Auktion: 525 / Evening Sale am 10.12.2021 in München Lot 214

 

214
Karl Hartung
Großer Liegender, Um 1950.
Bronze mit grünlich-grauer, zum Teil bräunliche...
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 52.500

(inklusive Aufgeld)
Großer Liegender. Um 1950.
Bronze mit grünlich-grauer, zum Teil bräunlicher Patina.
Krause 450. Auf der Standfläche mit dem eingeschlagenen Namenszug des Künstlers sowie dem Sonderzeichen und dem Nachlassstempel. Eines von 6 + 1 Exemplaren. Autorisierter, posthumer Guss aus dem Nachlass des Künstlers. Ca. 35 x 90 x 40 cm (13,7 x 35,4 x 15,7 in).
Diese Plastik wird im kommenden Jahr in der Ausstellung "50 Jahre gesammelt für Schloss Gottorf 1970-2020" auf der Museumsinsel Schloss Gottorf, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, zu sehen sein.

• Ein Exemplar dieser Bronze wird erstmals auf dem Auktionsmarkt angeboten.
• Gehört zu den größeren Arbeiten dieser Schaffensjahre.
• Außergewöhnlich raue, haptisch reizvolle Oberflächenstruktur.
• Innerhalb der Werkgruppe der "Liegenden" nimmt dieser liegende männliche Akt mit deutlich höherem Grad der Abstrahierung und besonders ausdrucksstarker, sinnender Stimmung eine besondere Stellung ein.
• Ein weiteres Exemplar dieser Bronze befindet sich in der Sammlung der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen Schloss Gottorf.
• Vergleichbare Arbeiten des Künstlers aus der Zeit um 1950 befinden sich u. a. in den Sammlungen der Hamburger Kunsthalle und des Folkwang Museums, Essen
.

Wir danken dem Nachlass Karl Hartung für die wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Nachlass Karl Hartung.
Privatsammlung Norddeutschland (2003 vom Vorgenannten erworben).

AUSSTELLUNG: (wohl jeweils ein anderes Exemplar)
Karl Hartung (1908-1967). Eine Werkübersicht zum 80. Geburtstag, Galerie Pels-Leusden, Berlin, 3.9.-29.10.1988, Kat.-Nr. 49 (mit Farb.-Abb., S. 47 u. s/w-Abb., S. 14).
Abstraktion Figuration. Kunst in Deutschland (1945-1955), Galerie Pels-Leusden, Berlin, 9.9.-15.11.1989.
Karl Hartung. Skulpturen und Zeichnungen, Richard-Haizmann-Museum, Niebüll 1989.

LITERATUR: Erwin Heizmann, Träumen die schlummernden Musen Karl Hartungs vom Gesang der Vokale?, in: Ausst.-Kat. Karl Hartung 1908-1967. Eine Werkübersicht zum 80. Geburtstag, Galerie Pels-Leusden, Berlin, 3.9.-29.10.1988, S. 14-17 (mit Abb., S. 14).
Kulturring in der Studien- und Fördergesellschaft der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft und der Stiftung Schleswig-Holsteinsche Landesmuseen Schloss Gottorf (Hrsg.), 50 Jahre gesammelt für Schloss Gottorf 197-2020, Kiel 2020, S. 154 (mit doppelseitiger Abb.).

Zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn setzt sich Karl Hartung zunächst intensiv mit den Werken der Antike, insbesondere mit der archaischen griechischen Bildhauerei auseinander. Ab 1936 nach seinem Umzug nach Berlin und während seiner Reisen nach Paris Ende der 1930er sowie zu Beginn der 1940er Jahre beschäftigt sich Hartung dann auch mit dem Schaffen seiner europäischen Künstlerkollegen, darunter Aristide Maillol, Henry Moore, Jean Arp, Constantin Brancusi und Henri Laurens. Seine Kunst durchläuft in diesen Jahren einen Wandel, der parallel zu der Entwicklung der europäischen Bildhauer-Avantgarde zu setzen ist. Hartung schafft zu dieser Zeit einige gänzlich abstrakte Arbeiten und unterzieht auch seine figürlichen Werke einer stärkeren Abstrahierung. Die menschliche Figur, ihre Formen und ihre Physiognomie bleiben das große, allumfassende Thema seines Œuvres, die Symbiose von Gegenständlichkeit und Abstraktion wird dessen künstlerischer Kern, der jeder seiner Arbeiten von nun an innewohnt.

Die Entstehungszeit der hier angebotenen Arbeit ist eine künstlerisch besonders ereignisreiche und erfolgreiche Schaffensphase im Leben Karl Hartungs. In der Nachkriegszeit arbeitet der Künstler mit großer Energie und kreativem Tatendrang an Skulpturen und Plastiken aus den unterschiedlichsten Materialien und in Berlin finden erste Einzelausstellungen seiner Arbeiten statt. Hartung nimmt an der ersten großen Ausstellung der 1948 gegründeten internationalen Künstlervereinigung "CoBrA" im Stedelijk Museum in Amsterdam teil. 1953 ehrt ihn die Kestner-Gesellschaft in Hannover mit einer ersten großen, musealen Retrospektive. In ebendiesen Jahren schafft Hartung u. a. die Werkgruppe der "Liegenden", meist weibliche Akte oder Figurenpaare, in denen der Künstler verschiedene Körperformen, -haltungen und -positionen zeigt. Während die weiblichen Liegenden mit voluminösen Formen, geschwungenen Linien und erotisch-sinnlicher Präsenz überzeugen, ist es bei dem hier angebotenen männlichen Akt die elegante Schlichtheit und der erhöhte Grad der raffinierten Abstrahierung. In seiner Abfolge von Höhen und Tiefen erstreckt sich der fein modellierte Akt in einer fließenden Bewegung. Man könnte in ihm das Zitat einer hügeligen Landschaft lesen, denn mit dem spitz angewinkelten Bein und der in ähnlichem Winkel emporragenden Schulter verbindet Hartung hier eine rhythmische Abfolge von Höhen und Tiefen miteinander. Der Körper setzt sich aus mehreren starken Winkeln und Dreiecksformen zusammen, die sich u. a. in den angewinkelten Gliedmaßen, der spitz zulaufenden Schulter, der Durchbrechung zwischen den Beinen und auch der Leerform am aufgestützten Ellenbogen wiederfinden.
Mit dieser so ausgeklügelten Raffinesse der Form und der gedankenversunkenen Haltung des liegenden männliches Aktes schafft Hartung hier eine besonders ansprechende, fein temperierte harmonische Arbeit mit einnehmender Stimmungshaltung und großer Sensibilität, die unter den Liegenden aus diesen Schaffensjahren ihresgleichen sucht. [CH]



214
Karl Hartung
Großer Liegender, Um 1950.
Bronze mit grünlich-grauer, zum Teil bräunliche...
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 52.500

(inklusive Aufgeld)