Raum-Kraft Komposition. Um 1921-22.
Gouache auf Karton.
Verso mit einem Richtungspfeil, wohl von fremder Hand. 39,2 x 29 cm (15,4 x 11,4 in), Blattgröße. [JS].

Eine der ausgesprochen seltenen Arbeiten der russischen Künstlerin auf dem internationalen Auktionsmarkt

Diese Losnummer kann entgegen der im Katalog genannten Regelbesteuerung auch differenzbesteuert + Weiterberechnung der verauslagten 7% Einfuhrumsatzsteuer abgerechnet werden (Ersparnis von etwa 5% im Vergleich zur Regelbesteuerung).
Mit einer Foto-Bestätigung von Herrn Dr. Miroslav Lamac vom 17. Mai 1973 sowie einer Foto-Bestätigung von Dr. Andrei Nakov vom 11. Dezember 1989 und einer Foto-Bestätigung von Prof. Dmitry V. Sarabianov vom 16. Oktober 1991.

PROVENIENZ: Privatsammlung.
Galerie Gmurzynska, Köln (1973).
Galerie Stolz, Köln (1988-89, auf der Rahmenrückwand mit Etikett)
Barry Friedman Ltd., New York.
Privatsammlung (1989 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Progressive russische Kunst. Der Aufbruch bis 1930. Lev Nusberg und die Moskauer Gruppe >Bewegung<, Galerie Gmurzynska, Köln 29. März - Ende Mai 1973, Kat.Nr. 71 (mit ganzseitiger Abb.).
Konstruktivismus - Suprematismus. Dreißig Jahre europäische Avantgarde, Galerie Stolz, Köln, Oktober 1988 - Februar 1989, mit ganzseitiger Abb. S. 123.

Ljubov Popova, bedeutende und früh verstorbene Vertreterin der russischen Avantgarde, kommt im Jahr 1889 in Iwanowskoje in der Nähe von Moskau zur Welt. Die Tochter einer wohlhabenden Familie nimmt nach einer Lehrerausbildung das Kunststudium bei Stanislav Zhukovsky und Konstantin Yuon auf. Auch auf ihren zahlreichen Reisen empfängt Ljubov Popova wichtige Anregungen. An erster Stelle ist der Parisaufenthalt zu nennen: Als Schülerin der Académie de la Palette lernt Ljubov Popova im Winter 1912/13 bei Henri Le Fauconnier und Jean Metzinger. In ihren Werken schlägt sich diese unmittelbare Erfahrung des hochmodernen Kubismus nachhaltig nieder. Zurück in Moskau beeinflusst Vladimir Tatlin die künstlerische Entwicklung der jungen Malerin, die auch in den Kreisen um Kasimir Malewitsch anerkannt ist.

Trotz ihres frühen Todes mit nur 35 Jahren hat Ljubov Popova ein umfangreiches und stilistisch ausgesprochen vielfältiges Œuvre hinterlassen. Popovas außergewöhnlich innovatives Werk, welches von Kubismus und Kubo-Futurismus bis zu unterschiedlichen Ausprägungen des Konstruktivismus reicht, spiegelt den entscheidenden Moment in der russischen Kunst von der Gegenständlichkeit zur Abstraktion wider. Popova gilt nicht nur als eine der Protagonistinnen konstruktivistischen Denkens, sondern "in ihrem Werk tritt uns die konstruktivistische Malerei in ihrer vollendetsten Form entgegen" (Magdalena Dabrowski, Ljubov Popova - Die Künstlerin als Konstrukteurin, in: Ljubov Popova 1889-1924, München 1991, S. 9). Im Katalog zu ihrer im Dezember 1924 in Moskau eröffneten Gedächtnisausstellung wird Popova von ihren Zeitgenossen als "Konstruktionskünstlerin" bezeichnet und somit - entsprechend ihrer heutigen Würdigung - ihre letzte konstruktivistische Schaffensphase der Jahre 1921-1924 zur zentralen Werkphase erklärt. Ab 1921 entsteht auch Popovas Werkkomplex der "Raum-Kraft-Konstruktionen", aus welchem unsere Arbeit stammt. Popovas Kraft-Raum-Konstruktionen stellen erneut innovative Lösungen für die Behandlung von Form, Raum und Materie dar. Formal auf Linien, Flächen- und Kreisfragmente beschränkt, entwickelt Popova jene strengen Kompositionen, in denen sich ein Netz aus kraftvollen Diagonalen unterschiedlicher Stärke über die Malfläche hinaus auszubreiten scheint und die somit die Assoziation eines ausschnitthaft präsentierten Industrieobjektes nahelegen. Durch die Überblendung verschiedener Bildebenen entsteht darüber hinaus der Eindruck einer starken räumlichen Tiefe, was - wie auch in unserer hübschen Gouache - zum zentralen Charakteristikum dieses bedeutenden Werkkomplexes wird.

Werke der Avantgardekünstlerin Ljubov Popova werden heute in renommierten internationalen Museen der Öffentlichkeit präsentiert, beispielsweise im Museum of Modern Art, New York, dem Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid, der National Gallery of Canada in Ottawa, dem Museum Ludwig in Köln, dem Russischen Museum in St. Petersburg oder dem State Museum of Contemporary Art in Thessaloniki. Im Alter von 35 Jahren erliegt Ljubov Popova 1924 in Moskau einer Scharlachinfektion.