Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 86

 

86
Christian Schad
Am Morgen, 1930.
Tuschfederzeichnung
Schätzung:
€ 10.000
Ergebnis:
€ 27.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Am Morgen. 1930.
Aquarellierte Tuschfederzeichnung.
Rechts oben signiert und datiert. Auf dem Passepartout nochmals signiert, datiert und betitelt. Auf feinem Japan. 34,2 x 22 cm (13,4 x 8,6 in), Sichtmaß. Originalpassepartout: 39 x 27 cm (15,3 x 10,6 in).

Zarte Zeichnung mit lavierender Aquarellierung aus der besten Schaffenszeit des Künstlers.
Die Zeichnung ist in das Register des Christian Schad Archivs, Rottach-Egern, aufgenommen.

PROVENIENZ: Galerie Quatre Mouvements, Marcel Fleiss, Paris.
Timm Rabofsky, Berlin.
Privatsammlung Süddeutschland (seit 1982).

AUSSTELLUNG: Aspekte der Neuen Sachlichkeit. Galleria del Levante, München/Rom, 1968.
Christian Schad, Retrospektive. Staatliche Kunsthalle, Berlin 1981 (mit Abb. S. 197).
Christian Schad 1894 - 1982, Kunsthaus Zürich, 22. August bis 9. November 1997 / Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 26. November 1997 bis 1. Februar 1998 / Kunsthalle Emden, Stiftung Henry und Eske Nannen, 14. Februar bis 18. April 1998, Kat.- Nr. 110 (mit Abb.).

Christian Schad wird am 21. August 1894 in Miesbach, Oberbayern, geboren. Seine Leidenschaft für die Kunst schwankt in seiner Jugend noch zwischen der Musik - er spielt Geige - und der Malerei. 1912 verlässt er das Gymnasium und wählt die Malerei. In der Münchner Akademie ist er zunächst in der Malklasse von Heinrich von Zügel, wechselt dann ein Semester später in Becker-Gundahls Aktklasse. In dieser Zeit lernt er Georg Schrimpf und Ernst Moritz Engert kennen. Dem Kriegsdienst kann er entgehen, indem er einen Herzfehler vortäuscht und mit Hilfe eines Attestes nach Zürich geht. Zuvor stellt er sein erstes Werk in der Ausstellung der Münchner Sezession im Frühjahr 1915 aus. In Zürich macht er bald die Bekanntschaft mit Walter Serner, der sein enger Freund und Weggefährte werden soll. Im Oktober 1915 publizieren die beiden die Zeitschrift "Sirius, eine Monatsschrift für Literatur und Kunst", die nach sieben Heften im kommenden Jahr eingestellt werden muss. Schad fertigt die Werbeplakate an und entwirft für jede Ausgabe des "Sirius" einen ganzseitigen Holzschnitt. 1915 hat er seine erste Ausstellung im Salon Wolfsberg und verlegt über den Sirius-Verlag die Grafik-Mappe "Christian Schad" mit 10 Holzschnitten. Seine Malerei ist geprägt durch die Auseinandersetzung mit dem Futurismus, Kubismus, der monochromen Malerei und später dem Expressionismus. Im November 1916 zieht er nach Genf während Serner in Zürich bleibt und sich der DADA-Bewegung anschließt. Neben der Grafik und der Malerei experimentiert Schad ab 1919 mit den sogenannten Schadografien (Fotografie ohne Kamera und Linse) und kommt über diese zweidimensionalen Arbeiten 1919/20 zu seinen ersten abstrakten dreidimensionalen Holzreliefs. Die endgültige Trennung von den Dadaisten vollzieht sich 1920 und es entstehen die ersten realistischen Bilder. 1923 heiratet Schad die Römerin Marcella Arcangeli, 1924 wird sein Sohn Niklaus geboren. In seinem Atelier in Neapel 1923 entstehen Schads erste Bilder der Neuen Sachlichkeit. Mit dem Umzug nach Wien geht auch die Vergrößerung des Ateliers einher. Nach der Trennung 1927 von seiner Frau hält er sich überwiegend in Berlin auf. Zu Beginn der 1930er Jahre gerät Schad in finanzielle Schwierigkeiten und sieht sich zusehends isoliert.

Die bestechende zeichnerische Qualität der Arbeiten von Christian Schad verführt zu einer Sicht der glatten Oberfläche, unter der sich allerdings Abgründiges verbirgt. Die gespielte Naivität der Dargestellten ist nur scheinbar. Dahinter steckt eine kokette Raffinesse aus Zurückhaltung und sexueller Neugier, die Schad hier geschickt in Szene setzt. Das einladende Naivchen ist zugleich das Nymphchen, das aber alle Register weiblicher Verführungskunst zieht, brav auf dem Bett sitzend in Erwartung der Dinge, die auf sie zukommen. Schads Kunst der heimlichen Bloßstellungen sinnlicher Erwartungen kennzeichnet auch die vorliegende Arbeit, die in ihrer akkuraten Feinlinigkeit den doppelbödigen Charakter der Darstellung noch unterstreicht.

Mit der Machtergreifung 1933 wird ein freies Arbeiten für Schad immer schwieriger; die Vorahnung auf den Krieg wird in seinen Werken der späten 1930er Jahre zunehmend deutlicher. Um seine finanzielle Lage zu sichern, übernimmt er 1935 einen bayerischen Biervertrieb. Ab 1941 bekommt Schad wieder Porträtaufträge. 1942 zieht er nach Aschaffenburg und heiratet Bettina Mittelstädt. Er arbeitet als Kulturkritiker und am Theater. Ab 1954 kehrt er zur expressiven Malerei zurück, bestimmt wird sein Spätwerk jedoch durch die Schadografien. Zu Beginn der 1960er Jahre werden seine Werke der Neuen Sachlichkeit wieder entdeckt und er wendet sich dem Magischen Realismus zu. Christian Schad stirbt am 25. Februar 1982 in Stuttgart.




86
Christian Schad
Am Morgen, 1930.
Tuschfederzeichnung
Schätzung:
€ 10.000
Ergebnis:
€ 27.500

(inkl. Käuferaufgeld)