Lexikon
Haarlemer Schule

Haarlem nahe Amsterdam ist eine traditionsreiche Kunststadt, zu deren Söhnen im 15. Jahrhundert Dieric Bouts und Geertgen tot Sint Jans zählten. Im Manierismus wirkte Hendrick Goltzius in der Stadt; wichtiger wurde für die Barockentwicklung allerdings Cornelis van Haarlem, der das Werk des größten Haarlemer Meisters, des gebürtigen Flamen Frans Hals (um 1580/85-1666), vorbereitete. Dessen Verdienst liegt in den überaus lebendigen Einzel- und Gruppenporträts, die den caravaggesken Realismus fortführen und zu einem eigenen Stil verwandeln. Hals gelingt es, dem Schwarz, das die Mode jener Zeit und somit auch die Porträts dominierte, überraschende Farb- und Stimmungswerte abzutrotzen, dabei einen oftmals zum Skizzenhaften tendierenden, freien und schwungvollen Duktus pflegend. Der Flame Adriaen Brouwer ging bei Frans Hals in die Lehre, ebenso Adriaen van Ostade, der sich wie Erstgenannter vorrangig dem Bauerngenre widmete.
Auch die Landschaftsmalerei konnte in Haarlem Erfolge feiern: Salomon van Ruisdael (1600/03-1670), der von Jan van Goyens tonalen Landschaften deutlich beeinflusst wurde, zählt zu den Meistern dieser Gattung. Ihm folgte sein vielgerühmter Neffe Jacob Isaaksz. van Ruisdael (um 1628/29-1682), dessen wilde Landschaften, etwa der Dresdener "Judenfriedhof", einen tiefklingenden, poetischen Ton anschlagen. Die Architekturmalerei wird in Haarlem von Pieter Jansz. Saenredam (1597-1665) würdig vertreten.
In der Stilllebenkunst kam die Haarlemer Schule zu einer eigenständigen Lösung: Seit dem zweiten Jahrhundertviertel entwickelte sich ein tonaler, von einem gebrochenen, oft bräunlichen, grünlichen oder gräulichen Grundton zusammengehaltener Bildtypus, der, zumeist querformatig, eine bildparallel angeordnete Tischplatte mit Tischtuch und nahsichtigen Lebensmitteln zeigt. Hauptvertreter dieser Gattung des "monochromen Banketjes" waren Pieter Claesz (um 1597-1660) und Willem Claesz. Heda (um 1594-um 1680).