Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 376

 

376
Pablo Picasso
Jeunesse, 1950.
Lithografie
Schätzung:
€ 28.000
Ergebnis:
€ 34.160

(inkl. Käuferaufgeld)
Jeunesse. 1950.
Lithografie.
Bloch 675. Mourlot 188 2. Zustand. Signiert und nummeriert. Im Stein bezeichnet: "Vallauris 9 Juin 50 IIme. Etat". Aus einer Auflage von 50 Exemplaren. Auf festem Velin von Arches, mit dem Wasserzeichen. 50 x 64,7 cm (19,6 x 25,4 in). Papier: 56 x 76 cm (22 x 29,9 in).
Entstanden anlässlich eines französisch-italienischen Freundschaftstreffens in Nizza. Das Blatt wurde als Plakat "Relais de la Jeunesse sous le patronage de la revue 'Les Partisans de la Paix'. Rencontre Internationale de Nice, 13-20 août 1950" (vgl. Czwiklitzer 6, Rodrigo 010) gedruckt.

Die Neigung zur Kunst wird Pablo Picasso schon von seinem Vater, der Kunstprofessor an der Akademie in Barcelona ist, in die Wiege gelegt. Picassos Gemälde aus den frühen Pariser Jahren zeigen Einflüsse von Toulouse-Lautrec, Daumier und Gauguin. Die Auseinandersetzung mit Jugendstil und Symbolismus führen Picasso zum Stil seiner "Blauen Periode", in der der elende, magere, leicht anämische Mensch zum Bildthema wird. Es dominiert der Pessimismus der Fin-de-Siècle-Stimmung. Anders zeigt sich die folgende "Rosa Periode", die im Umfeld eines innovativen Künstlerkreises in Paris zu neuen Ausdrucksformen führt. Arbeiten in zarten Pastelltönen entstehen, die oftmals Szenen aus der Zirkuswelt zeigen. Die "Demoiselles d'Avignon" aus dem Jahr 1907 markieren den Auftakt zu seiner kubistischen Periode, mit der er den klassischen Formenkanon sprengt. Die von 1909 bis 1912 entstandenen Werke zählt man zum analytischen Kubismus: die Bildoberfläche wird in rhythmisch geordnete Flächenteile zergliedert. Nach einer realistischen Phase um 1915 und der Beschäftigung mit dem Ballett Diaghilews 1917 gelangt Picasso zu einem neoklassizistischen Stil. Den nächsten Wendepunkt markiert das 1937 entstandene Werk "Guernica". Es entsteht als Auftragswerk für den spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung und kritisiert damit vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Luftangriffe der Franco-freundlichen deutschen Legion Condor während des spanischen Bürgerkriegs auf das baskische Dorf Guernica. Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht sich Picasso nach Südfrankreich zurück und beginnt um die Mitte der vierziger Jahre mit der Gestaltung und Bemalung von Keramiken; dazu entsteht ein Großteil seiner grafischen Arbeiten: Zeichnungen, Lithografien, Radierungen und Linolschnitte. Er erarbeitet zahlreiche Zyklen, in denen er Motive seiner eigenen früheren Bilderwelt mit historischen Vorbildern von Delacroix, Velázques und Manet kombiniert.

Nur wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nimmt Pablo Picasso seine Tätigkeit als Grafiker wieder auf, die während des Krieges fast zum Erliegen gekommen war. Mit einem für ihn typischen Elan werden Lithografien und Radierungen geschaffen, die in ihrer gestalterischen Schönheit und als Ausdruck einer befreiten Moderne ihresgleichen suchen. Dem Schaffensdrang dieser Jahre sind weder in formaler noch in technischer Hinsicht Grenzen gesetzt. Picassos experimentelle Energie ist gerade in diesen Jahren von unerreichter Intensität. Er arbeitet an vergessenen Techniken, wie der des Linolschnittes, und entdeckt neue Themenkreise für sich. Das Motiv der Taube, Symbol des Friedens, wird von ihm immer neu gestaltet und zur weltweit geachteten Friedensmetapher erhoben. Sie ist hier in einer Huldigung an die Jugend eingebracht, mit der berechtigten Hoffnung auf eine gewaltfreiere Zeit als die vergangene. Das große Vertrauen der Zeit lag in der unbelasteten Jugend. Und so stattet Picasso seine Lithografie "Jeunesse" mit all den Symbolen aus, die der Jugend zugeordnet werden: die Taube für den Frieden, das aufstrebende Bäumchen für ein Wachstum in Freiheit sowie die sich berührenden Hände für die Zuneigung.

Picasso gilt als Inbegriff des modernen Künstlers, der stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen ist. Sein gewaltiges Œuvre ist widerspruchsvoll, sprengt alle akademischen Fesseln und wirkt bahnbrechend für die Freiheit der nachfolgenden Kunst.




376
Pablo Picasso
Jeunesse, 1950.
Lithografie
Schätzung:
€ 28.000
Ergebnis:
€ 34.160

(inkl. Käuferaufgeld)