Auktion: 530 / Evening Sale / Sammlung Hermann Gerlinger am 10.06.2022 in München Lot 58

 

58
Bernar Venet
Indeterminate Line, 1994.
Metall. Gewalzter Stahl
Schätzung:
€ 150.000
Ergebnis:
€ 375.000

(inklusive Aufgeld)
Indeterminate Line. 1994.
Metall. Gewalzter Stahl.
Unikat. 178 x 200 x 185 cm (70 x 78,7 x 72,8 in). [CH].

• Unikat.
• Erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten.
• Bernar Venet gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauer und ist der international meistausgestellte französische Künstler.
• Mit seinen geschwungenen Stahl-Skulpturen der "Indeterminate Lines" überführt er die gezeichnete Linie in eine dreidimensionale Form.
• Im Entstehungsjahr werden zwölf Arbeiten aus dieser Werkserie auf dem Champ de
Mars unterhalb des Eiffelturms in Paris ausgestellt.
• Weitere "Indeterminate Lines" befinden sich u. a. vor dem Eingang von La Defénse in Paris, im Detroit Institute of Arts und auf dem Gelände des MIT, Cambridge (MA).
• 1977 ist Venet auf der documenta 6 in Kassel vertreten sowie 1978 und 2009 auf der Biennale von Venedig
.

Mit einer vom Künstler signierten Fotoexpertise von den Bernar Venet Studio Archives, New York, vom 15. Oktober 2007.

PROVENIENZ:
Privatsammlung Rheinland (direkt vom Künstler erworben).

"Each sculpture is the result of improvised, intuitive, empirical work. I am uncertain of the result during the entire process. Steel emposes its limits. I must yield to this and accept its nature."
Bernar Venet, zit. nach: Frederik Meijer Gardens & Sculpture Park, www.meijergardens.org/explore/two-indeterminate-lines/.

Schon seit über vierzig Jahren ist das Schaffen Bernar Venets von der Beschäftigung mit der Linie geprägt. In den 1960er Jahren arbeitet der Künstler zunächst höchst konzeptuell und verwandelt wissenschaftliche Theorien, mathematische Gleichungen und Funktionen in grafische Darstellungen, die damals u. a. im Museum Haus Lange in Krefeld, in der Kunsthalle Düsseldorf, im New York Cultural Center und auf der documenta 6 in Kassel gezeigt werden. In den späten 1970er Jahren widmet sich Venet schließlich intensiv der Bildhauerei, insbesondere der Arbeit mit Metall. Neben seinen ersten "Arcs", monumentalen Stahlbögen mit einer von Venet genau festgelegten Krümmung, entstehen angeschnittene Kreissegmente, Diagonalen, Geraden und schließlich die unbestimmten, in schwungevolle Kreise gewundenen Linien, die "Indeterminate Lines", zu denen auch die hier angebotene Arbeit gehört. Ohne Entwurf oder Vorzeichnung, aber mit schwerem Metallwerkzeug und großem körperlichen Einsatz werden die riesigen Stahlträger in Form gebogen. Der Künstler selbst betont jedoch: "Mit physischer Anstrengung hat das nichts zu tun. Ich habe das Gefühl, Dinge mental bewegen zu müssen." (zit. nach: Camilla Péus, Mann der großen Geste, Welt online, 27.7.2014) Die Arbeiten sind vielmehr das Resultat eines gewissen Zusammenspiels aus Erfahrungswerten, konzeptuellen Überlegungen, Intuition und Zufall. Dem Titel "Indeterminate Lines" entsprechend kann und will der Künstler die endgültige Form der jeweiligen Skulptur während des Schaffensprozesses noch nicht vorhersehen: "I wish to introduce an art form of the unproportional, of the unconstructed, of the indeterminate. A discipline, in which the unpredictable, the unexpected is generated under different parameters." (Bernar Venet, zit. nach: www.galerie-boisseree.com/en/artists/bernar-venet.html). Den Eigenschaften des oftmals industriell genutzten Materials muss sich Venet beugen, seine Arbeitsweise an das Metall anpassen und dessen Beschaffenheit zu seinem Vorteil nutzen. Dabei entwirft er eine eigentlich widersprüchliche Gleichzeitigkeit von wuchtig-massiven Materialien und lockerer Verspieltheit der Form. Venet gelingt es, die Form und Idee einer zarten, flüchtig gezeichneten Linie in eine mächtige dreidimensionale Skulptur zu überführen, die einer spontanen Kritzelei in Leichtigkeit und Unmittelbarkeit in nichts nachsteht. Wie die hier angebotene Arbeit gehen die Skulpturen durch die offenen Zwischenräume inmitten der feinen, verschnörkelten Linienformen eine spannungsreiche Beziehung mit dem sie umgebenden Raum ein, beziehen Natur, Architektur oder Stadtgeschehen in ihre beeindruckende räumliche Präsenz mit ein und erklären so Venets herausragende, Jahrzehnte überdauernde Position als Pionier der minimalistischen, konzeptuellen Bildhauerei.

Die Skulpturen des Künstlers sind weltweit an zahlreichen öffentlichen Plätzen aufgestellt, u. a. in Auckland, Bergen, Berlin, Bonn, Denver, Paris, Nizza, Seoul, Shenzhen und Tokio. Sie befinden sich zudem in bedeutenden internationalen Sammlungen, darunter das Centre Pompidou in Paris, das Museum of Contemporary Art in Los Angeles (MOCA), das Musée d'art moderne et contemporain in Genf (Mamco) und The Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington, D. C. Bernar Venet gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauer. Allein für das Jahr 2003 zählt man 17 Einzelausstellungen seines Schaffens. Schon in den 1970er Jahren ist er auf der documenta 6 in Kassel und der Biennale in Venedig vertreten, auf der er 2009 erneut ausstellt und damit einmal mehr seinen Jahrzehnte überspannenden Einfluss auf die moderne und zeitgenössische Bildhauerei unter Beweis stellt. 2011 ist Venet der vierte zeitgenössische Künstler, der das Schloss Versailles mit einer Einzelausstellung bespielt. 2018 widmen ihm mit dem Musée d'art contemporain in Lyon (MAC) und dem Musée d'art moderne et d'art contemporain in Nizza (MAMAC) gleich zwei große französische Museen umfassende Retrospektiven. Erst vor drei Jahren wird Venets Arbeit "Arc Majeur" über einer Autobahn zwischen Belgien und Luxemburg installiert, sie gilt seither als die größte öffentliche Skulptur Europas. In diesem Jahr sind Venets raumgreifende Skulpturen u. a. in der bisher umfassendsten Retrospektive des Künstlers in der Kunsthalle Berlin in den Hangarhallen des ehemaligen Flughafens Tempelhof zu sehen und das Louvre-Lens zeigt seine Werke in seinem 1000 Quadratmetern umfassenden Glaspavillon. [CH]



58
Bernar Venet
Indeterminate Line, 1994.
Metall. Gewalzter Stahl
Schätzung:
€ 150.000
Ergebnis:
€ 375.000

(inklusive Aufgeld)