Auktion: 400 / Moderne Kunst am 08.12.2012 in München Lot 58

 

58
Carl Grossberg
Ortseingang von Sommerhausen (Unterfranken), 1926.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 93.940

(inkl. Käuferaufgeld)
Ortseingang von Sommerhausen (Unterfranken). 1926.
Öl auf Leinwand.
Unten links signiert und datiert. 70,5 x 70 cm (27,7 x 27,5 in).

PROVENIENZ: Dr. Heinz Foucar.
Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Carl Grossberg. Retrospektive zum 100. Geburtstag, Von der Heydt-Museum, Wuppertal, 28.8.-9.10.1994/Kunsthalle Tübingen, 15.10.-27.11.1994/Kunsthalle zu Kiel 11.12.-12.2.1995/Sinclair-Haus, Bad Homburg 20.2.-17.4.1995, Kat.Nr. 17 (ohne Abb.).

Am 6. September 1894 in Elberfeld geboren, beginnt Carl Grossberg mit neunzehn Jahren ein Architekturstudium an den Hochschulen in Aachen und Darmstadt. Sein Studium wird durch die Einziehung zum Kriegsdienst unterbrochen. 1919 setzt er es zunächst als Schüler von Walther Klemm an der Hochschule für bildende Künste in Weimar und ab 1919 bis 1921 ebendort als Schüler Lyonel Feiningers am Staatlichen Bauhaus fort, wo er in den Disziplinen Malerei, Dekorationsmalerei und Raumkunst ausgebildet wird. 1921 unternimmt Grossberg zu Studienzwecken ausgedehnte Reisen nach Süddeutschland und lässt sich in der Nähe von Würzburg nieder.

Wenn der Begriff "Neue Sachlichkeit" in der deutschen Malerei der 1920er Jahre eines optischen Belegs bedürfte, dann sollte dieses Gemälde der Ortseinfahrt von Sommerhausen in Unterfranken geradezu exemplarisch hierfür stehen. Die sachlich kühle Interpretation von Architektur, die in einigen Fällen an Photorealistik heranreicht, ist das herausragende Merkmal in den Arbeiten von Carl Grossberg, der in der kubischen Kompaktheit seiner Architekturdarstellungen ein hohes Maß an zeichnerischer Präzision erreicht. Doch es wäre falsch, in den Arbeiten Grossbergs eine Vorform des Photorealismus zu sehen. Die bewusste Gegenüberstellung flächenhafter Formen zueinander und deren optische Glätte erzeugen eine ganz eigene Kraft der Aussage. Durchdrungen von einem Willen zur Gestaltung des Ungestalteten sind die Arbeiten von Grossberg Meisterwerke einer intellektuellen Interpretation des optisch Wahrnehmbaren.

Ab 1927 reist Carl Grossberg viel, um die für ihn typischen Maschinenbilder, Industrielandschaften und Stadtbilder zu malen. Immer öfter erhält er nun Aufträge von der Industrie, so zum Beispiel 1932 von der Norta-Tapetenfabrik im Harz und 1937 von der Firma Oetker in Bielefeld, bei der er ein eigenes Atelier bezieht. Ab 1933/34 nimmt Grossbergs Interesse an der Technik und der Industrie enzyklopädische Dimensionen an. Er setzt sich zum Ziel, die wichtigsten Industrietypen und -betriebe in Deutschland zu malen und nennt dieses Vorhaben seinen "Industrieplan". Doch durch die Herrschaft der Nationalsozialisten und den nahenden Krieg verschlechtert sich die Auftragslage Grossbergs drastisch, so dass er über verschiedene Kontakte nach Amerika versucht, seinen Plan dort zu verwirklichen. Eine Reise in die USA wird ihm jedoch 1939 mit der Begründung, er dürfe als Reserveoffizier das Land nicht verlassen, verweigert. Noch im selben Jahr wird Grossberg zum Kriegsdienst eingezogen. In diesen letzten Jahren bleibt Grossberg kaum Zeit zu malen, so bleibt auch sein letztes Aquarell unvollendet. Ein tragischer Autounfall im Wald von Compiègne bei Laon am 19. Oktober 1940 wird Carl Grossberg zum tödlichen Schicksal. [KD].




58
Carl Grossberg
Ortseingang von Sommerhausen (Unterfranken), 1926.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 93.940

(inkl. Käuferaufgeld)