Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 371

 

371
Lotte Laserstein
Der spanische Kellner, 1958.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 12.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Der spanische Kellner. 1958.
Öl auf Leinwand.
Krausse (CD 2006) S. 283. Rechts oben signiert. 73 x 60 cm (28,7 x 23,6 in). [KD].

Eindringliche Bildnisstudie, welche durch den melancholischen Ausdruck des Mannes eine außergewöhnliche und für das Werk Lasersteins charakteristische Präsenz erhält.

PROVENIENZ: Privatsammlung Schweden.

Die junge Lotte Laserstein erhält ihren ersten Kunstunterricht in der privaten Malschule ihrer Tante Elsa Birnbaum in Danzig. Seit 1912 lebt sie mit Mutter und Schwester in Berlin, wo sie 1918 Abitur macht und sich an der Friedrich-Wilhelm-Universität für die Fächer Philosophie und Kunstgeschichte immatrikuliert. Im Anschluss an eine private Kunstausbildung bei Leo von König, einem der bekanntesten Vertreter der Berliner Sezession, studiert Laserstein von 1921 bis 1927 schließlich als eine der ersten Frauen an der Berliner Hochschule für bildende Künste bei Erich Wolfsfeld, dessen Meisterschülerin sie von 1925 bis1927 ist. Zur Finanzierung ihres Studiums nimmt die junge Künstlerin auch Aufträge als Illustratorin und Gebrauchsgrafikerin an. Nach Abschluss ihres Studiums richtet sie sich in Berlin-Wilmersdorf ihr erstes eigenes Atelier ein, in welchem sie auch eine private Malschule betreibt. Lasersteins bevorzugtes Thema ist der Mensch, ihre Werke zeigen häufig die mondäne Großstädterin. 1931 findet die erste Einzelausstellung ihrer Werke in der Galerie Gurlitt, Berlin, statt, bevor Laserstein als Jüdin jedoch ab 1933 keine Ausstellungsmöglichkeiten mehr erhält. Wurde Lasersteins Realismus zwischen Distanz und Nähe, Sensibilität und Sachlichkeit in der Weimarer Republik zunächst noch ein "glanzvoller Aufstieg" prophezeit, sieht sich die jüdische Künstlerin schließlich 1937 gezwungen nach Schweden zu emigrieren. Bereits im Dezember des selben Jahres zeigt die Stockholmer Galerie der Moderne eine erfolgreiche Ausstellung, der zahlreiche Porträtaufträge folgen. Lasersteins Versuche ihre Mutter und Schwester aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Schweden zu retten scheitern. Ihre Mutter stirbt 1943 im Konzentrationslager Ravensbrück, während ihre Schwester die Verfolgung in einem Berliner Versteck überlebt. 1954 siedelt Laserstein von Stockholm in die südschwedische Stadt Kalmar von wo aus sie in den späten 1950er Jahren Reisen nach Frankreich, Italien und Spanien sowie in die Schweiz und in die USA unternimmt.

Die stufenweise Wiederentdeckung der Malerin Lotte Laserstein geht einher mit einem gestiegenen Interesse an dem künstlerischen Wirken zwischen den beiden Weltkriegen. Lotte Lasersteins eindringliche Bildnisse zeugen von einer engagierten Malerin, die sich im Technisch-Malerischen eine Meisterschaft der Erfassung des Gesehenen erarbeitet hat. Von einem etwas unterkühlten Neorealismus kommend, hat Laserstein im Laufe der Jahre ihrer Emigration in Schweden zu einem malerisch-ausgeglichenen Stil gefunden, der, von einem profunden Können begleitet, dem Sujet jene Aura des Unmittelbaren verleiht, die ihre Porträts optisch so präsent werden lassen. Die Dargestellten werden groß ins Bild genommen und es wird ihnen Raum für die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit gegeben. Bei allem Selbstbewusstsein, das der hier dargestellte spanische Kellner zur Schau stellt, lassen sich doch auch Zweifel und eine gewisse Unsicherheit erkennen, die Laserstein hier dezent aber deutlich visualisiert. Das Festhalten am Menschenbild hat das gesamte Werk Lotte Lasersteins geprägt und sie zu einer herausragenden Schärfe und Klarheit ihrer Porträts geführt.

1977 wird Lotte Laserstein mit dem Kulturpreis der Stadt Kalmar ausgezeichnet. Zehn Jahre später leitet die erste Ausstellung ihrer Werke bei Agnew´s und The Belgrave Gallery in London die internationale Wiederentdeckung von Lasersteins Œuvres ein, die bis heute anhält. 1993 stirbt die 94jährige Malerin in Kalmar.




371
Lotte Laserstein
Der spanische Kellner, 1958.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 12.500

(inkl. Käuferaufgeld)