Auktion: 532 / 19th Century Art am 10.12.2022 in München Lot 344

 

344
Walter Leistikow
Hafen, Um 1895.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 27.500

(inklusive Aufgeld)
Hafen. Um 1895.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert. Verso auf der Leinwand mit Künstlerbedarf-Stempel Hermann Neisch & Co, Dresden. Verso auf dem Keilrahmen verschieden handschriftlich und typografisch nummeriert, diverse alte bezeichnete sowie nummerierte Etiketten, u.a. Galerie Heinemann, Nr. 5070. 73 x 121 cm (28,7 x 47,6 in).

PROVENIENZ: Galerie Paul Cassirer, Berlin.
Galerie Heinemann, München (verso mit dem Etikett, Nr. 5070, in Kommission von Paul Cassirer, April 1905).
Galerie Paul Cassirer, Berlin.
Sammlung Dr. Ulrich Thieme, Leipzig (1908 vom Vorgenannten erworben).
Privatsammlung Baden-Württemberg.

AUSSTELLUNG: Leipziger Kunstverein, Nr. 3866 (verso mit dem Etikett).

Walter Leistikow gilt als einer der prägendsten Künstler um die Jahrhundertwende, der in Berlin den Aufbruch in die Moderne wesentlich mitbereitet. Als er 1883 mit 17 Jahren das in der westpreußischen Provinz liegende Bromberg verlässt und an die Berliner Akademie kommt, wird er bereits nach einem halben Jahr dort wieder wegen „Talentlosigkeit“ entlassen, wie Lovis Corinth – mit dem er nach anfänglicher Antipathie eng befreundet ist – in seiner zwei Jahre nach Leistikows Tod erschienenen Biografie schreibt (Das Leben Walter Leistikows. Ein Stück Berliner Kunstgeschichte, Berlin: Cassirer 1910). Dies ist sicherlich als Verleihung eines antiakademischen Gütesiegels zu verstehen, das die Aufbruchsbewegungen der Moderne um 1900 kennzeichnet. Leistikow wendet sich schließlich an das private Atelier des norwegischen Landschaftsmalers der Düsseldorfer Schule Hans Gude. Seine ersten Motive sucht er sich im Berliner Umland sowie seiner pommerschen Heimat – sie sind ganz einem unaufgeregten, aufrichtigen Realismus verpflichtet, in dem jedoch bereits die fein getönten farblichen Stimmungen der späteren symbolistischen Zeit anklingen. 1892 ist Leistikow einer der Mitbegründer der Gruppe „Vereinigung der XI“, benannt lediglich nach der Anzahl ihrer Mitglieder und ohne Zwang eines künstlerischen Programms, die grundlegende Veränderungen im Ausstellungswesen bezüglich der von den Entscheidungen einer Jury bestimmten Auswahlkriterien fordern, 1903 engagiert er sich mit Harry Graf Kessler für die Gründung des Deutschen Künstlerbunds in Weimar. Einer der engsten Freunde Leistikows, der Schriftsteller und Journalist Theodor Wolff, charakterisiert seine Landschaften als „realistische Romantik“ - Ein realistischer Natureindruck liegt ihnen zwar zugrunde, über den hinaus der Maler aber sein Einfühlungsvermögen mit einfließen lässt und diese so in psychologisierte Stimmungslandschaften verwandelt. In seinem Enthusiasmus für die nördliche, symbolistisch beeinflusste Malerei etwa seines Freundes Edvard Munch, für den er sich bereits 1893 eingesetzt hatte, wird Leistikow zum Vertreter einer „nervösen Romantik“ (Hermann Bahr), deren Werke eine kontemplative, mystifizierte Seherfahrung bereithalten. Über den dunkel daliegenden Kanal wird der Blick Richtung Meer geführt, mit den dort anliegenden Booten und Segelschiffen - ungewöhnlich geheimnisvoll verborgen wird die Aussicht auf von den ruhig und voluminös aufgereihten Bäumen über denen in der Ferne die rosigen Wolkenformationen schweben. [KT]



344
Walter Leistikow
Hafen, Um 1895.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 27.500

(inklusive Aufgeld)