Lexikon
Venezianische Hochrenaissance

Venedig war im frühen 16. Jahrhundert eine florierende Republik und Handelsstadt und neben Florenz und Rom das bedeutendste Kunstzentrum Italiens.
Waren für die Florentiner Maler Zeichnung und Komposition die wichtigsten Elemente eines Bildes, so schenkten demgegenüber die Venezianer der Farbe ihre größte Beachtung. Giovanni Bellini (um 1430-1516) gilt als Wegbereiter der venezianischen Hochrenaissance-Malerei. Er war einer der ersten, der die Arbeit mit Temperafarben zu Gunsten der aus Flandern importierten Ölmalerei aufgab und in seinem Spätwerk zu einem außergewöhnlichen Umgang mit Farbe und Licht gelangte.
In venezianischen Gemälden wird häufig über das Medium Farbe die Botschaft und die Emotionalität des Bildes übermittelt. Meisterhaft gelang dies Giorgione (um 1478-1510), der das drohende Unheil eines aufziehenden Gewitters in seinem gleichnamigen Gemälde (um 1508) mit Hilfe des flirrenden, gleichsam elektrisierenden Kolorits inszenierte. Andere seiner Werke sind lyrische Bilder mit fließender weicher Linienführung in warmer Tonalität, unter anderem das Bildnis der "Laura" (1506) oder die "Schlummernde Venus" (um 1509).
Auch Tizians (um 1485-1576) Gemälde bezeugen den vollendeten Umgang mit dem Kolorit, vor allem in den späten Gemälden mit lockerem Pinselstrich scheinen Farbe und Pigmente eine übergeordnete Materialität zu erhalten, so beispielsweise in der Münchner "Dornenkrönung" (um 1570). Großen Ruhm erlangte Tizian außerdem als Porträtmaler. Er schuf lebendige, gleichsam beseelte und hochgradig psychologisch durchdrungene Bildnisse, die dem Betrachter ihre Geschichte erzählen.
Zu den führenden venezianischen Malern der nachfolgenden, eher dem Manierismus zuzurechnenden Generation zählen schließlich Tintoretto und Veronese.