Auktion: 380 / Moderne Kunst am 04.06.2011 in München Lot 58

 
Frantisek Kupka - Nocturne envoûtant II


58
Frantisek Kupka
Nocturne envoûtant II, 1911.
Farbige Kreide
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 28.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Farbige Kreide, Aquarell und Gouache
Unten mittig signiert. Auf Bütten, auf Karton aufgezogen, auf Holz. 28,5 x 25,6 cm (11,2 x 10 in), blattgroß

Wir danken Herrn Pierre Brullé, Paris, für die freundliche Unterstützung.

PROVENIENZ: Galerie Wolfgang Ketterer, München, Auktion 21, 23./24. Mai 1977, Lot 1140 (mit Abb.).
Galerie Müller, Stuttgart.
Privatsammlung Süddeutschland.

Franticek Kupka beginnt seine künstlerische Ausbildung 1887 an der Akademie in Prag bei Franticek Sequens, der stark von der Schule der Nazarener beeinflusst ist. 1891 wechselt Kupka an die Akademie in Wien, wo er bis 1893 bei Professor Eisenmenger arbeitet. Im darauf folgenden Jahr reist er nach London und Skandinavien und lässt sich 1895 endgültig in Paris nieder. Ebenso wie Lyonel Feininger und Marcel Duchamp beginnt Kupka als Karikaturist und Zeichner. Er fertigt Modezeichnungen an, entwirft Plakate, illustriert Bücher und zeichnet für verschiedene satirische Blätter. 1905 siedelt der Künstler an den Stadtrand nach Puteaux über. Dort lernt er Jacques Villon kennen, der ihn 1910/11 in einen Kreis von Malern einführt, dem u.a. Marcel Duchamp, Robert Delaunay, Fernand Léger und Francis Picabia angehören. Hier werden die Formprobleme des Kubismus und Futurismus, die Zusammenhänge von Malerei und Musik diskutiert. Es vollzieht sich eine entscheidende Entwicklung in Kupkas Schaffen: Als erster Künstler in Frankreich geht er den Weg vom Jugendstil zur Abstraktion. Die Akzeptanz des Ornaments als eigenständigem Element des Jugendstils führt ihn zur endgültigen Loslösung von der Naturform.

Neben einem umfangreichen Œuvre, das der gegenstandslosen Malerei gewidmet ist und das im Wesentlichen mit dem Namen Kupka in Verbindung gebracht wird, entsteht davor und teilweise sogar gleichzeitig eine figurative und themengebundene Malerei, zu der auch unsere Arbeit gehört. Das Dunkel, mystisch überhöht, war ein beliebtes Thema der Malerei vor dem Ersten Weltkrieg. Bis hin zur rauschhaften Verklärung der Nacht mit all ihren Ungewissheiten, Verzauberungen und auch Verlockungen reicht die Spannbreite der Interpretationen. Es ist nicht die romantische Naturnähe der Nacht, wie sie das frühe neunzehnte Jahrhundert ergriff, es ist die sinnlich-sündige Komponente, die Gegenwelt der Realität des Tages, die die Künstler dieser Zeit beschwören. Das Erleben der Nacht wird als eine eigene Erfahrung zelebriert. Auch Frantisek Kupka sieht in dieser, seiner bezaubernden Nacht jene geheime Verführung, die er romantisch und drohend zugleich visualisiert.

Die Gruppe um Villon stellt zum ersten Mal 1912 unter dem Namen "Section d'Or" im Pariser Herbstsalon aus. Hier zeigt Kupka seine abstrakten Bilder, die aufgrund ihrer Nähe zur Musik dem Orphismus zugerechnet werden. 1914 meldet er sich freiwillig an die Front an der Somme. Vier Jahre später nimmt Kupka eine zweijährige Gastprofessur in Prag an und gehört 1931 zusammen mit Hans Arp, Jean Hélion, Auguste Herbin, Georges Valmier und Georges Vantongerloo zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe "Abstraction-Création", deren Vorstandsmitglied er wird. In diese Zeit fallen wichtige Ausstellungen im Museum Jeu de Paume in Paris. Den Zweiten Weltkrieg verbringt Kupka in Beaugency und kehrt unmittelbar nach der Befreiung nach Puteaux zurück. Anlässlich seines 75. Geburtstages findet 1946 die erste große Retrospektive des Künstlers in Prag statt. 1955 ist er auf der documenta I in Kassel vertreten. Zwei Jahre später stirbt Kupka am 21. Juli 1957 in Puteaux. Bereits im darauf folgenden Jahr findet eine große Retrospektive im Musée d'Art Moderne in Paris statt, wo dem Künstler ein eigener Raum gewidmet ist. [KD].




58
Frantisek Kupka
Nocturne envoûtant II, 1911.
Farbige Kreide
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 28.750

(inkl. Käuferaufgeld)