Auktion: 539 / Modern Art Day Sale am 10.06.2023 in München Lot 364

 

364
Erich Heckel
Würzburg. Landschaft mit drei Brücken, 1927.
Tempera auf Leinwand
Schätzung:
€ 150.000
Ergebnis:
€ 190.500

(inklusive Aufgeld)
Würzburg. Landschaft mit drei Brücken. 1927.
Tempera auf Leinwand.
Hüneke 1927-7. Vogt 1927-14. Rechts unten monogrammiert und datiert. Verso signiert und datiert. Auf dem Keilrahmen signiert, datiert und betitelt. 97 x 120 cm (38,1 x 47,2 in).

• Auf Einladung der Malerin Gertraud Rostosky verbringen die Heckels längere Zeit in der Künstlerkolonie "Neue Welt" in Würzburg.
• Nur ein weiteres Gemälde mit Würzburg-Motivik ist erhalten und befindet sich im Museum.
• Namhafte Provenienz neben Hermann Gerlinger: Pelikan-Sammlung, Hannover.
• Herausragende Ausstellungshistorie – u.a. gezeigt bei der Wanderaustellung. "Neuere deutsche Kunst", dem wohl wichtigsten Ausstellungsprojekt für die Moderne am Ende der Weimarer Republik
.

PROVENIENZ: Fritz Beindorff, Hannover.
Pelikan-Sammlung, Hannover.
Galerie Bläser, Düsseldorf.
Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1985 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel, Lugt 6032).

AUSSTELLUNG: Erich Heckel, Bilder aus den Jahren 1906-1930, Städtisches Museum, Chemnitz, 18.3-30.4.1931, Nr. 78.
Wanderausstellung „Neuere Deutsche Kunst“, Januar 1932-Juli 1932 (Oslo, Kunstnernes Hus: Nyere Tysk Kunst, Januar 1932, Nr. 57; Bergen, Bergens Kunstforening, Kunstnernes Hus: Nyere Tysk Kunst, Februar 1932, Nr. 57; Stavanger, Stavanger Kunstforening, Nyere Tysk Kunst, März-April 1932, Nr. 57; Köln, Großer Kongress-Saal der Kölner Messe, Juni-Juli 1932, Nr. 57).
Erich Heckel, Kestner Gesellschaft, Hannover, 3.10.-3.11.1935, Nr. 16 (auf dem Keilrahmen mit Etikett).
Zeitgenössische Kunst aus hannoverischem Privatbesitz, Kestner Gesellschaft, Hannover, 9.5.-13.6.1954, Nr. 57.
Deutsche Malerei. Ausgewählte Werke seit Caspar David Friedrich, Volkswagenwerk Wolfsburg, 15.4.-23.5.1956, Nr. 64 (auf dem Keilrahmen mit Etikett).
Tradition und Aufbruch, Museum im Kulturspeicher, Würzburg, 15.11.2003-11.1.2004, Nr. 37.
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).
Brückenschlag: Gerlinger – Buchheim!, Buchheim Museum, Bernried, 28.10.2017-25.2.2018, S. 348.

LITERATUR: Markus Lörz, Neuere Deutsche Kunst: Oslo, Kopenhagen, Köln 1932. Rekonstruktion und Dokumentation, Stuttgart 2008, S. 131, Anhang S. 6.
Hauswedell&Nolte, Hamburg, Auktion Juni 1985, Los 563.
Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 325, SHG-Nr. 504 (m. Abb.).
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 235, SHG-Nr. 528 (m. Abb.).

Erich Heckel unternimmt gegen Ende der 1920er Jahre bis Anfang der 1930er Jahre zahlreiche Reisen, die ihn in verschiedenste Gegenden Deutschlands und ins benachbarte Ausland führen und sein malerisches Œuvre hin zur reinen Landschaftsschilderung erweitern. Das Figürliche, das früher eine so große Rolle spielte, wird nun zur Nebensache. Das vorliegende Gemälde reiht sich ein in den Kontext dieser Landschaftsbilder, die sich von seinem expressionistischen Werk unterscheiden. Heckel widmet sich nun einer gemäßigt realen Vorstellungswelt, die ab jetzt seine Werke bestimmt. Es entstehen Landschaften, in denen Erich Heckel das landschaftlich Bestimmbare zum Bildthema macht. "Verfolgen wir den Weg Heckels in den Landschaftsschilderungen und Stadtansichten zwischen 1926 und 1932, so fällt auf, wie sehr das zitierte Empfinden für einen neuen Bildraum, für eine stärkere Wertigkeit der Einzelform künftig eine zunehmende Kompliziertheit des Bildaufbaus bedingt. Die Hervorhebung und Betonung bildwichtiger Details, unerläßlich für jede Stadtansicht, wie Heckel sie wünscht, entspricht aber keinesfalls, und das sei hier noch einmal deutlich betont, einem Übergewicht der einzelnen Form über den Bildorganismus. Im Gegenteil." (Paul Vogt, Jahre der Reisen, in: Paul Vogt, Erich Heckel, Recklinghausen 1965, S. 80) Nach Würzburg verschlägt es das Ehepaar Heckel auf Einladung der Malerin Gertraud Rostosky. Hier verbleiben sie länger auf dem Gutshof "Neue Welt" am Rande der Stadt. Dieser ist in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Treffpunkt, Durchreisestation und Sommersitz von Künstlern, Literaten und Intellektuellen und erlangt als solches überregionale Bekanntheit. Die Sommermonate der Jahre 1922 bis 1927 bildeten die Blütezeit der "Neuen Welt" mit zahlreichen Aufenthalten, gemeinsamem Arbeiten und gegenseitigem Austausch der verschiedensten Künstler. Rostosky hatte während ihrer Ausbildung in Paris den deutschen Künstlerkreis des "Café du Dôme" kennengelernt, woraus zahlreiche Besuche in Würzburg erfolgen. Das gastfreundliche Haus entwickelt sich zunehmend zum "Hort der Künste", beherbergt neben Erich Heckel Künstler wie Otto Modersohn und Alfred Kubin sowie den Verleger und Simplicissimus-Schriftleiter Korfiz Holm und Ernst Rowohlt. Die Zusammenkünfte auf der "Neuen Welt" werden ergänzt von Ausstellungen und Vorträgen sowie von Gertraud Rostosky gehaltenen Malkursen. Aber auch ein geselliges Miteinander wird gepflegt, so feiert Otto Modersohn seinen 60. Geburtstag mit vielen Gästen auf der weitläufigen Terrasse. Während Heckels Aufenthalt auf der "Neuen Welt" entstehen sieben Würzburg-Ansichten. Davon werden fünf im Zweiten Weltkrieg zerstört oder gelten als verschollen. Neben der hier angebotenen "Landschaft mit drei Brücken" bleibt auch die "Marienveste bei Würzburg" erhalten, diese hängt von 1977 bis 2000 im Bundeskanzleramt in Bonn und ist heute im Museum im Kulturspeicher in Würzburg zu sehen. [SM]



364
Erich Heckel
Würzburg. Landschaft mit drei Brücken, 1927.
Tempera auf Leinwand
Schätzung:
€ 150.000
Ergebnis:
€ 190.500

(inklusive Aufgeld)