Auktion: 400 / Moderne Kunst am 08.12.2012 in München Lot 25

 

25
Emil Nolde
Selbstporträt, 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 97.600

(inkl. Käuferaufgeld)
Selbstporträt. Um 1910/1912.
Aquarell und Tuschfederzeichnung.
Unten links signiert. Auf festem, braunen Velin. 48,7 x 30 cm (19,1 x 11,8 in), blattgroß.
Einziges Selbstbildnis aus dem malerischen wie auch zeichnerischen Werk Noldes auf dem internationalen Auktionsmarkt. Von großer Seltenheit.

Mit einer Fotoexpertise in Kopie von Prof. Dr. Martin Urban, Stiftung Ada und Emil Nolde Seebüll, vom 28. Februar 1987, die von Prof. Dr. Martin Reuther, Direktor der Stiftung, am 21. November 2011 bestätigt wurde.

PROVENIENZ: Privatsammlung, New York.
Privatsammlung, Berlin.

Am 7. August 1867 wird Emil Hansen im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Den Namen seines Heimatortes Nolde nimmt er später als Künstlernamen an. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer 1884-88 in Flensburg arbeitet er für verschiedene Möbelfabriken in München, Karlsruhe und Berlin. 1892 erhält Emil Nolde am Gewerbemuseum in St. Gallen eine Stellung als Lehrer für gewerbliches Zeichnen, die er bis 1898 innehat. Dort, wo zunächst vor allem Landschaftsaquarelle und Zeichnungen der Bergbauern entstehen, wird Nolde durch kleine farbige Zeichnungen der Schweizer Berge bekannt. Mit dem Entschluss, Maler zu werden, geht Nolde schließlich nach München, doch die Akademie unter Franz von Stuck lehnt ihn ab. Es folgt ein Studium an der privaten Malschule von Adolf Hölzel in Dachau und ab 1899 an der Académie Julian in Paris. 1900 mietet er ein Atelier in Kopenhagen und zieht 1903 auf die Insel Alsen. Durch die Auseinandersetzung mit den Neoimpressionisten Vincent van Gogh, Edvard Munch und James Ensor gelangt Nolde ab 1905 von seinem anfänglich romantischen Naturalismus zu einem eigenständigen Stil, in dem die Farbe eine wesentliche Rolle spielt; es entstehen farbintensive, leuchtende Blumenbilder. 1906 lernt Nolde während eines Aufenthaltes in Alsen die "Brücke"-Maler kennen, deren Gruppe er sich vorübergehend anschließt. In einer Reihe von Porträtstudien beginnt die Hinwendung zum Aquarell. Als Nolde 1909 in dieser Technik erstmalige Versuche auf nicht saugfähigem Papier unternimmt, dabei das Blattweiß in großen Teilen stehen lässt und auf eine Konturierung in der Gegenstandserfassung verzichtet, sind diese Neuerungen zukunftsweisend. 1910 wird Emil Nolde nach einer Kontroverse mit Max Liebermann aus der "Berliner Sezession" ausgeschlossen und gründet mit anderen zurückgewiesenen Künstlern die "Neue Sezession", an deren Ausstellungen er bis 1912 teilnimmt.

Das ungewöhnlich eindrucksvolle Selbstporträt von Emil Nolde reiht sich in eine Folge von Selbstbildnissen ein, die der Künstler im Laufe eines langen Malerlebens schuf. Die Erforschung des eigenen Ich hat in der abendländischen Malerei eine Tradition, die bis in das sechzehnte Jahrhundert zurückgeht und mit der Emanzipierung des Malers als Künstler und Schöpfer seiner Werke eng zusammenhängt. In der groß angelegten Albrecht-Dürer-Ausstellung dieses Jahres in Nürnberg wurde dem Selbstporträt als eine der wichtigsten Komponenten im Schaffen des Künstlers besonders breiter Raum gegeben. Von Rembrandt bis zu den Künstlern der klassischen Moderne lassen sich gerade in den Selbstporträts herausragende Zeugnisse der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich finden. Nolde sieht sich fast frontal und blattfüllend. Jede Zutat ist vermieden um die Betrachtung ganz auf das Wesentliche zu lenken. Die forschend, etwas übergroßen Augen verstärken eine suggestive Wirkung, die von diesem Selbstporträt ausgeht.

Von einer Expedition nach Neu-Guinea 1913 bringt Nolde reiches Studienmaterial mit, das er in zahlreichen Werken noch bis 1915 verarbeitet. Ab 1916 verbringt er den Sommer auf der Insel Föhr und lässt sich 1928 in Seebüll nieder. Der dort angelegte Garten wird zur unerschöpflichen Inspirationsquelle seiner Malerei, auch Küstenlandschaften und religiöse Szenen werden zu tragenden Sujets. Von den Nationalsozialisten als Künstler verfemt, dazu seit 1941 mit Arbeitsverbot belegt, malt Nolde ab 1938 in Seebüll seine "Ungemalten Bilder", viele hundert kleine Aquarelle, die er nach 1945 als Ölbilder wieder aufgreift. In den letzten Lebensjahren entstehen vor allem Aquarelle mit Blumen- und Landschaftsmotiven aus der näheren Umgebung seines Hauses in Seebüll, wo Nolde am 13. April 1956 stirbt. [KD].




25
Emil Nolde
Selbstporträt, 1910.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 97.600

(inkl. Käuferaufgeld)