Auktion: 540 / Evening Sale am 09.06.2023 in München Lot 62

 

62
Cindy Sherman
Untitled Film Still #7, 1978.
Schwarzweiß Fotografie
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 330.200

(inklusive Aufgeld)
Untitled Film Still #7. 1978.
Schwarzweiß Fotografie.
Verso signiert, datiert, nummeriert und bezeichnet "#7". Aus einer Auflage von 10 Exemplaren. 25,3 x 20,3 cm (9,9 x 7,9 in), Blattgröße.
[AR].
• Cindy Shermans "Untitled Film Stills" ist eine Serie von Schwarz-Weiß-Fotografien, in denen die Künstlerin in der Gestalt verschiedener weiblicher Filmcharaktere posiert.
• Die Künstlerin stellt Film-Szenen aus dem Hollywood der 1950er und 1960er Jahre nach, die nicht unbedingt ein Vorbild haben, aber dem Betrachter das Gefühl eines Déjà-vu geben.
• Exemplare befinden sich unter anderem im Museum of Modern Art, New York, und im San Francisco Museum of Modern Art
.

PROVENIENZ: Metro Pictures, New York.
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

AUSSTELLUNG: (Auswahl)
Speglingar, Kulturhuset Stockholm, 24.1.-18.4.2004.
Das 8. Feld. Geschlechter, Leben und Begehren in der Kunst seit 1960, Museum Ludwig, Köln, 19.8.-12.11.2006.
Die zu sein scheint, die bin ich, Galerie Thomas Schulte, Berlin, 17.9.-26.11.2016.
Cindy Sherman, Fondation Louis Vuitton, Paris, 23.9.2020-3.1.2021.

Die "Untitled Film Stills" (1977–1980) haben Cindy Sherman berühmt gemacht. In den Fotografien inszeniert sie sich als Schauspielerin in fiktiven Filmszenen aus dem Hollywood der 1950er und 1960er Jahre, etwa aus dem Film noir, aus B-Movies sowie aus europäischen Arthouse-Filmen. Sie lässt sich vom Aussehen fabelhafter Hollywood-Schauspielerinnen wie Liz Taylor oder Ava Gardner, Audrey Hepburn und Lauren Bacall anregen, aber auch grandiose Filmgrößen in Europa wie Brigitte Bardot, Jeanne Moreau, Simone Signoret, Sophia Loren und Anna Magnani wird sie studiert haben. Auffallend erscheint, dass Cindy Sherman mit den Aufnahmen stets eine emotionale Wirkung erzielt, mit der sie eine täuschend reale Filmszene nachstellt, die gleichwohl ihrer eigenen Fantasie entspringt. Sie inszeniert Figuren, definiert das Bühnenbild, richtet das künstliche Licht ein, wählt ein entsprechendes Outfit, vermittelt schließlich überzogene Filmklischees und erstellt Fotos mit der ihr eigenen geheimnisvollen Ästhetik.

Den Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, steht hier eine Frau mit dunklen kurzen Haaren, Sonnenbrille, weißem Unterkleid, weißen Overknee-Strümpfen und ebenfalls weißen Schuhen mit hohen Absätzen im Rahmen einer geöffneten Schiebetür. Mit der rechten Hand rafft sie das Unterkleid, um den Straps zu lösen. Mit dem linken Arm schiebt sie eine Vorhangbahn beiseite und stützt sich gleichzeitig am Fensterrahmen ab, in der Hand hält sie ein Martiniglas. Sie ist im Begriff, sich aus dem Dunkel des hinter ihr befindlichen Raumes auf die Terrasse zu bewegen, von der Sonne geblendet, so scheint es. Im Vordergrund links unten sitzt wohl jemand in einem Sessel, ein großer Strohhut verdeckt die Person, lässt ein Dekolleté erahnen, die Schultern sind bedeckt, die Identität bleibt im Verborgenen. Über den Film und seine entsprechende Szene, die mit einem Foto dokumentiert ist, lässt sich nur spekulieren. Das Martini-Glas in der Hand, der Blick und die Art und Weise, wie sie dort in der Türe steht, könnten auf eine lange, exzessive Nacht mit viel Alkohol hinweisen. Cindy Sherman mimt eine reife Frau, die, irritiert vom Moment des hellen Sonnenlichts, frische Luft auf der Terrasse sucht, so der Anschein.

Indem sie sich selbst in solchen Rollen fotografiert, eröffnet Sherman einen austauschbaren Dialog über stereotype Darstellungen von Frauen, um die Rolle der Frau in der Geschichte und der damaligen Gesellschaft um 1980 zu untersuchen. Ihre Bilder reichen vom Schönen bis zum Grotesken. Sie verwendet aufwendige Kostüme, umfangreiches Make-up und Perücken, um ihre Figuren zu kreieren, und hat in den letzten Jahren auch digitale Werkzeuge eingesetzt, um ihre Bilder weiter zu manipulieren. Cindy Sherman hat an mehreren Biennalen in Venedig und Whitney sowie in Institutionen auf der ganzen Welt ausgestellt, zudem wurde sie mit einem MacArthur-Stipendium ausgezeichnet. Ihre Werke erzielen regelmäßig siebenstellige Preise auf dem Sekundärmarkt. [MvL]



62
Cindy Sherman
Untitled Film Still #7, 1978.
Schwarzweiß Fotografie
Schätzung:
€ 80.000
Ergebnis:
€ 330.200

(inklusive Aufgeld)