Auktion: 532 / 19th Century Art am 10.12.2022 in München Lot 312

 

312
Wilhelm Trübner
Studiosus Michaelis, mit Papierrolle, 1873.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 2.000
Ergebnis:
€ 13.750

(inklusive Aufgeld)
Studiosus Michaelis, mit Papierrolle. 1873.
Öl auf Leinwand.
Rohrandt G 203. Rechts oben signiert und datiert. Verso auf der Leinwand mit Stempeln und Inventarnummern. Verso auf dem Keilrahmen bezeichnet, mit Stempeln und Inventarnummern versehen, mit altem fragmentierten Etikett sowie nummeriert "D 2232". 46 x 30,5 cm (18,1 x 12 in).

• Von 1989 bis 2022 im Kurpfälzischen Museum Heidelberg.
• In der wichtigen Trübner-Retrospektive 1994/95 ausgestellt.
• Restitutionsfall aus der bedeutenden Sammlung Carl Sachs
.

Wir danken Herrn Dr. Klaus Rohrandt, Kiel, für die freundliche wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Kunsthandlung Jos. Schall, Wiesbaden (1911, wohl in Kommission aus dem Eigentum des Künstlers).
Nachlass des Künstlers (bis 1918: Versteigerung Lepke).
Sammlung Carl Sachs (1858-1943), Breslau/Basel (wohl 1918 vom Vorgenannten erworben, spätestens seit 1923, bis 1943: Versteigerung Galerie Fischer).
Zur Aufbewahrung mit Werken aus der Sammlung Sachs im Kunsthaus Zürich, Kunstmuseum Basel und Kunstmuseum Luzern (ab 1934).
"Fischer", o. O. (1943 erworben: Versteigerung Galerie Fischer).
Kunsthandel Winfried Flammann, Karlsruhe (1988 erworben: Versteigerung Galerie Fischer).
Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg (im Aug. 1989 vom Vorgenannten erworben), als Leihgabe an das Kurpfälzische Museum, Heidelberg.
Restituiert an die Erben Carl Sachs im Juli 2022.
Das Werk ist frei von Restitutionsansprüchen.

AUSSTELLUNG: Ausstellung Deutscher Kunst aus der Zeit von 1775-1875, Königliche Nationalgalerie Berlin, 1906, Nr. 1815.
Sonderausstellung von Gemälden Wilhelm Trübners, Kunstverein Leipzig, Sept.-Okt. 1908, Nr. 19 (m. Abb.).
1. Große Kunst-Ausstellung, Wiesbaden 1909, Nr. 378 oder 388 (m. Abb.).
Große Internationale Kunstausstellung, Kunsthalle Bremen, 1910.
Wilhelm Trübner. Ausstellung anlässlich des 60. Geburtstages, Kunstverein Karlsruhe, 2.2.-2.3.1911, Nr. 2612.
XXVI. Ausstellung der Berliner Secession, Ausstellungshaus am Kurfürstendamm 208/9, Berlin 1913, Nr. 124.
Baltische Ausstellung, Malmö, 15.5.-4.10.1914.
Wilhelm Trübner 1851-1917, Kurpfälzisches Museum, Heidelberg, 10.12.1994-19.2.1995; Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München, 10.3.-21.5.1995, Kat.-Nr. 25 (m. Abb.).

LITERATUR: Georg Fuchs, Wilhelm Trübner und sein Werk, München 1908, S. 89f. (Abb. 25).
Hans Rosenhagen, Wilhelm Trübner, Bielefeld 1909, S. 80 (Abb. 19, S. 22).
Die Internationale Kunst-Ausstellung in Bremen, in: Die Kunst für Alle, 25, 1910, S. 308.
Julius Elias, Wilhelm Trübner, in: Kunst und Künstler, 14, 1916 (Abb. S. 188).
Joseph August Beringer, Trübner: des Meisters Gemälde in 450 Abbildungen, Stuttgart 1917, S. XX (m. Abb S. 47).
Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin, Nachlass Wilhelm Trübner: Versteigerung (Nr. 1806b): Eigene Gemälde, Arbeiten seiner Gattin Alice, Werke aus dem Freundeskreise, 4.6.1918, Nr. 16, Abb. Taf. 11 (Notiz Haberstock: Sachs).
Versteigerung von Trübners Nachlass, in: Kunst und Künstler, 16, 1918, S. 407.
Karl Scheffler, Breslauer Kunstleben, in: Kunst und Künstler, 21, 1923, S. 123 (m. Abb. S. 119).
Galerie Fischer, Luzern, Mobiliar aus westschweizerischem Adelsbesitz - Aus Berner und holländischem Privatbesitz - Gemälde alter und neuer Meister, 25.-29.5.1943, Nr. 1829.
Galerie Fischer, Luzern, Mobiliar, Kunstgewerbe, teils aus Besitz des Comte de Lenzbourg (..), 27.11.-1.12.1956, Nr. 2466 (ohne Zuschlag).
Galerie Fischer, Luzern, Möbel, Zinn, Glas, (..) Gemälde alter und moderner Meister, 8.-10.11.1988, Nr. 2253 (m. Abb.).
Monika Tatzkow, "Es schwimmen aber ja im Kunsthandel eine Menge Arbeiten [..] herum aus den Sammlungen ausgewiesener oder geflohener Leute", in: Peter Mosimann und Beat Schönenberger (Hrsg.), Fluchtgut - Geschichte, Recht und Moral, Bern 2015, S. 37-51, hier Abb. S. 44 (zur Slg. Sachs vgl. ebd.).
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Land gibt Trübner-Gemälde an die Erben des jüdischen Industriellen und Kunstsammlers Carl Sachs zurück, Pressemitteilung Nr. 084/2022, mwk.baden-wuerttemberg.de, 18.7.2022.
Land gibt Gemälde an Erben des jüdischen Besitzers zurück, Süddeutsche Zeitung Online, dpa:220718-99-66910/2, 18.7.2022.
Baden-Württemberg gibt Trübner-Gemälde an Erben zurück, Deutschlandfunk Kultur, deutschlandfunkkultur.de, 12.7.2022.

Entstanden in der Frühzeit Trübners nach Beendigung seines Studiums im privaten Atelier Hans Canons in Stuttgart sowie kurzzeitig an der Akademie in München, zeigt das Werk einen bisher noch unidentifizierten Studenten. Deutlich geprägt ist Trübners Malerei in den Jahren nach 1869 von der Malweise des großen Meisters des Realismus Gustave Courbet, dessen Werke er bei der Internationalen Kunstausstellung im Glaspalast zu Gesicht bekommt. Dessen Realismus ist weniger einer detailreichen, akribischen Wiedergabe der Dinge verpflichtet als vielmehr der reinen Malerei selbst, die in pastosen breiten Pinselstrichen ihr Dasein behauptet. Neben der Landschaft interessiert sich Trübner für den Menschen, für dessen Darstellung er wesentliche Impulse Wilhelm Leibls aufnimmt, zu dessen Kreis er 1871 gehört. 1872/73 hält er sich den Sommer über in seiner Geburtsstadt Heidelberg auf, auch in Folge eines erneuten Cholera-Ausbruchs in München. Aufgrund der pittoresken Landschaft gilt München als eines der motivischen Zentren der Romantik und Landschaftsmalerei; vor allem aber gewinnt die Stadt aufgrund ihrer Universität – die älteste Deutschlands – und des dortigen liberalen Klimas Ende der 1840er Jahre an Bedeutung. Womöglich handelt es sich bei dem Studenten um einen der zahlreichen, vor allem an der hochrenommierten juristischen Fakultät immatrikulierten jungen Männer.

Das Werk stammt aus der bedeutenden Sammlung des jüdischen Industriellen und Kunstsammlers Carl Sachs (1858–1943) aus Breslau. Sachs hatte im Laufe seines Lebens eine vielfältige und hochkarätige Sammlung deutscher und französischer Künstler des 19. Jahrhunderts mit impressionistischem Schwerpunkt zusammengetragen, darunter Werke von Corinth, Liebermann und Trübner sowie Corot, Courbet, Monet und Renoir.
Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus ist Carl Sachs zusammen mit seiner Ehefrau Margarethe von Diskriminierung und Verfolgung betroffen, die ihn schließlich im Februar 1939 in hohem Alter zur Emigration in die Schweiz zwingen. Seines in Deutschland verbliebenen Vermögens beraubt, ist er genötigt, die zuvor nach Basel verbrachte Kunstsammlung zu veräußern, darunter 1943 das Trübner-Gemälde. Dieses wird 2022 vom Land Baden-Württemberg an die Erben nach Carl Sachs restituiert und kann damit heute, frei von Restitutionsansprüchen, zum Verkauf angeboten werden. [KT]



312
Wilhelm Trübner
Studiosus Michaelis, mit Papierrolle, 1873.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 2.000
Ergebnis:
€ 13.750

(inklusive Aufgeld)