Auktion: 459 / Klassische Moderne I am 09.12.2017 in München Lot 620

 

620
Emil Nolde
Selbstporträt, 1910/1912.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 100.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Selbstporträt. 1910/1912.
Aquarell und Tuschfederzeichnung.
Unten links signiert. Auf festem braunen Velin. 48,7 x 30 cm (19,1 x 11,8 in) , blattgroß.
Einziges Selbstbildnis aus dem malerischen wie auch zeichnerischen Werk Noldes auf dem internationalen Auktionsmarkt. Von großer Seltenheit.

Mit einer Fotoexpertise in Kopie von Prof. Dr. Martin Urban, Stiftung Ada und Emil Nolde Seebüll, vom 28. Februar 1987, die von Prof. Dr. Martin Reuther, Direktor der Stiftung, am 21. November 2011 bestätigt wurde.

PROVENIENZ: Privatsammlung New York.
Privatsammlung Berlin.
Privatsammlung Süddeutschland.

"Der Fokus ist immer auf die Augen gerichtet, die den Betrachter zielgerichtet anblicken und durchdringen, von der Nolde oft nachgesagten Schüchternheit ist nichts zu spüren."
Caroline Dieterich, Kuratorin Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde



Das ungewöhnlich eindrucksvolle Selbstporträt von Emil Nolde reiht sich in eine Folge von Selbstbildnissen ein, die der Künstler im Laufe eines langen Malerlebens schuf. Die Erforschung des eigenen Ich hat in der abendländischen Malerei eine Tradition, die bis in das sechzehnte Jahrhundert zurückgeht und mit der Emanzipierung des Malers als Künstler und Schöpfer seiner Werke eng zusammenhängt. Von Dürer über Rembrandt bis hin zu den Künstlern der klassischen Moderne lassen sich gerade in den Selbstporträts herausragende Zeugnisse der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich finden. Nolde sieht sich fast frontal und blattfüllend. Jede Zutat ist vermieden, um die Betrachtung ganz auf das Wesentliche zu lenken, denn mehr noch als seine Blumenaquarelle ist Noldes "Selbstporträt" von einer künstlerischen Überzeugung getragen, die ein getreues und genaues Nachbilden der Natur nicht als künstlerisch erfolgversprechend begreift. Gerade in dem vorliegenden Blatt hat der Meister des Aquarells mit schnellen bestimmten Pinselstrichen und dem Verzicht auf alles Überflüssige ein besonders ausdrucksstarkes Charakterbild seiner Selbst geschaffen, das den Fokus ganz auf die forschend blickenden, etwas übergroßen Augen legt, die den Betrachter schnell in ihren Bann ziehen. Gerade für den Maler und Farbmagier Nolde muss das Auge als das zentrale Sinnesorgan gelten, das dem Künstler ein Bild der Wirklichkeit erschließt, das es künstlerisch umzusetzen und nach Noldes Verständnis, unter Hinzufügung des eigenen Seelisch-Geistigen, erst zum Kunstwerk zu transformieren gilt. Gerade das vorliegende Selbstporträt, das als eines der wenigen gilt, die Nolde in seiner Paradedisziplin des Aquarells geschaffen hat, führt uns in überzeugender Klarheit und künstlerischer Schärfe somit nicht nur Noldes Selbst, sondern auch sein Kunstverständnis vor Augen, das seinen künstlerischen Blick auf die Welt zu einem bis heute unverwechselbaren gemacht hat.



620
Emil Nolde
Selbstporträt, 1910/1912.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 100.000

(inkl. Käuferaufgeld)