Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 217

 

217
Pablo Picasso
Portrait of Dora Maar, 1936/37.
Gelatinesilberabzug
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 122.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Portrait of Dora Maar. 1936/37.
Gelatinesilberabzug nach einem original Cliché verre Photogramm.
Gemeinschaftsarbeit von Pablo Picasso und Dora Maar. Verso datiert und mit Anmerkungen des Druckers. Auf Fotopapier. 29,5 x 23 cm (11,6 x 9 in), Blattgröße. [JS].

Diese Losnummer kann entgegen der im Katalog genannten Regelbesteuerung auch differenzbesteuert + Weiterberechnung der verauslagten 7% Einfuhrumsatzsteuer abgerechnet werden (Ersparnis von etwa 5% im Vergleich zur Regelbesteuerung).
Wir danken den Cahiers d´Art, Paris, für die freundliche Beratung.

PROVENIENZ: Cahiers d'Art archives.
Christie´s, New York, 29. April 1999, Los 246.
Privatsammlung (seit 1999).

LITERATUR: Cahiers d'Art, Nr. 6-7, 1937, S. 189.
Für das Cliché verre Photogramm vgl. Anne Baldassari, Picasso und die Photographie. Der schwarze Spiegel, München 1997, S. 206, Abb. 236; Anne Baldassari, Picasso et la photographie. À plus grande vitesse que les images, Paris 1995, S. 56, Abb. 46; Les Picasso de Dora Maar, Piasa Auktionskat. Paris 1998, S. 96, Abb. C.

Die Neigung zur Kunst wird Pablo Picasso schon von seinem Vater, der Kunstprofessor an der Akademie in Barcelona ist, in die Wiege gelegt. Picassos Gemälde aus den frühen Pariser Jahren zeigen Einflüsse von Toulouse-Lautrec, Daumier und Gauguin. Die Auseinandersetzung mit Jugendstil und Symbolismus führen Picasso zum Stil seiner "Blauen Periode", in der der elende, magere, leicht anämische Mensch zum Bildthema wird. Anders zeigt sich die folgende "Rosa Periode", die im Umfeld eines innovativen Künstlerkreises in Paris zu neuen Ausdrucksformen führt. Die "Demoiselles d'Avignon" aus dem Jahr 1907 markieren den Auftakt zu seiner kubistischen Periode, mit der er den klassischen Formenkanon sprengt. Den nächsten Wendepunkt markiert das 1937 entstandene Werk "Guernica". Es entsteht als Auftragswerk für den spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung und kritisiert damit vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Luftangriffe der Franco-freundlichen deutschen Legion Condor während des spanischen Bürgerkriegs auf das baskische Dorf Guernica.

Die von Christian Zervos herausgegebene Kunstzeitschrift "Cahiers d'Art" veröffentlicht 1937 eine Folge von vier Porträtdarstellungen Pablo Picassos, welche in einer komplexen technischen Kombination aus Cliché verre und Photogram entstanden sind; alle zeigen die wohl bekannteste Geliebte des Künstlers, die junge Französin Dora Maar. Picasso lernt die dunkelhaarige Schönheit mit den beeindruckenden grünen Augen 1936 im Café Les Deux Magots in Paris kennen und macht sie bald darauf zu seiner Muse. Maar steht Picasso in der Folgezeit nicht nur immer wieder Modell, sondern dokumentiert Picassos künstlerisches Schaffen auch fotografisch. Die Vorlagen für die in den "Cahiers d'Art" als Reproduktionen veröffentlichten Porträtdarstellungen galten lange als unerschlossenes Terrain im Werk des Jahrhundertkünstlers. Dora Maar verwahrte sie zeitlebens in einem Pariser Banktresor, erst nach ihrem Tod kamen die der berühmten Folge zu Grunde liegenden Werke 1998 ans Licht der Öffentlichkeit. Der Nachlass der Fotografin und Malerin sollte inklusive zweier in Öl auf Glas ausgeführter Cliché-verre-Platten und vier direkt von den Platten erstellten Abzügen für das "Cahiers d'Art"-Projekt in Paris verauktioniert werden. Durch das Eingreifen des französischen Staates jedoch wurden die Arbeiten nicht veräußert, sondern wurden geschlossen dem Musée Picasso übereignet. Neben diesen heute im Museumsbesitz befindlichen Arbeiten aus dem Nachlass Dora Maars haben sich im Archiv der "Cahiers d'Art" die Originalvorlagen für die vier in der Ausgabe von 1937 reproduzierten Porträtdarstellungen erhalten, zu denen auch die in unserer Auktion angebotene Arbeit zählt. Es handelt sich dabei um die von Dora Maar nach den Negativabzügen von den Cliché verres angefertigten Fotografien, welche wohl die einzigen Arbeiten aus dem bekannten "Cahiers d'Art"-Projekt sein werden, die jemals auf dem öffentlichen Markt zur Veräußerung stehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht sich Picasso nach Südfrankreich zurück und beginnt um die Mitte der vierziger Jahre mit der Gestaltung und Bemalung von Keramiken; dazu entsteht ein Großteil seiner grafischen Arbeiten: Zeichnungen, Lithografien, Radierungen und Linolschnitte. Picasso gilt als Inbegriff des modernen Künstlers, der stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen ist. Sein gewaltiges Œuvre ist widerspruchsvoll, sprengt alle akademischen Fesseln und bricht der Freiheit der Kunst in unserem Jahrhundert bahn.




217
Pablo Picasso
Portrait of Dora Maar, 1936/37.
Gelatinesilberabzug
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 122.000

(inkl. Käuferaufgeld)