Auktion: 416 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 07.06.2014 in München Lot 714

 

714
Ernst Wilhelm Nay
Ohne Titel, 1964.
Aquarell
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 37.820

(inkl. Käuferaufgeld)
Ohne Titel. 1964.
Aquarell.
Rechts unten in der Darstellung signiert und datiert. Auf strukturiertem Aquarellpapier. 38,5 x 33,8 cm (15,1 x 13,3 in), Blattgröße. [KP].

Das Blatt wird in Band 3 des in Vorbereitung befindlichen Œuvrekatalogs der Aquarelle, Gouachen und Zeichnungen Nays von Elisabeth Nay-Scheibler und Dr. Magdalene Claesges, Köln, aufgenommen.

PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland.

Ernst Wilhelm Nay studiert 1925-1928 an der Berliner Hochschule für Bildende Künste bei Karl Hofer. In der Auseinandersetzung mit Ernst Ludwig Kirchner und Henri Matisse, aber auch mit Caspar David Friedrich und Nicolas Poussin vollzieht sich seine erste Orientierung; seine Stillleben, Porträts und Landschaften finden große Anerkennung. 1931 erhält Nay ein neunmonatiges Stipendium für die Villa Massimo in Rom, wo seine surrealistisch-abstrakten Bilder entstehen. Durch Vermittlung des Lübecker Museumsdirektors C.G. Heise erhält Nay ein von Edvard Munch finanziertes Arbeitsstipendium, das ihm 1937 einen Aufenthalt in Norwegen und auf den Lofoten ermöglicht. In den dort entstandenen "Fischer- und Lofotenbildern" erreicht sein Schaffen einen ersten Höhepunkt. Im gleichen Jahr werden in der Ausstellung "Entartete Kunst" zwei seiner Werke gezeigt und Nay mit Ausstellungsverbot belegt. 1940 zum Kriegsdienst einberufen, kommt Nay als Infanterist nach Frankreich, wo ihm ein französischer Bildhauer sein Atelier zur Verfügung stellt. Die künstlerische Verarbeitung der Kriegs- und Nachkriegszeit vollzieht sich 1945-48 in den "Hekatebildern", in denen Motive aus Mythos, Legende und Dichtung anklingen. In den "Fugalen Bildern" aus den Jahren 1949-51 kündigt sich in den glühenden Farben und verschlungenen Formen ein Neubeginn an. 1950 zeigt die Kestner-Gesellschaft Hannover Nays erste Retrospektive. Ein Jahr später übersiedelt der Künstler nach Köln. Hier vollzieht Nay den endgültigen Schritt zur völlig ungegenständlichen Malerei in seinen "Rhythmischen Bildern", in denen er die Farbe als reinen Gestaltwert einzusetzen beginnt. Ab 1955 entstehen Nays "Scheibenbilder", in denen runde Farbflächen subtile Raum- und Farbmodulationen im Bild organisieren.

Die Arbeiten der letzten Schaffensjahre Nays zeigen eine besondere Verdichtung in Farbe und Form. Sowohl in der Komposition als auch in den Farben wird eine höchstmögliche Spannung erreicht, die auch in unserem Aquarell deutlich wird. Das magische Blau, das Nay im Jahr 1964 verstärkt einsetzt, unterstützt in seiner luziden Wirkung die Aussage. Nay gibt den schwindenden Scheiben das Augenmotiv und erfindet sie so neu. Der besondere Reiz liegt hier in dem tiefen Blau, das geheimnisvoll und fordernd zugleich, eine Welt evoziert, in der sich Kühnheit und Romantik verbinden.

Mit der ersten amerikanischen Einzelausstellung in den Kleeman Galleries, New York 1955, seinem Beitrag für die Biennale in Venedig 1956 sowie seiner Beteiligung an der Documenta in Kassel (1955, 1959 und 1964) vollzieht sich sein internationaler Durchbruch. Ernst Wilhelm Nay erhält wichtige Preise und ist bei fast allen repräsentativen Ausstellungen deutscher Kunst im In- und Ausland vertreten.




714
Ernst Wilhelm Nay
Ohne Titel, 1964.
Aquarell
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 37.820

(inkl. Käuferaufgeld)