Auktion: 528 / Klassische Moderne am 11.06.2022 in München Lot 439

 

439
Emil Nolde
Marschlandschaft mit Regenbogen, Um 1920/1925.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 137.500

(inklusive Aufgeld)
Marschlandschaft mit Regenbogen. Um 1920/1925.
Aquarell.
Links oben signiert. Auf Japan-Bütten. 34,7 x 48 cm (13,6 x 18,8 in), blattgroß.

• Seit über 80 Jahren in Familienbesitz
• Besonders stimmungsvolles Wetterszenario in typischer Nolde-Manier
• Im Aquarell findet Nolde eine Technik, die seiner Auffassung vom Wesen der Malerei entspricht und das Erlebnis der Natur unmittelbar in Form und Farbe umsetzt
.

Mit einer Fotoexpertise von Prof. Dr. Manfred Reuther vom 12. April 2022. Das Aquarell ist unter der Nummer "Nolde A - 243/2022" im Archiv Reuther registriert.

PROVENIENZ: Graphisches Kabinett, München (Günther Franke).
Privatsammlung Süddeutschland (1935 beim Vorgenannten erworben).
Seither in Familienbesitz.

AUSSTELLUNG: Emil Nolde - Aquarelle und figürliche Radierungen, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster, 27.10.1991-5.1.1992, Kat.-Nr. 22 (m. Abb. S. 80).

Im Sinne der Romantik fühlt Nolde die Natur. Er bildet also nicht nur die äußere Gestalt von Landschaft, Blumen und Himmel ab, sondern er findet den Empfindungen entsprechende Farbtöne, die diese Empfindungen beim Betrachten wieder auslösen. "Das Empfinden bei Tönen, sei es Freude, Jubel, Trauer, Tragik, Traum oder andere seelische Regungen , läßt sich in Farben geben; ja jedes Bild durch den Wert und Klang seiner Farben kann eine seelische Erregung entfachen bei jedem Menschen, der farbempfänglich ist." (Emil Nolde, Reisen, Ächtung, Befreiung, 1978, S. 25). Die Stimme seiner Frau empfand er zum Beispiel als "zwischen rostrot und liladunkel liegend". So wie die Musik spricht die Farbe unmittelbar zum Gemüt. Auf diese Kraft und Fähigkeit der Farben verlässt er sich immer stärker im Laufe seines künstlerischen Schaffens, sie werden zum eigentlichen Medium seiner künstlerischen Identität. Noldes schöpferische Kraft wurzelt in der Landschaft seiner Heimat, dem Land zwischen den Meeren an der Grenze zum späteren Dänemark. Dieser Landschaft, seiner Heimat bleibt er ein Malerleben lang treu. Hier erfährt er seine meisten Anregungen, durch ihn wird eine eher unspektakulär flache Landschaft zum Ereignis. Nolde, der in seinen Aquarellen dem Himmel über dem flachen Land eine dominierende Rolle zuweist, erkennt, dass die Landschaft allein in ihrer abbildhaften Gestaltung kaum eine besondere künstlerische Wertung für sich beanspruchen kann. Ausgehend von den Naturbeobachtungen des 19. Jahrhunderts, die sich mit Vorliebe den Zwischenbereichen der Tageshelligkeiten widmeten, kommt Nolde zu seinen kühnen und nur teilweise von der Natur vorgegebenen Lösungen. In der Übersteigerung des verinnerlicht Gesehenen findet er zu einem pathetischen Farbrealismus, der seine Landschaftsaquarelle auszeichnet. So ist die weite Landschaft in ein geheimnisvolles, dunkles Blau getaucht und überspannt von einem strahlenden Regenbogen. Ein Naturschauspiel, das eher selten von Nolde eingefangen wird. Dem dramatisch inszenierten Himmel gesteht Nolde die größte Bühne in seiner Komposition zu. Er gibt der herben friesischen Landschaft ein neues Gesicht und erweitert die Sehweise auf seine höchst ungewöhnliche Art. Das verschafft seinen farbintensiven Aquarellen einen großen Kreis von Bewunderern. Sie wirken in ihrer Singularität bis in die Kunst der Gegenwartsmoderne. [SM]



439
Emil Nolde
Marschlandschaft mit Regenbogen, Um 1920/1925.
Aquarell
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 137.500

(inklusive Aufgeld)