Auktion: 392 / Moderne Kunst am 09.06.2012 in München Lot 46

 
Christian Rohlfs - Kakteenblüte


46
Christian Rohlfs
Kakteenblüte, 1929.
Gouache
Schätzung:
€ 28.000
Ergebnis:
€ 34.160

(inkl. Käuferaufgeld)
Kakteenblüte. 1929.
Aquarell und Gouache.
Nicht bei Vogt. Verso mit dem Nachlassstempel (Lugt 2143a) sowie der Signatur und Datierung von "Frau Christian Rohlfs 1929" (d.i. Helene Rohlfs). Auf Aquarellbütten von P.M. Fabriano (mit Wasserzeichen). 57 x 79,3 cm (22,4 x 31,2 in), blattgroß.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Galerie Utermann, Dortmund 1975.

Am 22. Dezember 1849 wird Christian Rohlfs in Niendorf in Holstein geboren. Während eines zweijährigen Krankenlagers von 1864-66 wird Rohlfs von dem Arzt Dr. Stolle betreut, der die malerische Begabung des Jungen entdeckt und fördert. In dieser Zeit entstehen die ersten Zeichnungen. Auf Anraten und Empfehlung Theodor Storms geht Rohlfs zunächst nach Berlin, dann 1870 an die Kunstakademie in Weimar, um Malerei zu studieren. Ein Beinleiden verschlimmert sich in den kommenden zwei Jahren derart, dass ihm 1873 ein Bein amputiert werden muss. Als Historien- und Genremaler findet Rohlfs die Anerkennung des Großherzogs von Sachsen-Weimar, der ihn jahrelang unterstützt. Seine unabhängige stilistische Entwicklung parallel zur Schule von Barbizon und zum französischen Impressionismus ist ab 1888 zu erkennen. Durch die Vermittlung Henry van de Veldes lernt Rohlfs den Gründer des Folkwang-Museums Karl Ernst Osthaus in Hagen/Westfalen kennen. Dieser überzeugt ihn, 1901 nach Hagen überzusiedeln, um eine von ihm geplante Malschule zu leiten - das Vorhaben scheitert jedoch. Während der Sommeraufenthalte in Soest lernt er 1905 Emil Nolde kennen. Der beginnende Expressionismus der "Brücke", dem im Folkwang-Museum frühe Ausstellungen gewidmet sind, entspricht Rohlfs' eigener Tendenz zu expressiver Gestaltung. Prägt nach der Akademiezeit der Impressionismus das Werk von Christian Rohlfs zwanzig Jahre lang, so findet er als Sechzigjähriger zu einem expressiven Spätstil. Bevorzugt verwendet er Tempera auf Leinwand und Papier, daneben entstehen Aquarelle und Druckgrafik. Zahlreiche Ehrungen belegen die Anerkennung, die seine späten Arbeiten finden.

In der fast zehn Jahre vor seinem Tode geschaffenen "Kakteenblüte" scheint Christian Rohlfs noch einmal alle seine gesammelten Erfahrungen gebündelt zu haben. Nicht nur, dass er die Kaktusblüte überdimensional groß ins Bild bringt und ihr damit eine Wirkung verleiht, die weit über das bisher Gesehene hinausgeht, auch in der Dynamik seiner Pinselarbeit lässt Rohlfs in dieser Gouache die ungeheuren Kräfte frei, die noch in ihm nach Betätigung verlangen. Es wäre sicher falsch in dieser Komposition eine Hinwendung zur Abstraktion zu sehen, so sehr der erste Eindruck dazu auch verführen mag. Rohlfs blieb der Gegenständlichkeit verhaftet, wenn er sie auch neu und auf eine sehr eigene Weise interpretierte. Ganz auf die Kraft der Farbwerte vertrauend, setzt er sie in kühnen Pinselstrichen nebeneinander. Der stark gestische Farbauftrag verschafft der Gouache eine unmittelbare optische Wirkung, die ihresgleichen sucht. Rohlfs ist bereits achtzig Jahre alt, als er das vorliegende Blatt schafft, welches von einer geradezu bewundernswerten Euphorie der Schaffenkraft getragen wird.

1929 wird zum 80. Geburtstag des Künstlers das Christian-Rohlfs-Museum in Hagen gegründet. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wird Rohlfs 1937 aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen. 412 seiner Bilder entfernt man als "entartet" aus deutschen Museen, sein Ausschluss aus der Preußischen Akademie der Künste folgt. Ein Jahr später, am 8. Januar 1938 stirbt Christian Rohlfs in seinem Hagener Atelier. In die Kunstgeschichte geht er als einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Expressionismus ein. [KD].




46
Christian Rohlfs
Kakteenblüte, 1929.
Gouache
Schätzung:
€ 28.000
Ergebnis:
€ 34.160

(inkl. Käuferaufgeld)