Auktion: 373 / Wertvolle Bücher mit Maritime Kunst am 22.11.2010 in Hamburg Lot 96

 
Karl Heinz Hansen-Bahia - Sammlung von Autographen, masch. Briefen u. Karten sowie Holzschnitten. Zus. ca. 200 Tle. 1962-1977.


96
Karl Heinz Hansen-Bahia
Sammlung von Autographen, masch. Briefen u. Karten sowie Holzschnitten. Zus. ca. 200 Tle. 1962-1977.
Schätzung:
€ 4.000
Ergebnis:
€ 2.760

(inkl. Käuferaufgeld)
Hansen-Bahia, Karl Heinz, eigtl. Karl Heinz Hansen, Holzschneider, Maler, 1915-1978. Sammlung von 129 masch. Briefen, Karten u. a. Schrifstücken und 19 eigh. Briefen u. Karten. Ferner 11 Orig.-Holzschnitte, 3 kl. Orig.-Skizzen u. -Zeichnungen, ca. 20 Orig.-Fotografien und 8 Orig.-Dias. Dazu zahlr. Zeitungsausschnitte und Prospekte u. v. m. Burg Tittmoning, Addis Abeba, Salvador de Bahia u. a. Januar 1962 bis Dezember 1977. Briefe: überwieg. 4to.

Umfangreiche und reichhaltige Korrespondenz von Hansen-Bahia mit dem befreundeten Kunstsammler und -schriftsteller Dr. Peter Kothé (1928-2010). In dieser biographischen Fülle und Reichhaltigkeit einzigartige Briefsammlung. - Der bedeutende, in Hamburg geborene Holzschneider und Maler verbrachte nahezu die gesamte zweite Hälfte seines Lebens in Brasilien. 1950 ging er als Verlagsmitarbeiter nach Sao Paulo, bevor er sich 1955 als freischaffender Künstler mit einem eigenen Atelier in Salvador de Bahia (seitdem Künstlername Hansen-Bahia) selbständig machen konnte. Seine künstlerische Produktion konzentrierte sich inzwischen fast ausschließlich auf die Holzschnittechnik, zahr. Folgen und Einzelblätter entstanden. 1959 kehrte er für einen mehrjährigen Aufenthalt nach Deutschland zurück mit Wohnsitz auf der Burg Tittmoning in Oberbayern, bis er 1963-66 im äthiopischen Addis Abeba eine Professur an der neugegründeten Kunstakademie annahm. 1966 zog er endgültig nach Brasilien und reiste nur noch für wenige Ausstellungseröffnungen nach Nordamerika, Europa und Deutschland. Neben der nie nachlassenden, aber ihn zunehmend anstrengende Arbeit am Holz wandte er sich in den letzten Jahren verstärkt der Malerei zu. - Der Briefkontakt mit oft mehrseitigen Schreiben zwischen Künstler und Sammler entstand durch die Bitte Kothés an Hansen-Bahia, ihm einige Holzschnitte zur Ansicht und evtl. zum späteren Kauf zukommen zu lassen für den Aufbau einer Graphik-Sammlung. Obwohl sich die Bekanntschaft bis in die siebziger Jahre auf den Briefkontakt beschränkt, entsteht aus der geschäftlichen Beziehung eine Freundschaft zwischen dem als Mensch und Künstler sehr anspruchsvollen und fordernden Hansen-Bahia und dem seine Kunst verehrenden, aber durchaus kritischen Sammler Kothé. Viel berichtet der Künstler über seine immer intensiven und anstrengenden Arbeitsphasen, in denen er "hart am Holz" ist (Holzschnittfolgen Odysseus 1962, Nibelungen 1963, Prinz Eugen 1963, Tittmoninger Kreuzweg 1964, Illustrationen zu den Balladen von Fr. Villon 1963, Illustrationen zu Stefan Andres' Noah und seine Kinder 1968 u. a.), über seine Lehrtätigkeit in Äthiopien und Brasilien, über seinen Alltag im Haus am brasilianischen Strand, das er zusammen mit seiner dritten Frau Ilse, ebenfalls Künstlerin, bewohnt und ausbaut, und das gesellschaftliche Leben und seine Anerkennung als Künstler in Brasilien. Häufig bringt er seine Unzufriedenheit mit dem deutschen Kunstpublikum zum Ausdruck, dem er trotz verschiedener Ausstellungen, die mit seinen Werken eröffnet werden, Unverständnis und mangelnde Wertschätzung z. B. im Vergleich mit seinem Zeitgenossen HAP Grieshaber oder Horst Antes vorwirft. Etwa ab 1975/76 rückt die Sorge um seine Gesundheit und die Behandlung seiner fortschreitenden Krebserkrankung in den Vordergrund, und der Gegensatz zwischen Hoffnung auf Genesung und Niedergeschlagenheit darüber, kaum noch arbeiten zu können, färbt den Stil der letzten Briefe. - Neben kunstkritischem und freundschaftlichem Zuspruch hilft Kothé Hansen-Bahia zunehmend bei geschäftlichen und organisatorischen Fragen, kümmert sich um die Beschickung und Abwicklung von Ausstellungen, pflegt für ihn Kontakte bzw. vermittelt und glättet Wogen, organisiert 1975 die letzte große Deutschlandreise mit Ausstellungen, publiziert über ihn und hält ihn im Gespräch, und - als wichtigsten Beitrag - veröffentlicht 1971 das auf seiner eigenen Holzschnittsammlung basierende WerkverzeichnisAuszüge: ".. Ich komme auch heute erst wieder zur Ruhe, denn seit einigen Wochen war ich hart am Holz. Die Nibelungen, 24 Holzstiche, sind fertig und ich habe das Gefühl, für dieses Buch- und Mappenwerk neue Wege gefunden haben. Sicherlich ist es das Beste was ich bisher machte, das sage ich nicht etwa, weil ich noch am Holz klebe sondern gerade kurz danach immer sehr kritisch bin .." (Burg Tittmoning, 6. VII. 1962) - ".. Uns gefält es ausgezeichnet hier, und länger hätt ich es in Deutschland nicht ausgehalten! Mein Lehrstuhl bringt mir auch gänzlich neue Begegnungen - etwas Neues bahnt sich hier an!" (Addis Abeba, 1964) - ".. Im Ausland braucht man immer nur anständige Arbeiten zu machen, dann ist man sowieso vorn, braucht sich nicht schieben zu lassen oder die Ellenbogen gegen Ansprüche lieber Kollegen zu brauchen. Ich bin in den vier Jahren, die ich wieder in Deutschland war, müde geworden, es scheint so, daß dort Kunst oder Künstlertum nur abhängig gemacht wird davon, was dieser oder jener kluge Mann .. in Zeitungen oder Zeitschriften wortgebauscht von sich gibt .." (Addis Abeba, 3. I. 1965) - ".. Unser Leben hier hat sich so verändert, dass Deutschland - oder auch Äthiopien gänzlich ins Hintertreffen geraten sind .. Meine Kollegen hier, alte Freunde, sind wie Brüder, und wir nennen uns auch so .. Unsere Gespräche, wenn's um Deutschland geht, drehen sich um eine Handvoll Menschen, so wie Sie z. B. und andere Leute drüben, es sind nicht viele. Kunstgeschichtlich gehöre ich hierher. Ich habe kein Interesse daran Kollegen ihren Platz an der Sonne streitig zu machen .. Was nützt es auch allejubeljahr mal einen kleinen Holzschnitt hinauszuschießen, der doch nicht in die Breite (wie es bei Graphik sein soll) gesteuert ist. Ausstellungen in Deutschland interessieren mich nur, wenn man einen Rahmen stellt, der dem Niveau hiesiger Angebote entspricht. Man interessiert sich nicht, ich bin nicht mucksch (wie der Hamburger sagt) .. solln se! .. Werkverzeichnis? Warten wir erst einmal ab, ob das Interesse eines größeren Kreises in Deutschland dafür zu gewinnen ist .. Sie wären immer der einzige Mann dafür, und wir halten das auch weiter fest .." (Bahia, 10. IV. 1968) - ".. Sie schreiben, daß Sie über mich mal was schreiben würden, Ihnen aber der 'Aufhänger' dafür fehle. Mein Gott was wollen Sie?" (Bahia, 18. XII. 1968) - (Zur Ausstellung 1972 im Kestner-Museum in Hannover:) ".. Wenn du mir aber helfen willst, wirklich in Deutschland gegen diese Kacker anzukommen, muß man den Leuten mal zeigen, daß HB. nicht nur Negerinnen und Fischer in Holz schnitt .. Ich bin technisch heute über gestern hinausgewachsen, das wissen die Leute aber nicht, jeder kennt mich nur als Bahia. Ich verändere mich von Werk zu Werk (immer das Vorbild Picassos im Auge, der nie stillstand und steht [)] .. Lege das Schwergewicht auf das Heute. Nur so bestehe ich in Deutschland .." (Bahia, 3. I. 1972). - (Über eine unzufriedenstellende Kalenderproduktion:) ".. Damit macht man meinen Namen kaputt, nicht mit nackten Ärschen (wenn-se gut geschnitten sind) Thema ist seit eh und jeh unwichtig gewesen in der Kunst, können muß man! Du hast mich falsch verstanden. Ich meine nicht, daß ich meine alten Arbeiten nicht mag, ich meinte nur die Leute müssen sehen, wo H-B hingeht! Die Kunst beginnt mit 60-70 Jahren .. und gibt der Herr Gott mir Zeit, wie dem großen Picasso, schaffe ich auch etwas Bleibendes .." (Bahia, 28. XII. 1973) - ".. Inzwischen haben wir keine gute Zeit durchgemacht. Im Juni mußte ich nach Sao Paulo ins Krankenhaus zur zweiten Operation .. In den letzten zwei Jahren habe ich n

Hansen-Bahia, Karl Heinz, actually Karl Heinz Hansen, woodcutter, painter, 1915-1978. Collection of 129 typed letters, cards and other pieces of writing and 19 hand-written letters. Additionally with 11 orig. woodcuts, 3 small orig. sketches and drawings, ca. 20 orig. photographs and 8 orig. slides. With numerous clippings and brochures and many more.




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Karl Heinz Hansen-Bahia
Sammlung von Autographen, masch. Briefen u. Karten sowie Holzschnitten. Zus. ca. 200 Tle. 1962-1977.
Schätzung:
€ 4.000
Ergebnis:
€ 2.760

(inkl. Käuferaufgeld)