Auktion: 539 / Modern Art Day Sale am 10.06.2023 in München Lot 312

 

312
Max Liebermann
Bildnis Theodor Stoperan, 1912.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 35.560

(inklusive Aufgeld)
Bildnis Theodor Stoperan. 1912.
Öl auf Leinwand.
Eberle 1912/37. Am rechten Rand mittig signiert und datiert sowie bezeichnet "[Herr ?] Stoperan". 88,5 x 70 cm (34,8 x 27,5 in).
[KT].

• Wiederentdeckung: Das Bildnis Theodor Stoperans galt lange Zeit als verschollen.
• In typischer Liebermann-Manier locker gemaltes Porträt des wichtigsten Galeriemitarbeiters und Prokuristen von Paul Cassirer.
• Stoperan gilt als zentrale Figur der Berliner Kunstszene am Anfang des 20. Jahrhunderts.
• Nach jahrzehntelangem Familienbesitz erstmals auf dem Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com)
.

PROVENIENZ:
Theodor Stoperan (1867-1938), Berlin (seither in Familienbesitz).

AUSSTELLUNG:
Gedächtnisausstellung Max Liebermann, zum 100. Geburtstag, Magistrat von Groß-Berlin, Berlin 1947, Nr. 27.
Kunstsalon Berliner Secession, Villa Thiede, Berlin, März 2008.

LITERATUR:
Erich Hancke, Max Liebermann. Sein Leben und seine Werke, mit einem Werkkatalog der Gemälde und Pastelle bis 1913, Berlin 1914, S. 546.
Hans W. Singer, Neuerer Bildniskatalog, Bd. 4, Leipzig 1937, Nr. 34605.
Jörg Niendorf, Mit Liebermann und Slevogt an den Wannsee, FAZ, 29.2.2008 (www.faz.net/aktuell/gesellschaft/secessionsmaler-sammlung-mit-liebermann-und-slevogt-an-den-wannsee-1512598.html).
Berliner Zeitung, 1.3.2008 (www.bz-berlin.de/archiv-artikel/wer-ist-der-liebe-mann-der-den-verschollenen-liebermann-heimholte).
Gabriela Walder, Ein neuer Liebermann am Wannsee, Berliner Morgenpost, 2.3.2008 (www.morgenpost.de/printarchiv/kultur/article102626055/Ein-neuer-Liebermann-am-Wannsee.html).

Theodor Stoperan gehört zum innersten Kreis der bedeutenden Figuren, die die Kunstszene der Metropole Berlin am Anfang des 20. Jahrhunderts maßgeblich prägen. Gebürtig aus Bremen, tritt der zum Kaufmann ausgebildete Stoperan wohl um 1908 als Mitarbeiter in die 1898 gegründete Galerie Paul Cassirers ein. Die als Kunstsalon mit anspruchsvollem Programm und daran angeschlossenem Verlag gegründete Kunsthandlung, mit Ausstellungen zunächst in drei Zimmern der Privatwohnung Bruno und Paul Cassirers, sorgte schon bald für Aufsehen. Max Liebermann ist dabei einer der ersten Künstler, der in enge Beziehungen zu der Galerie tritt, die für seine weitere künstlerische Karriere von zentraler Bedeutung sein werden. Auf der Suche nach neuen Ausstellungsräumen der von ihm 1892 mitbegründeten Berliner Secession gewinnt er die Cassirers als Geschäftsführer dieses Unternehmens. Mit diesem frühen Bündnis ist der Grundstein gelegt für die fruchtbare Zusammenarbeit der Galerie mit Künstlern der Avantgarde. Die Geschäftsführung des Ausstellungshauses am Kurfürstendamm für die Secessions-Ausstellung hat 1910 Theodor Stoperan inne, die Ausstellungsleitung führt Max Liebermann als 1. Vorsitzender der Sezession an, unter Mitarbeit von weiteren Mitgliedern wie u. a. Max Slevogt, Lovis Corinth und Max Beckmann. Kunsthistorisch ist gerade dieses Jahr mit der Debatte um die Zurückweisung expressionistischer Werke durch die Jury bedeutsam, woraufhin um Max Pechstein die "Neue Secession" gegründet wird. Die Kritik an der Auswahl der Künstler und interne Querelen veranlassen Max Liebermann schließlich im November 1911 zum Rücktritt von seinem Amt des Präsidenten, auch Max Slevogt verlässt die Gruppierung. Beide hatten sich mittlerweile als Künstler etabliert. Liebermann erhält den Ruf in den Senat der Akademie der Künste, Slevogt leitet ab 1917 ein Meisteratelier an der Akademie der Künste in Berlin. Stoperan scheidet schließlich 1920 bei Cassirer aus und wechselt kurzzeitig zur Galerie Karl Haberstock, deren eher konservatives und zusehends auf Alte Meister ausgerichtetes Programm ihn weniger interessiert haben dürfte. Alfred Flechtheim, der selbst 1921 nach Berlin übersiedelt, überträgt ihm in diesem Jahr die Leitung seiner neueröffneten Zweigniederlassung am Lützowufer 13. Die Eröffnungsausstellung versammelt die großen Namen der französischen Avantgarde, darunter Braque, Derain, Picasso, de Vlaminck und Matisse. Bei Flechtheims legendären Ausstellungseröffnungen und Bällen gehört Stoperan neben Schauspielerinnen, Finanzelite, Diplomatie, Schriftstellern und Prominenten zum Stammpersonal. Im Januar 1928 geht er mit der Münchner Galerie Fritz Zickel eine Geschäftsverbindung ein, deren Berliner Dependance unter seiner Leitung als "Galerie Fritz Zickel Theodor Stoperan & Co." firmiert. Eröffnet wird mit Werken deutscher Künstler wie Corinth, Klein-Diepold, Leibl, Liebermann, Pechstein und Slevogt. Am 2./3. November versteigert das Berliner Auktionshaus Paul Graupe große Bestände der Sammlung Stoperans, darunter hochkarätige Werke von Liebermann, Munch, Nolde, Pechstein und Renoir. Vermutlich der Weltwirtschaftskrise der späten 1920er Jahre geschuldet und aufgrund des angespannten Marktes sowie der Inflation bleiben die Zuschläge unter den Erwartungen. Die im Katalog aufgeführten Namen zeichnen jedoch das Bild eines mutigen Kunstkenners, der nicht zuletzt für Slevogt und Liebermann zum Förderer und Freund geworden war. [KT]



312
Max Liebermann
Bildnis Theodor Stoperan, 1912.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 35.560

(inklusive Aufgeld)