Auktion: 508 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 12.12.2020 in München Lot 357

 

357
Otto Modersohn
Sommerliche Wümmewiesen, 1911.
Öl auf Malpappe, kaschiert auf Holz
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 15.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Sommerliche Wümmewiesen. 1911.
Öl auf Malpappe, kaschiert auf Holz.
Links unten signiert, rechts unten datiert "V II." (Mai 1911). Verso mit dem Etikett des Otto-Modersohn-Nachlass-Museums, Fischerhude, dort betitelt "Wümmewiesen mit Bach", mit der Bestätigung des Sohnes Christian Modersohn sowie dem Nachlassstempel. 40,4 x 57,3 cm (15,9 x 22,5 in).

• Besonders locker und frei gemalte Landschaft als Ausdruck sommerlicher Frische
• Ungewöhnlich helle und sonnige Farbstimmung
• Entstanden bei Fischerhude, wo Modersohn nach der Heirat mit Louise Breling 1909 neuen Lebensmut fasst
• Das Jahr der Entstehung markiert mit dem Bremer Künstlerstreit 1911 ein wichtiges kunsthistorisches Datum
.

Wir danken Herrn Rainer Noeres, Otto-Modersohn-Museum, Fischerhude, für die wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Privatsammlung Hamburg (bis 1986).
Bolland & Marotz, Bremen, Auktion 46, 1986, Los-Nr. 709.
Privatsammlung Baden-Württemberg (2010 durch Erbschaft aus Familienbesitz erhalten).

Als Mitbegründer der Künstlerkolonie Worpswede wendet sich Otto Modersohn zusammen mit Fritz Mackensen, Heinrich Vogeler und Fritz Overbeck um 1890 einer neuen, stimmungsvollen Auffassung der Landschaft zu, deren malerische Ausdrucksweise vom Naturerlebnis in der Region des Teufelsmoors bedingt ist. Die Befreiung von akademischen Konventionen macht den Weg frei für einen direkteren Zugang zum Motiv, das in Anlehnung an die französischen Vorbilder der Freilichtmalerei wie der Schule von Barbizon und des Impressionismus die vor Ort empfundene Stimmung widerspiegelt. Die Ausstellung im Münchner Glaspalast 1895 verhilft Modersohn mit seiner herbstlichen dramatischen Szenerie „Sturm im Teufelsmoor“ zu erster Anerkennung dieser künstlerischen Position. Daneben entstehen in den Sommermonaten aber auch Ansichten, die die heitere Atmosphäre sommerlicher Unbeschwertheit und des Überflusses einer friedvollen Natur transportieren. Nach dem tragischen Tod seiner Frau Paula Modersohn-Becker im Zuge der Geburt ihrer Tochter zieht Modersohn 1908 in das Nachbardorf Fischerhude, das er bereits 1896 mit Fritz Overbeck besucht hatte. Damals schon scheint ihm der Ort malerisch noch interessanter als Worpswede und er kehrt auf Motivsuche oft dorthin zurück. In sanften lichten Farben zeigt Modersohn die sommerliche Landschaft, in der der Blick bis zum Horizont reicht, wo Himmel und Erde zusammentreffen. Die über das weiche Gras dahinziehenden Wolken, die Modersohn oftmals in solch einer für ihn typischen kompakten Form darstellt, verleihen dem Bild eine räumliche Tiefe, die zugleich durch die deutlichen breiten Pinselstriche gebrochen wird. Sowohl in den Wolken als auch in der Wiesenlandschaft, in der einzelne Blumen nur durch pastose Farbtupfer angedeutet werden, geben die Pinselstriche eine bewegte Richtung der Handschrift des Künstlers wieder. Modersohn begreift diese bereits früher schon als wesentlichen Teil des malerischen Ausdrucks: „Wie ich malen muss? Mit zagender Hand, frei, leicht, lose, webend, zitternd.“ (Tagebuch, Worpswede, 28. Februar 1895, zit. nach Otto Modersohn, Ausst.-Kat. Kunstverein Hannover, Hamburg 1987, S. 139). Besonders im Jahr der Entstehung unseres Werkes sind solche Reflexionen bedeutsam, entzündete sich doch am Ankauf des „Mohnfeldes“ (1889) von Vincent van Gogh durch die Bremer Kunsthalle eine Debatte innerhalb der Künstlerschaft, inwieweit eine Beeinflussung durch den französischen Impressionismus zu akzeptieren sei. [KT]



357
Otto Modersohn
Sommerliche Wümmewiesen, 1911.
Öl auf Malpappe, kaschiert auf Holz
Schätzung:
€ 12.000
Ergebnis:
€ 15.000

(inkl. Käuferaufgeld)