Auktion: 528 / Klassische Moderne am 11.06.2022 in München Lot 426

 

426
Ernst Ludwig Kirchner
Kühe im Frühling, 1933/34.
Farbholzschnitt
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 62.500

(inklusive Aufgeld)
Kühe im Frühling. 1933/34.
Farbholzschnitt.
Gercken 1730 a (von c). Dube H. 643 1 (von 4). Signiert und bezeichnet "Eigendruck". Eines von bislang 8 bekannten Exemplaren. Auf dünnem Japanbütten. 34,9 x 50,1 cm (13,7 x 19,7 in). Papier: 40 x 56,8 cm (15,7 x 22,3 in).

• Sehr selten, bislang sind nur acht Exemplare bekannt
• Drei Exemplare befinden sich in öffentlichen Sammlungen: im Sprengel Museum in Hannover, im Detroit Institute of Arts sowie im Kunstmuseum Basel
• Im Winter 1933/34 entstehen einige seiner herausragendsten Farbholzschnitte
• Kaum eine andere grafische Arbeit Kirchners zeigt eine solche Vielfalt der Farbpalette
.

Wir danken Herrn Prof. Dr. Günther Gercken für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Sammlung Ernesto Blohm, Caracas.
Seitdem in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: Ernst Ludwig Kirchner aus Privatbesitz. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphik, Kunsthalle Bielefeld, Richard-Kaselowsky-Haus, 14.9.-26.10.1969, Kat.-Nr. 166 a, b (hier als Probedruck bezeichnet).
Ernst Ludwig Kirchner. Privatsammlung, Galerie Günther Franke, München, 5.5. bis Anfang Juni 1970, Kat.-Nr. 67 a, b (m. Abb., wohl dieses Exemplar).

Im Winter 1933/34 entsteht eine kleine Serie von mehrfarbigen Holzschnitten, die einen Höhepunkt im späten druckgrafischen Schaffen Ernst Ludwig Kirchners darstellen. Auch das hier vorliegende Exemplar von „Kühe im Frühling“ lässt sich dieser Gruppe zuordnen. In einem Brief an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann berichtet der Künstler im Mai 1934 von den Arbeiten und schreibt: „Hier ist es sehr still und einsam. Ich bearbeite den Garten und koche mein Essen etc. Eine Reihe farbiger Holzschnitte sind diesen Winter entstanden und Bilder sollen nun folgen.“ In einem zweiten Brief einige Tage später greift er das Thema erneut auf: „Ich habe in den letzten Monaten fast nur Farbholzschnitte gemacht. Ich arbeite gern in dieser Technik.“ (Ernst Ludwig Kirchner, 16.5.1934, 21.5.1934, zit. nach: H. Delfs, M.-A. von Lüttichau, R. Scotti, Kirchner, Schmidt-Rottluff, Nodle, Nay .. Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann, Ostfildern-Ruit 2004, S. 431). Obwohl der Künstler seinem Freund nur sehr nüchtern und fast wie nebenbei von den Farbholzschnitten berichtet, lässt sich an den Arbeiten dennoch ablesen, wie sehr er sich für die Drucktechnik begeistert haben muss. Eine Reihe unterschiedlicher Motive entsteht, darunter ein Porträt, eine Tanzszene, zwei Akte, eine Landschaftsdarstellung und unsere Tierdarstellung. Dabei fertigt Kirchner die Darstellungen immer wieder in unterschiedlichen Farbvariationen an, testet das Zusammenspiel von Farbtönen und Kontrasten. Bei „Kühe im Frühling“ erreicht er schließlich die wohl größte Vielfalt an Farben. Neben Schwarz, Grün, Braun und Blau kommen in unserem Exemplar auch Hellviolett, Violett, Sepia und Rosa zum Einsatz. Zu sehen ist eine alltägliche Szenerie des bäuerlichen Lebens, wie sie Kirchner in zahlreichen Arbeiten während seiner Zeit in der Schweiz dargestellt hat. In den darauffolgenden Jahren entstehen kaum noch farbige Druckgrafiken. Fast scheint es, als ob sich Kirchners geballte Farbkraft in den Holzschnitten aus dem Winter 1933/34 restlos erschöpft hat. In seinem letzten Brief an Carl Hagemann berichtet der Künstler wenige Monate vor seinem Freitod noch einmal von seinen Arbeiten: „Ich habe wohl einiges neue angefangen kleine Bilder, ein paar Holzschnitte.“ (Ernst Ludwig Kirchner, 30.4.1938, zit. nach: ebd., S. 741). Diese sollten nicht mehr zur Vollendung kommen und so bleibt die kleine Gruppe an Farbholzschnitten mit den lila Kühen eine der letzten und herausragendsten Druckgrafiken des Spätwerks. [AR]



426
Ernst Ludwig Kirchner
Kühe im Frühling, 1933/34.
Farbholzschnitt
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 62.500

(inklusive Aufgeld)