Auktion: 522 / Klassische Moderne Teil II am 11.12.2021 in München Lot 438

 

438
Hermann Scherer
Paar in der Landschaft (recto), Porträt eines Mannes mit einer Pfeife (verso), 1924.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 206.250

(inklusive Aufgeld)
Paar in der Landschaft (recto), Porträt eines Mannes mit einer Pfeife (verso). 1924.
Öl auf Leinwand.
Rechts oben signiert und datiert. Sichtmaß: 117,5 x 88,5 cm (46,2 x 34,8 in).
[AM].
• Künstlerisches Zeugnis der kurzen aber intensiven und inspirierenden Freundschaft mit Ernst Ludwig Kirchner.
• Beeindruckend expressiv-dynamische Formensprache in kräftigen Primärfarben.
• Zentrales Werk in Scherers expressivem Œuvr.
• Außergewöhnliche Verschmelzung von Natur und Mensch durch den sujetübergreifenden Einsatz von Farbe
.

Diese Arbeit wird in den in Vorbereitung befindlichen Catalogue Raisonné von Martin Schwander aufgenommen. Wir danken Herrn Martin Schwander, Hermann Scherer Archiv, Basel, für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (verso mit dem Nachlassstempel).
Galerie Iris Wazzau, Davos.
Privatsammlung Schweiz.
Galerie Fischer Auktionen, Luzern.
Privatsammlung Europa (2009 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: Hermann Scherer - Mensch, Galerie Iris Wazzau, Davos, 2004-2005 (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).

Dieses doppelseitig bemalte Gemälde zeigt auf der signierten und datierten Vorderseite im Bildzentrum den Künstler Albert Müller und, in kurzer Distanz zu ihm, seine Frau Anna. Das Ehepaar steht in mitten einer expressiven Landschaft, die in kräftigen Grün-, Orange- und Violetttönen gehalten ist. Das Grün findet sich auffällig auch in den Gesichtern der beiden Figuren eingesetzt, so dass diese zwar mit der Landschaft verwoben wirken, aber dennoch als eigene Entitäten sichtbar bleiben. Verso ist ein Pfeife rauchender Mann vor einer typischen Schweizer Berglandschaft dargestellt. Noch mehr als bei dem Paar auf der Vorderseite trägt hier die gleichermaßen für die Landschaft und den Mann verwendete Farbpalette – das Grün, Blau und Violett – zu einer symbolischen Verschmelzung von Natur und Mensch bei.

Die hier angebotenen Ölgemälde entstehen 1924 in Basel oder wahrscheinlicher in Davos, wo sich Hermann Scherer regelmäßig bei E. L. Kirchner aufhält. Laut Kirchner ist Scherer „kein Besuch, er schafft neben mir“ (Beat Stulzer. Albert Müller und die Basler Künstlergruppe Rot-Blau, Basel/München 1981, S. 65). Die Künstlerfreundschaft zwischen Kirchner und dem 13 Jahre jüngeren Scherer ist kurz, jedoch sehr intensiv und beidseitig inspirierend. Die beiden lernen sich 1923 bei den Vorbereitungen zu einer Einzelausstellung Kirchners in der Kunsthalle Basel kennen. Bereits 1925 kommt es zu dem Zerwürfnis zwischen dem großen Expressionisten Kirchner und dem als Bildhauer ausgebildeten, zuvor eher klassisch arbeitenden Scherer – Kirchner wirft ihm, sicher nicht ohne Eifersucht, das bloße Kopieren seiner Kunst vor.

Ende 1924 gründet Scherer mit seinem Freund Albert Müller und Paul Camenisch in Mendrisiotto die Künstlergruppe "Rot-Blau", die dem Vorbild der „Brücke“ folgt. Unterstützt durch Kirchner, mit dem Müller ebenfalls und länger als Scherer gut befreundet ist, tritt Müller bald wieder aus der Künstlergruppe "Rot-Blau" aus.
Noch bevor sich das Trio voneinander distanziert, fertigt Kirchner 1924 eine fast lebensgroße Skulptur von Scherer und Müller mit dem sinnfälligen Titel „Die Freunde“ an.

Heute zählt Scherer zu den wichtigsten schweizerischen Expressionisten. Das hier angebotene, so ausdrucksstarke Werk mit seinen dynamischen Formen und Pinselstrichen gehört zu den zentralen großformatigen Arbeiten in Hermann Scherers expressivem Schaffen. [IC]



438
Hermann Scherer
Paar in der Landschaft (recto), Porträt eines Mannes mit einer Pfeife (verso), 1924.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 206.250

(inklusive Aufgeld)