn er ist zugleich Katalysator einer emotionalen Vergangenheitsbewältigung: Wie der Blick in ein vergilbtes Fotoalbum wirft er den Betracher auf das eigene Leben, die eigene Kindheit sowie die Kindheit der eigenen Kinder zurück und thematisiert damit die Freude über alles Erlebte, aber eben auch die schmerzhafte Erkenntnis der Flüchtigkeit und Endlichkeit unseres irdischen Daseins.
Aufgrund seiner außergewöhnlichen assoziativen Dichte ist "Lolita" ein qualitativ herausragendes Beispiel von Klaphecks unverwechselbarer Malerei. Klaphecks Feinmalerei verweigert sich jeglichem sichtbaren Pinselduktus und präsentiert uns den Gegenstand klar, aber entrückt, wie hinter Glas konserviert. Seine rätselhaften Werke spielen jedoch nur mit dem ersten Anschein exponierter Realität, die an naturwissenschaftliche Präparate unter Acrylglas erinnert, denn sie sind vielmehr Auslöser eines komplexen subjektiv-emotionalen Empfindens. Mit seinen sachlichen Schöpfungen von hoher assoziativer Dichte hat Konrad Klapheck letztlich René Magrittes berühmten Satz "Ceci n'est pas un pipe" künstlerisch auf die Spitze getrieben. [JS]
Konrad Klapheck ist der Erfinder und unangefochtene Meister des Maschinenbildes. 1955 hat er sein erstes Schreibmaschinengemälde geschaffen und damit den entscheidenden Ausgangspunkt für sein weiteres Werk gefunden, das fortan Nähmaschinen, Bügeleisen, Wasserkessel, Telefone, Rollschuhe und weitere Gegenstände des häuslichen Alltags in den Fokus rückt. Durch Monumentalisierung, Ausschnitthaftigkeit, Isolation und Neukombination verfremdet Klapheck diese stummen Helfer unseres Alltags und inszeniert sie aller Alltäglichkeit entrückt als isolierte Protagonisten. Mit seinen real-surrealen Bildwelten hat Klapheck die Malerei des Fotorealismus und der Pop-Art in Teilen vorweggenommen und zugleich überwunden.
Klaphecks Maschinenbilder – "Supergegenständlichkeit" als Spiegel menschlicher Existenz
Es ist diese besondere Detailschärfe und Sachlichkeit der Darstellung in Kombination mit verfremdenden Elementen und oftmals menschlich-emotionalisierenden Bildtiteln, die das Empfinden des Betrachters zwischen Nähe und Distanz oszillieren lässt. Klaphecks Gegenstände werden anders als die Gegenstände der Pop-Art nicht auf ihre reine Objekthaftigkeit, ihren industriellen Seriencharakter reduziert, sondern Klapheck erschafft unverwechselbare Gegenstandscharaktere, die ein weites Panorama von Assoziationen und Emotionen auslösen und damit zu Sinnbildern unseres menschlichen Daseins werden. Klapheck selbst hat jene Menschhaftigkeit seiner in "Supergegenständlichkeit" auf die Leinwand gesetzten Gegenstände und Maschinen folgendermaßen beschrieben: "[..] ich [bin] natürlich manchmal, besonders von älteren Menschen, von den Freundinnen meiner Mutter oder meiner Schwiegermutter, gefragt worden: 'Ja, Sie haben doch so entzückende Kinder, wollen Sie nicht die mal malen? Und warum klammern Sie den Menschen aus?' Und damals habe ich immer gedacht: Aber der Mensch steht doch im Zentrum meines Werkes, er ist doch das Thema! Aber ich benutze die Instrumente, deren sich der Mensch bedient. Seit der Steinzeit hat sich der Mensch Selbstbildnisse geschaffen, vom ersten Steinkeil angefangen bis zum Computer von heute. Der Mensch spiegelt sich ja in den Gebrauchsgegenständen, die er geschaffen hat." (K. Klapheck, 2002, zit. nach: Klapheck. Bilder und Texte, München 2013, S. 114). Klaphecks sezierendem Blick auf seine alltägliche Umwelt entgeht nichts und er beschließt "ein ganzes System aus den Maschinenthemen aufzubauen und [seine] Biographie durch sie zu erzählen." (K. Klapheck, zit. nach: Mensch und Maschinen. Bilder von Konrad Klapheck, Bonn 2006, S. 85). Klaphecks zunehmend interpretierende Titel weisen den Weg von teils politisch-autoritär assoziierten Maschinenbildern wie "Der Chef" (Kunstmuseum Düsseldorf), "Der Diktator" (Museum Ludwig, Köln) oder "Der Krieg" (Kunstsammlungen Nordrhein Westfalen, Düsseldorf) über weiblich-mütterlich assoziierte Haushaltsgeräte in "Die Supermutter" oder "Der Hausdrache" bis hin zu den Fahrrädern, Motorrädern und Rollschuhen, in denen Klapheck Erinnerungen an seine eigene Jugend und die seiner Kinder künstlerisch niederschreibt.
Klaphecks "Lolita" – Lebensbejahende Aufbruchstimmung und erwachende Sinnlichkeit
"Lolita" ist neben "Müssiggang", das einen auf der Seite liegenden Rollschuh zeigt, eines von zwei Rollschuh-Gemälden, die Klapheck ispiriert durch die Rollschuhe seiner Kinder 1969 geschaffen hat. Außergewöhnlich in Klaphecks Œuvre ist "Lolitas" sinnlich-positiver Charakter, die hoffnungsvolle Aufbruchstimmung und ungeteilte Lebensfreude, welche von dem isolierten Rollschuh vor grünem Grund mit überdimensionierter orangener Schleife ausgeht. Der Rollschuh wird zum Sinnbild des verheißungsvollen Aufbruchs ins Leben, welcher die Phase der Adoleszenz auszeichnet, in der das ganze Leben noch wie ein unbeschriebenes weißes Blatt vor einem liegt. Der Titel "Lolita" bezieht sich auf den 1962 erstausgestrahlten Hollywood-Film von Stanley Kubrick, der auf dem gleichnamigen und damals heftig umstrittenen Roman von Vladimir Nabokov aus dem Jahr 1955 basiert. Für ihre Rolle der Dolores "Lolita" Haze wurde die amerikanische Jungschauspielerin Sue Lyon (1946–2019) mit dem Golden Globe Award als "Most Promising Newcomer" ausgezeichnet. Kubricks Film handelt von der erwachenden sinnlichen Ausstrahlung der jugendlichen Protagonistin "Lolita", welcher der deutlich ältere, distinguierte Literaturwissenschaftler Humbert vollkommen willenlos verfällt.
Klaphecks "Lolita" – Der Rollschuh als Sinnbild der Vergänglichkeit
Klaphecks "Lolita" ist ein herausragendes Beispiel für die formale Klarheit und außergewöhnliche inhaltliche und emotionale Dichte seiner Malerei. "Lolita" setzt beim Betrachter ein assoziatives Gedankenspiel in Gang, das um persönliche und zugleich existenzielle Fragen kreist und auch vollkommen gegensätzliche Gefühle einschließt. "Lolita" steht für eine lebenshungrige Aufbruchsstimmung und erwachende Sinnlichkeit, aber zugleich wohnt dem Rollschuh mit übergroßer orangener Schleife auch ein vollkommen gegenläufiger, melancholischer Empfindungsmoment inne, denn er ist zugleich Katalysator einer emotionalen Vergangenheitsbewältigung: Wie der Blick in ein vergilbtes Fotoalbum wirft er den Betracher auf das eigene Leben, die eigene Kindheit sowie die Kindheit der eigenen Kinder zurück und thematisiert damit die Freude über alles Erlebte, aber eben auch die schmerzhafte Erkenntnis der Flüchtigkeit und Endlichkeit unseres irdischen Daseins.
Aufgrund seiner außergewöhnlichen assoziativen Dichte ist "Lolita" ein qualitativ herausragendes Beispiel von Klaphecks unverwechselbarer Malerei. Klaphecks Feinmalerei verweigert sich jeglichem sichtbaren Pinselduktus und präsentiert uns den Gegenstand klar, aber entrückt, wie hinter Glas konserviert. Seine rätselhaften Werke spielen jedoch nur mit dem ersten Anschein exponierter Realität, die an naturwissenschaftliche Präparate unter Acrylglas erinnert, denn sie sind vielmehr Auslöser eines komplexen subjektiv-emotionalen Empfindens. Mit seinen sachlichen Schöpfungen von hoher assoziativer Dichte hat Konrad Klapheck letztlich René Magrittes berühmten Satz "Ceci n'est pas un pipe" künstlerisch auf die Spitze getrieben. [JS]
39
Konrad Klapheck
Lolita, 1969.
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