Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 367

 

367
(d.i. Dörte Clara Wolff) Dodo
Straßenszene, Um 1928.
Gouache
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 77.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Straßenszene. Um 1928.
Gouache und Aquarell über Bleistift.
Links unten signiert. Verso mehrfach mit dem Adressstempel der Künstlerin. Auf festem strukturiertem Velin. 59,4 x 40,7 cm (23,3 x 16 in), Blattgröße. [KP].

PROVENIENZ: Privatsammlung Hamburg.

LITERATUR: Renate Krümmer (Hrsg.), Dodo. Leben und Werk. Life and Work. 1907-1998, Ostfildern 2012 (Abb. S. 87).

Dodo, 1907 mit dem Namen Dörte Clara Wolff als zweite Tochter in eine gutbürgerliche jüdische Berliner Familie hineingeboren, entschließt sich, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen. Bestärkt durch die Familie beginnt Dodo im Herbst 1923 eine Ausbildung an der angesehenen privaten Kunst- und Kunstgewerbeschule Reimann in Schöneberg. Hier belegt Dodo Kurse für Naturstudien, Anatomie, Porträtzeichnen, dekorative Malerei sowie für Mode- und Kostümentwurf bei namhaften Lehrern wie Georg Tappert und Erna Schmidt-Caroll. Nach erfolgreichem Abschluss im September 1926 beginnt Dodo ihre berufliche Laufbahn als freie Grafikerin. Sie erhält sofort zahlreiche Aufträge, illustriert unter anderem Schnittmuster der Modezeitschrift "Vogue" und entwirft Kostüme für die Revue "Es liegt in der Luft", die im Mai 1928 mit Margo Lion und Marlene Dietrich in den Hauptrollen uraufgeführt wird. Zu einem Höhepunkt in der künstlerischen Laufbahn Dodos avancieren schließlich ihre Illustrationen für das Satiremagazin "ULK", die, auf Augenhöhe mit den Arbeiten von Jeanne Mammen, häufig die Titel- und Rückseiten zieren oder großformatig im Heft erscheinen.

Ihr eigenes Umfeld, die "Goldenen Zwanziger" in der Metropole Berlin, gibt Dodo den Stoff für ihre Arbeiten. Sie bildet die mondäne Gesellschaft jedoch nicht nur ab, sondern hält ihr gleichermaßen einen Spiegel vor, indem sie einerseits Vergnügen und Luxus, andererseits aber auch Intrigen, Fassaden und innere Leere darstellt. "Unnahbar und blasiert, geschminkt und gepudert erschien die Dame von Welt abends in großer Toilette. Der Mantel mit üppiger Pelzverbrämung an Kragen, Ärmeln und Saum, wie er von einer Vielzahl von Dodos Protagonistinnen getragen und insbesondere in ihrer [hier angebotenen] Straßenszene dominierend zur Schau gestellt wird, dient nicht nur zum Schutz gegen die kalte Witterung, sondern auch der Koketterie. Man trägt ihn ebenso in Innenräumen wie am Strand und verleiht sich damit eine extravagante Note. Und er ist mehr als das: Als drapierende Umrahmung des zarten Kerns der Frauen, wappnet er sie wie ein Schutzpanzer gegen die herrschende soziale Kälte." (zit. nach: Miriam-Esther Owesle, Embleme des Zeitgeists - Dodos Illustrationen für das Unterhaltungsblatt ULK, in: Renate Krümmer (Hrsg.), Dodo. Leben und Werk. Life and Work. 1907-1998, Ostfildern 2012, S. 34).

1929 heiratet Dodo den fünfundzwanzig Jahre älteren Juristen Dr. Hans Bürgner, mit dem sie zwei Kinder bekommt. Die Ehe gerät in die Krise, als Dodo eine Affäre mit dem Psychoanalytiker Gerhard Adler beginnt - die zunächst praktizierte Dreiecksbeziehung scheitert, es folgt die Scheidung von Bürgner und die Hochzeit mit Adler. 1936 emigriert die Jüdin Dodo nach London, wo sie weiterhin als Illustratorin tätig ist. Als auch die Ehe mit Gerhard Adler scheitert, intensiviert sich die Beziehung zu Hans Bürgner wieder - eine erneute Heirat folgt nach Kriegsende 1945. Ab dieser Zeit widmet sich Dodo vor allem der Landschaftsmalerei, Akten und Stillleben, auch Tapisserien gehören zunehmend zu ihrem Œuvre. Über Jahrzehnte hinweg der öffentlichen Wahrnehmung entzogen, wird Dodos faszinierendes Werk und ihre beeindruckende Persönlichkeit erst jüngst durch Ausstellungen in Berlin und London sowie durch Publikationen und umfangreiche Presseresonanz neu entdeckt und gewürdigt.




367
(d.i. Dörte Clara Wolff) Dodo
Straßenszene, Um 1928.
Gouache
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 77.500

(inkl. Käuferaufgeld)