Karl Raupp reist 1869 nach seinem Studium am Frankfurter Städelschen Institut und der Münchner Akademie erstmals zum Chiemsee und besucht dort die Fraueninsel. Die Entdeckung dieser Region, die Landschaft und die Menschen inspirieren den Künstler stark und beeinflussen nachhaltig sein Œuvre. Der "Chiemsee-Raupp", wie er auch genannt wird, verbindet in seinen Werken gekonnt das genaue Naturstudium mit dem oftmals idyllischen Genrebild der Gründerzeit. Neben seiner Tätigkeit als Professor der Naturklasse an der Münchner Akademie seit 1880 und der Gründung der Malerkolonie auf der Fraueninsel ist er auch Mitherausgeber der 1918 erschienenen Künstlerchronik von Frauenchiemsee. Mit seinen Schülern widmet er sich der Plein-air-Malerei, um die Landschaft in all ihren Facetten einzufangen, oftmals mit besonderer Vorliebe für interessante dramatische Wetter- und Lichtstimmungen wechselvoller Bewegung. Etliche seiner Gemälde befinden sich in der Sammlung der Neuen Pinakothek, München, darunter „Aufziehendes Gewitter am Chiemsee“, um 1885. Die besondere Frische einer im Freien entstandenen, schnellen Studie charakterisiert dabei unser ungewöhnliches Hochformat. Die Frische und Feuchtigkeit nach einem sommerlichen Regenguss über dem See, aus dessen spiegelnder blauer Fläche vor den dunstigen Bergen die Fraueninsel auftaucht, sind in diesem atmosphärischen Gemälde wundervoll spürbar. [KT]