Auktion: 315 / Modern Art am 12.06.2007 in München Lot 192

 
Karl Hofer - Sitzender und ein stehender weiblicher Akt


192
Karl Hofer
Sitzender und ein stehender weiblicher Akt, 1930.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 24.000
Ergebnis:
€ 45.600

(inkl. Käuferaufgeld)

Sitzender und ein stehender weiblicher Akt. Um 1930.
Öl auf Leinwand, auf Karton aufgezogen.
Wohlert 900. Rechts unten mit dem ligierten Monogramm "CH", in die nasse Malschicht eingeritzt. 46,5 x 31 cm ( 18,3 x 12,2 in).

Wir danken Herrn Karl Bernhard Wohlert, Karl-Hofer-Dokumentation, Dortmund, für die freundliche Unterstützung

PROVENIENZ: Privatsammlung Baden-Württemberg.

Karl Hofer wird am 11. Oktober 1878 in Karlsruhe als Sohn eines Militärmusikers geboren. Nach einer kaufmännischen Lehre in der Hofbuchhandlung von C.F. Müller beginnt er 1897 ein Studium an der Großherzoglich Badischen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Bis 1901 ist Hofer Schüler von Robert Poetzelberger, Leo von Kalckreuth und Hans Thoma - Lehrer, von denen er wenig Anregungen für sein ambitioniertes "Kunstwollen" erhält. Als Suchender gerät er unter den Einfluss Arnold Böcklins. Im Jahr 1900 bricht Hofer zu einer Studienreise nach Paris auf, wo er die naive Malerei Henri Rousseaus kennenlernt, die ihn besonders beeindruckt. Der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe erschließt ihm nicht nur sehenswerte Pariser Privatsammlungen, sondern macht ihn auch auf Hans von Marées aufmerksam, so dass Hofer sich 1903 entschließt, für einige Jahre nach Rom zu gehen. Seine bis dahin vom Symbolismus in der Nachfolge Böcklins geprägte Malerei verändert sich nun zugunsten einer klassisch-arkadischen Auffassung im Stil Marées. 1904 präsentiert das Kunsthaus Zürich innerhalb der "Ausstellung moderner Kunstwerke" die erste Einzelausstellung Hofers, die danach in erweiterter Form in der Karlsruher Kunsthalle, im Folkwang-Museum in Hagen und 1906 in Weimar gezeigt wird. Ab 1908 lebt Hofer zeitweise in Paris; der dortige Aufenthalt mit der Verarbeitung der Einflüsse Cézannes, der französischen Impressionisten und El Grecos verändern seinen Stil. 1913 übersiedelt der Künstler nach Berlin. Im folgenden Jahr wird Hofer in Frankreich interniert und kehrt erst 1917 nach Deutschland zurück. 1921 nimmt er eine Professur an der Kunstschule in Berlin-Charlottenburg an. Zum 50. Geburtstag findet 1928 eine große Retrospektive in der Kunsthalle Mannheim, der "Berliner Secession" und in der Berliner Galerie von Alfred Flechtheim statt.

Zwei weibliche Akte in stummer Zwiesprache geben tiefe Einblicke in Karl Hofers Gedanken- und Bildwelt. Die zunehmende Entfremdung der Menschen zueinander, ihre Unfähigkeit, offen und vorurteilsfrei miteinander zu kommunizieren, hat der Künstler in seinen Figurenkompositionen mehrfach thematisiert. Ausgehend von sich selbst, der sich vor allem seit Beginn der Nazidiktatur isoliert und vereinsamt findet, sind die Bildthemen sichtlich von dieser Stimmung beeinflusst. Dabei hat Hofer bereits vorher den ihm eigenen Stil einer "sacra conversazione", wie wir sie aus der italienischen Renaissance kennen, gefunden. Befinden sich dort die Heiligen in stummer Unterhaltung, weltentrückt und in sich versunken, so sind Hofers Akte zwar diesseitiger, aber in ihrer Kontemplation ähnlich allem Irdischen fern.

Während des Dritten Reiches wird Hofers Kunst als "entartet" diffamiert, 1933/34 wird er vom Dienst suspendiert und seine Arbeiten 1937 in der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1955 lebt Hofer in Berlin und bekleidet das Amt des Direktors an der Hochschule für Bildende Künste. [KD]

Zustand: Farbfrischer Gesamteindruck. Unbedeutend wellig, partiell mit leichten Bereibungen, vor allem im oberen Drittel. Im Bereich der Haare und zwischen den Beinen der Stehenden mit Überarbeitungen, wohl durch den Künstler selbst.




192
Karl Hofer
Sitzender und ein stehender weiblicher Akt, 1930.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 24.000
Ergebnis:
€ 45.600

(inkl. Käuferaufgeld)