Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 370

 

370
Karl Schmidt-Rottluff
Vase mit Rittersporn, 1967.
Kreide
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 22.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Vase mit Rittersporn. 1967.
Farbige Kreide über Tuschpinsel.
Rechts unten signiert sowie verso handschriftlich mit der Werknummer "67/25" bezeichnet. Auf Bütten (ohne Wasserzeichen). 54 x 40 cm (21,2 x 15,7 in), blattgroß.
Sehr schöne, grafisch aufgefasste Arbeit aus der späten Schaffenszeit des Künstlers.

Die vorliegende Arbeit ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, dokumentiert.

PROVENIENZ: Ehemals Sammlung Elfriede Wirnitzer, Baden-Baden.

Der Maler, Grafiker und Plastiker Karl Schmidt wird 1884 in Rottluff bei Chemnitz als Sohn eines Müllers geboren.1905 beginnt Schmidt-Rottluff ein Architekturstudium an der Technischen Universität in Dresden. Im selben Jahr gründet er mit Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Fritz Bleyl die Künstlergemeinschaft "Brücke". 1906 erscheint die erste gemeinsame Grafikmappe. In seinen expressionistischen Bildern verleiht der Maler der leidenschaftlich aufgetragenen und bildbestimmenden Farbe eine intensive Leuchtkraft und geht in der Verwendung der unvermischten Primärfarben im Vergleich zu seinen Künstlerkollegen am weitesten. Bis 1912 hält sich Schmidt-Rottluff immer wieder für längere Zeit in Dangast und Dangastermoor bei Varel in Oldenburg auf, wo er zahlreiche Motive für seine Landschaftsgemälde findet. Mit seiner Übersiedlung nach Berlin im Jahr 1911 wendet er sich verstärkt formalen Problemen zu und entwickelt eine zunehmend reduzierte, geometrische Formensprache. Der Ausbruch des Krieges 1914 unterbricht diese Entwicklung. 1913 löst sich die Künstlergemeinschaft "Brücke" auf. Während seines Militärdienstes entsteht ein Zyklus von religiösen Holzschnitten, in dem Schmidt-Rottluff die Schrecken des Krieges verarbeitet und der als sein grafisches Hauptwerk gilt. 1918 kehrt er nach Berlin zurück. Seinen Arbeitsrhythmus mit Malreisen im Sommer und der Atelierarbeit im Winter behält er auch in den zwanziger Jahren bei. Aufenthalte in Pommern, am Lebasee, im Tessin und im Taunus, ferner in Rom als Studiengast der deutschen Akademie in der Villa Massimo (1930) inspirieren Schmidt-Rottluff zu seinen reifen Stillleben und Landschaften. 1937 wird seine Kunst auf der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" diffamiert, 1941 folgen das Malverbot und der Ausschluss aus dem Berufsverband. Nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt Schmidt-Rottluff einen Lehrstuhl an der (West-)Berliner Hochschule für bildende Künste an. Sein Spätwerk schließt motivisch an die expressionistische Phase an, ist farblich jedoch differenzierter und weniger intensiv. Der als Erneuerer der Kunst, als Revolutionär Angetretene erhält 1956 den Orden "Pour le Mérite" und sieht sich als Klassiker geehrt.

Mitte der 1960er Jahre muss Schmidt-Rottluff bereits über 80-jährig aus gesundheitlichen Gründen das Malen in Öl aufgeben und konzentriert sich fortan ganz auf kleinformatigere Aquarelle und Tuschzeichnungen, welche gerade in seinem Spätwerk - wie in dem vorliegenden, kraftvoll ornamental aufgefassten Stilleben - immer wieder neue Sichtweisen von Motiv, Form und Farbe zu Tage befördern. Jene reifen Schöpfungen kompensieren das ganze künstlerische Ausdrucksvermögen des bedeutenden Expressionisten, dessen malerisches Werk sich inklusive der Papierarbeiten über fast 70 Jahre erstreckt und für den künstlerischen Aufbruch in die Moderne wegweisend ist.

1967 wird das auf seine Initiative hin gegründete Brücke-Museum in Berlin eröffnet. Zahlreiche Ausstellungen in der Bundesrepublik ehren Karl Schmidt-Rottluff, der von der Kunstgeschichte zu den wichtigsten Vertretern des Deutschen Expressionismus gezählt wird. [JS].




370
Karl Schmidt-Rottluff
Vase mit Rittersporn, 1967.
Kreide
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 22.500

(inkl. Käuferaufgeld)