Auktion: 540 / Evening Sale am 09.06.2023 in München Lot 35

 

35
Günter Fruhtrunk
Hommage à Duccio, 1968.
Acryl auf Leinwand
Schätzung:
€ 120.000
Ergebnis:
€ 177.800

(inklusive Aufgeld)
Hommage à Duccio. 1968.
Acryl auf Leinwand.
Reiter 548. Verso signiert, monogrammiert, datiert, betitelt und bezeichnet. 168,5 x 180 cm (66,3 x 70,8 in).

• Frühe Arbeit aus der wichtigsten Schaffenszeit - noch zu Lebzeiten des Künstlers in der Kestner-Gesellschaft ausgestellt.
• Günter Fruhtrunk hat dem Konstruktivismus durch eine konsequente Neuorientierung eine eigene Form von Dynamik gegeben.
• Im Entstehungsjahr 1968 nimmt Fruhtrunk sowohl an der Biennale in Venedig als auch an der documenta in Kassel teil.
• Das Kunstmuseum Bonn ehrt den Künstler dieses Jahr anlässlich seines 100. Geburtstags mit einer Retrospektive
.

PROVENIENZ: Galerie Der Spiegel, Köln (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

AUSSTELLUNG: Deutsche Avangarde 1. Günter Fruhtrunk, Raimund Girke, Georg Karl Pfahler, Kestner Gesellschaft, Hannover, 1969, Kat.-Nr. 22.
Prinzip Vertikal, Europa nach 1945, Galerie Teufel, Köln, 9.11.1979-2.2.1980, S.49 (m. Farbabb.).

LITERATUR: Lempertz, Köln, 3.12.2016, Los 414.

1923 wird Günter Fruhtrunk in München geboren. Ab 1940 studiert er für kurze Zeit Architektur an der Technischen Universität München. Weder München noch andere Kunstzentren in Deutschland können Fruhtrunks künstlerisches Interesse anregen. Paris wird schließlich zu seinem Inspirationsort, in Frankreich fühlt er sich geistig mehr beheimatet als in Deutschland. 1951 reist er für einen Studienaufenthalt das erste Mal nach Paris. Erste wichtige künstlerische Impulse gehen von Willi Baumeister und Julius Bissier aus, durch die Fruhtrunk sich der Abstraktion zuwendet. In Paris sind es Fernand Léger und Jean Arp, die ihn künstlerisch inspirieren. Ab 1954 lebt Fruhtrunk dauerhaft in Paris. Trotzdem hier das geistige und künstlerische Zentrum des damals vorherrschenden Tachismus ist, arbeitet Fruhtrunk vehement daran, sein eigenes Paradigma der Abstraktion fern vom Gestischen zu entwickeln. Mit Mitteln der Konstruktion und mit mathematischer Präzision formuliert er eine Bildsprache, die sich durch eine starke Reduzierung auszeichnet. Bestimmt sind seine Kompositionen von vertikalen und horizontalen Streifenformationen. Fruhtrunk überführt die Ideen des Konstruktivismus in seine eigene farbintensive rhythmische Bildwelt und entwickelt diese weiter. Ab 1967 hat Fruhtrunk eine Professur in München inne, seinen Wohnsitz in Paris behält er, ist aber in jedem Semestermonat drei Wochen in München. 1968 nimmt er sowohl an der 34. Biennale in Venedig als auch an der documenta 4 in Kassel teil, den wichtigsten Ausstellungen zeitgenössicher Kunst.
Fruhtrunks frühe Arbeiten sind bestimmt von isolierten geometrischen Formen, die sich zu ineinander verschachtelten und verdichteten Farbbahnen formen, doch die Streifenformen entwickeln sich im Entstehungsjahr von "Hommage à Duccio" zu formatfüllenden vertikalen Streifen, die die gesamte Höhe des Bildes einnehmen und von Rand zu Rand reichen. In unterschiedlicher Breite und Farbwiederholung geben Linien und Felder einen Rhythmus vor, der sich vor den Augen der Betrachtenden sukzessive entfaltet. Zudem findet zwischen den einzelnen Komponenten ein ständiger Wahrnehmungswechsel zwischen Vorder- und Hintergrund statt. Dies wirkt streng im klassischen Sinne, jedoch zugleich extrem spannungsvoll durch die alternierende Rhythmik bei gleichzeitiger Konstanz der Farbwerte. Sein Gestaltungsmittel ist die Farbe, die er von jeglicher ,Fremdbestimmung', von allen kulturell überlieferten oder individuellen Bedeutungen befreien will. Seine Bildsprache zielt über die Aktivierung des Sehvorgangs auf einen Zustand, den Fruhtrunk selbst als ,Freisein des Sehens' bezeichnet. "Hommage à Duccio" entsteht in sechs Variationen, von denen das hier zur Auktion kommende Werk die größte Ausführung darstellt. Alternierend reihen sich schwarze, violette und rote Streifen aneinander. Die schwarzen Elemente werden dabei vereinzelt von schmalen blauen Linien akzentuiert. Mit der vertikalen Ausrichtung der Streifen intensiviert sich die Konzentration auf die Farben und ihre Zusammensetzung, die aus ihrem Kontrast zueinander eine dynamische Wirkung erzeugen. Fruhtrunk zeigt Farbe als optische Energie. Der Künstler zählt mit seinem künstlerischen Ansatz zu den Vertretern der Konkreten Kunst. Anlässlich seines 100. Geburstages wird Fruhtrunk mit einer großen Retrospektive im Kunstmuseum Bonn geehrt und erfährt damit die längst überfällige Würdigung seines international wichtigen Werkes in der Nachkriegs-Abstraktion. [SM]



35
Günter Fruhtrunk
Hommage à Duccio, 1968.
Acryl auf Leinwand
Schätzung:
€ 120.000
Ergebnis:
€ 177.800

(inklusive Aufgeld)