Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 365

 

365
(d.i. Dörte Clara Wolff) Dodo
Abstieg, 1929.
Aquarell
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 23.125

(inkl. Käuferaufgeld)
Abstieg. 1929.
Aquarell und Gouache über Bleistift.
Rechts unten signiert. Im Rand mit den handschriftlichen Druckvermerken. Verso zweifach mit dem Adressstempel der Künstlerin. Auf festem strukturiertem Velin. 49 x 35,5 cm (19,2 x 13,9 in), Blattgröße. [SM].

PROVENIENZ: Privatsammlung England.

LITERATUR: Renate Krümmer (Hrsg.), Dodo. Leben und Werk. Life and Work. 1907-1998, Ostfildern 2012 (Abb. S. 37).

Dodo 1907 mit dem Namen Dörte Clara Wolff als zweite Tochter in eine gutbürgerliche jüdische Berliner Familie hineingeboren, entschließt sich Dodo, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen. Bestärkt durch die Familie beginnt Dodo im Herbst 1923 eine Ausbildung an der angesehenen privaten Kunst- und Kunstgewerbeschule Reimann in Schöneberg. Hier belegt Dodo Kurse für Naturstudien, Anatomie, Porträtzeichnen, dekorative Malerei sowie für Mode- und Kostümentwurf bei namhaften Lehrern wie Georg Tappert und Erna Schmidt-Caroll. Nach erfolgreichem Abschluss im September 1926 beginnt Dodo ihre berufliche Laufbahn als freie Grafikerin. Sie erhält sofort zahlreiche Aufträge, illustriert unter anderem Schnittmuster der Modezeitschrift "Vogue" und entwirft Kostüme für die Revue "Es liegt in der Luft", die im Mai 1928 mit Margo Lion und Marlene Dietrich in den Hauptrollen uraufgeführt wird. Zu einem Höhepunkt in der künstlerischen Laufbahn Dodos avancieren schließlich ihre Illustrationen für das Satiremagazin "ULK", die auf Augenhöhe mit den Arbeiten von Jeanne Mammen häufig die Titel- und Rückseiten zieren oder großformatig im Heft erscheinen.

Die hervorragenden zeichnerischen Leistungen von Dodo kulminieren hier in einer Darstellung, die ihre gesellschaftskritischen Aspekte deutlich zum Ausdruck bringt. Die gekaufte Frau ist ein ewiges Thema, das hier auf eine elegante und fast zynische Weise vorgeführt wird. Der Abstieg, symbolisiert durch die Treppe, wird in den blasiert-gequälten Gesichtsausdruck der jungen Frau fast zum Menetekel einer Karriere sichtbaren Niedergangs. Das Paar hat scheinbar alles. Er hat sie und sie hat ihn und doch passen die Dinge nicht zusammen. Es ist eine verlogene Welt drittklassiger Sentimentalität, die Dodo hier offenlegt ohne den Sarkasmus auf die Spitze zu treiben. Die Zeichnung ist aber gleichzeitig auch ein Beleg für die sublime Kultur einer Gesellschaftskritik wie sie noch in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts anzutreffen war.

1929 heiratet Dodo den 25 Jahre älteren Juristen Dr. Hans Bürgner, mit dem sie zwei Kinder bekommt. Die Ehe gerät in die Krise, als Dodo eine Affäre mit dem Psychoanalytiker Gerhard Adler beginnt - die zunächst praktizierte Dreiecksbeziehung scheitert, es folgt die Scheidung von Bürgner und die Hochzeit mit Adler. 1936 emigriert die Jüdin Dodo nach London, wo sie weiterhin als Illustratorin tätig ist. Als auch die Ehe mit Gerhard Adler scheitert, intensiviert sich die Beziehung zu Hans Bürgner wieder - eine erneute Heirat folgt nach Kriegsende 1945. Ab dieser Zeit widmet sich Dodo vor allem der Landschaftsmalerei, Akten und Stillleben, auch Tapisserien gehören zunehmend zu ihrem Œuvre. Über Jahrzehnte hinweg der öffentlichen Wahrnehmung entzogen, wird Dodos faszinierendes Werk und ihre beeindruckende Persönlichkeit erst in diesem Jahr durch Ausstellungen in Berlin und London sowie durch Publikationen und umfangreiche Presseresonanz neu entdeckt und gewürdigt.




365
(d.i. Dörte Clara Wolff) Dodo
Abstieg, 1929.
Aquarell
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 23.125

(inkl. Käuferaufgeld)