Auktion: 600 / Evening Sale am 05.12.2025 in München button next Lot 125001088

 

125001088
Otto Dix
Salon d'amur (Matrosenkneipe), Um 1922.
Aquarell und Tuschfeder
Schätzpreis: € 150.000 - 250.000
Informationen zu Aufgeld, Steuern und Folgerechtsvergütung sind ab vier Wochen vor Auktion verfügbar.
Otto Dix
1891 - 1969

Salon d'amur (Matrosenkneipe). Um 1922.
Aquarell und Tuschfeder.
Links oben signiert und bezeichnet "214" sowie als Teil der Darstellung betitelt "Salon d'amur". 33,7 x 24,9 cm (13,2 x 9,8 in), blattgroß.

• Jenseits aller Tabus: laute, pornografische Szenen aus der Halbwelt.
• Eines von lediglich vier fulminanten Aquarellen mit Motiven aus dem Hamburger Rotlicht-Milieu.
• Von musealer Qualität: vielfigurig, malerisch, dicht und schonungslos.
• Aquarelle der frühen 1920er Jahre zählen zu den begehrtesten Arbeiten des Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt.
• Seit über 45 Jahren Teil einer bedeutenden Berliner Privatsammlung
.

PROVENIENZ: Sammlung Schmitz, o. O. (1948 erworben, Hauswedell).
Dr. Ernst Hauswedell & Co., Hamburg (Lagerbestand, bis 1951).
Privatsammlung Stuttgart (wohl 1951 erworben, Hauswedell).
Privatsammlung New York (1972 vom Vorgenannten erworben, Galerie Wolfgang Ketterer).
Helen Serger, La Boetie, New York.
Privatsammlung Berlin (1978 vom Vorgenannten erworben, Hauswedell).

AUSSTELLUNG: German Expressionism, Toward a New Humanism, Sarah Campbell Blaffer Gallery/University of Houston, 3.3.-3.4.1977, Kat.-Nr. 40.
The Art of the Dadaists, La Boetie, New York, 27.9.-27.11.1977, Kat.-Nr. 7 (m. SW-Abb., S. 9).

LITERATUR: Suse Pfäffle, Otto Dix. Werkverzeichnis der Aquarelle und Gouachen, Stuttgart 1991, WVZ-Nr. A 1922/117 (m. SW-Abb., S. 166).
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Hauswedell & Nolte, Hamburg, 32. Auktion, 7.2.1948, Los 2073.
Hauswedell & Nolte, Hamburg, 46. Auktion, 3.11.1951, Los 2427.
Galerie Wolfgang Ketterer, München, 8. Auktion, 28.11.1972, Los 276 (m. SW-Abb.).
The Art Gallery: The International Magazine of Art and Culture, Ivoryton, Conn. Hollycroft Pr., Band 18, 1974, o. S. (m. Farbabb.).
Hauswedell & Nolte, Hamburg, 227. Auktion, 1.-3.6.1978, Los 283 (m. Farbabb., S. 101).

"Ich brauche die Verbindung zur sinnlichen Welt, den Mut zur Hässlichkeit, das Leben ohne Verdünnung."
Otto Dix, 1919, zit. nach: Otto Dix – Der böse Blick, Düsseldorf 2017, S. 217.

Zwischen Kriegsende und künstlerischem Neuanfang findet Otto Dix in den frühen 1920er Jahren zu einer klaren, beobachtenden Bildsprache, mit der er die Wirklichkeit seiner Gegenwart unerschrocken dokumentiert.
Mit dem skandalträchtigen Aquarell "Salon d’amur (Matrosenkneipe)" gelingt ihm eine kompromisslose Verdichtung der provokativen, erotisch aufgeladenen Atmosphäre dieser Zeit. Inspiriert durch einen prägenden Aufenthalt in Hamburg im Jahr 1921, bei dem er den Hafen und das Rotlichtviertel der Reeperbahn erkundet, entdeckt Dix das Motiv des heroischen Matrosen: eine Figur im "Ausnahmezustand", die sowohl sexuelle Virilität als auch soziale Freiheit verkörpert. Der Seemann gilt als "eine schwebende, irreale Figur, die den Träumen der Landbewohner entspringt. Er ist eine eskapistische Fantasie" (zit. nach: Timo Heimerdinger, Der Seemann. Ein Berufsstand und seine kulturelle Inszenierung 1844–2003, Köln 2005, S. 77 u. 198).




Die Idee von Freiheit und sexueller Potenz setzt Dix in dem hier angebotenen "Salon d’amur (Matrosenkneipe)" mit unverblümter Direktheit in Szene. In der überfüllten Seemannskneipe vermischen sich Trunkenheit, Begierde und Erschöpfung zu einem Tableau der Enthemmung. Matrosen, Prostituierte und Voyeure drängen sich in der stickigen Enge der Kneipe, deren rottönige Atmosphäre von schwerem Tabakrauch und Parfum durchzogen ist. Die Grenzen zwischen Bühne und Realität beginnen zu verschwimmen: Während im Hintergrund eine obszöne Szene beinahe unbeachtet bleibt, wird im Vordergrund getrunken, geflirtet und geraucht. Über allem weht die amerikanische Flagge, Symbol moderner Verheißungen, aber auch der Fremdheit und des Exzesses. Am Bildrand steht ein Polizist, eine ambivalente Figur, die Kontrolle verspricht und zugleich Teil des Geschehens zu werden scheint. In dieser dichten Inszenierung zeigt sich Dix' feines Gespür für gesellschaftliche Widersprüche. Die staatliche Ordnung erscheint brüchig, ihre Vertreter schwanken zwischen Macht und Ohnmacht. Nicht ohne Ironie wirkt daher die Tatsache, dass Dix ein Jahr später selbst wegen "Unzüchtigkeit" angeklagt wird. Unter den beanstandeten Werken befindet sich auch eine weitere Bordellszene: "Salon II" (1921).




Das Sujet der Matrosenkneipe nimmt im Œuvre von Otto Dix eine zentrale Stellung ein. "Salon d’amur (Matrosenkneipe)" lässt sich in eine Reihe thematisch verwandter, hochkarätiger Aquarelle einordnen, in denen Dix das Milieu der Seemannsbordelle auslotet (vgl. Pfäffle A 1922/75, A 1922/94, A 1922/128). Der Matrose erscheint hier als Chiffre ungebändigter, viriler Männlichkeit: exzessiv, körperlich, losgelöst von bürgerlicher Moral. Wie die Kunsthistorikerin Änne Söll herausstellt, reagieren diese Darstellungen auf die "Krise der Männlichkeit" im Nachhall des Ersten Weltkriegs. Sie zeigen die Fantasie einer antibürgerlichen Existenz, befreit von Verpflichtungen und ganz dem sexuellen Begehren verschrieben.
Eine moralische Wertung legt Dix dabei nicht an. Seine Darstellungen bleiben nüchtern und ernsthaft – Ausdruck seines Anspruchs, die Wirklichkeit ungeschönt abzubilden, auch dort, wo sie sich der Öffentlichkeit entzieht. Bereits 1919 schreibt er an seinen Freund Conrad Felixmüller: "Es ist mein Wunsch, unserer Gegenwart ganz nahe zu kommen, erschlagend zeitnah zu sein, ohne mich einem künstlerischen Dogma zu unterwerfen." (Otto Dix, 1919, zit. nach: Otto Dix – Der böse Blick, Düsseldorf 2017, S. 217). [KA]



125001088
Otto Dix
Salon d'amur (Matrosenkneipe), Um 1922.
Aquarell und Tuschfeder
Schätzpreis: € 150.000 - 250.000
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