Auktion: 532 / 19th Century Art am 10.12.2022 in München Lot 349

 

349
Artur Volkmann
Bacchantenzug, 1901.
Marmor-Relief, farbig gefasst
Schätzung:
€ 10.000
Ergebnis:
€ 37.500

(inklusive Aufgeld)
Bacchantenzug. 1901.
Marmor-Relief, farbig gefasst.
Links unten signiert, datiert und ortsbezeichnet "Rom". Verso mit alten, teilw. fragmentierten Etiketten sowie handschriftlichen Nummerierungen. 64 x 52 x 5 cm (25,1 x 20,4 x 1,9 in). Gewicht: ca. 40 kg.

• Volkmann ist Meisterschüler Hans von Marées und überführt dessen Formenideal in die Bildhauerei.
• Als einer der ersten Bildhauer in Deutschland setzt er sich für die polychrome und farbig gefasste Skulptur ein.
• Meisterhaft vereint Volkmann in dem Relief neoklassizistische Formensprache mit bewegtem Ausdruck.
• Verweis auf philosophisches Gedankengut Friedrich Nietzsches (1844-1900) zwischen Apollinisch und Dionysisch
.

Wir danken Frau Dr. Anette Niethammer, Mötzingen, für die freundliche wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland.

AUSSTELLUNG: Leipziger Kunstverein, Nr. 617 (verso mit dem Etikett).

Artur Volkmann studiert ab 1873 Bildhauerei in Dresden und Berlin. Ab 1876 ermöglicht ihm ein zweijähriges Stipendium einen Aufenthalt in Rom, wo er für die anschließenden Jahrzehnte seine Wahlheimat findet. Dort macht er die Bekanntschaft mit dem Maler Hans von Marées, der ihn künstlerisch wesentlich beeinflusst und für dessen Grab auf dem römischen cimiterio accatolico er später das Relief gestaltet. Lediglich aus finanziellen Gründen kehrt Volkmann immer wieder für einige Zeit nach Deutschland zurück, um sich neue Aufträge zu sichern. In Zwiesprache mit der Antike, ihrer „edlen Einfalt und stillen Größe“ entstehen Bildwerke und Plastiken antiker Figuren wie Bacchus, Psyche, Aphrodite, die sich einem neuen Klassizismus in der Vereinfachung der Form und Betonung der Linie verschreiben, dennoch allerdings eine gewisse Natürlichkeit ohne Idealisierung auszudrücken versuchen. Bereits im Jahr 1882 beginnt Volkmann als einer der ersten Bildhauer im 19. Jahrhundert, seine Marmorwerke zu färben, und nimmt aktiv an der in Deutschland zu dieser Zeit einsetzenden Diskussion um die farbig gefasste Plastik und Skulptur teil. Der breiten Öffentlichkeit wird diese Thematik der Polychromisierung vor allem durch den klassischen Archäologen und Direktor der Dresdner Skulpturensammlung Georg Treu bekannt. Die aus der klassizistischen Kunst gewohnte Idealität des Dargestellten in reinem weißen Marmor wird nun zugunsten einer größeren Lebendigkeit durch farbige Fassungen eingetauscht. Volkmann ist überzeugt von der historisch authentischen Praxis der Einfärbung seiner Skulpturen, selbst dann, wenn unverständige Auftraggeber eine Abwaschung der Fassung fordern und drohen, sonst nicht zu zahlen. Von Marée'scher Bild- und Skulpturauffassung geprägt ist auch die dargestellte bacchantische Szene, in der sich die Figuren nebeneinander aufreihen. Der schlanke, die Weinschale gefasst und elegant haltende Jüngling in idealem Kontrapost bildet auf der linken Seite noch den Gegensatz zu den wilden, berauschten Bewegungen der den Thyrsos-Stab schwenkenden Mänade und dem Panther neben dem Satyr-Paar. Volkmann zeigt die Beherrschung der antiken Ikonologie dionysischer Kulte – sicherlich auch seinem Interesse am Nietzscheanischen Dualismus des Apollinischen und Dionysischen geschuldet, der Veranlagung des Menschen zwischen Ratio und Rausch. Die feine, mehr linear als plastisch ausgeführte Gestaltung der mehrfigurigen Komposition mit der zarten Färbung des Hintergrunds machen das Relief zu einem besonderen Werk im Schaffen Volkmanns. [KT]



349
Artur Volkmann
Bacchantenzug, 1901.
Marmor-Relief, farbig gefasst
Schätzung:
€ 10.000
Ergebnis:
€ 37.500

(inklusive Aufgeld)