Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 304

 

304
Georg Tappert
Kauernder weiblicher Akt, Um 1909.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 60.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Kauernder weiblicher Akt. Um 1909.
Öl auf Leinwand.
Wietek 88. Rechts oben signiert. Verso handschriftlich bezeichnet "42". 89 x 85 cm (35 x 33,4 in). [KD].

Tapperts expressive Darstellungen des weiblichen Aktes gehören zu den gefragtesten Motiven des Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt.

AUSSTELLUNG: Georg Tappert, anlässlich seines 15. Todestages, Kunstamt Wedding, Berlin 1972.
Georg Tappert. Gemälde 1906-1933. Wiederentdeckung eines Expressionisten, BAT-Haus, Hamburg 1977, Kat.-Nr. 4.
Georg Tappert. Ein Berliner Expressionist 1880 bis 1957, Berlinische Galerie, Berlin 1980/81, Kat.-Nr. 3.
Georg Tappert. Das Vermächtnis. Werke der Georg-Tappert-Stiftung. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik, Photographien, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloß Gottorf, Ausstellung in der Dependance Kloster Cismar, 11.6.-22.8.1995, Kat.-Nr. 22, mit Farbabb. S. 78.
Georg Tappert. Deutscher Expressionist, Schloß Gottorf, Schleswig, 20.3.-12.6.2005, Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, 21.7.-23.10.2005, Kat.-Nr. 14, mit Farbabb. S. 56.

LITERATUR: Brigitte Wetzel, Die Künstlerkolonie Worpswede und Georg Tappert, in: Schloß Gottdorf und seine Sammlungen. Jugendstil, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schleswig 1998, Nr. 51, S. 23-25.

Georg Tapperts Weg zur bildenden Kunst beginnt nach einer Schneiderlehre und zwei Berufsjahren, als ihm Max Liebermann, der Präsident der "Berliner Secession", bescheinigt, "daß in demselben Anlagen sind, die des Ausbildens werth wären". Mit diesem Empfehlungsschreiben geht der junge Tappert 1900 an die Karlsruher Akademie, 1903/04 arbeitet er als Assistent von Paul Schultze-Naumburg an dessen Kunstschule Burg Saaleck. In Weimar wird 1904 der "Deutsche Künstlerbund" gegründet, dessen Mitglied auch Tappert wird. Seine frühen Einflüsse kommen von Gauguin, Cézanne und Munch. Bevor der Künstler 1906 nach Worpswede übersiedelt, hält er sich im Jahr 1905 als freier Maler und Grafiker in Berlin auf und zeigt seine Werke in einer ersten Einzelausstellung bei Paul Cassirer. In Worpswede, wo Tappert Paula Modersohn-Becker kennenlernt, gründet er 1907 eine private Kunstschule, deren bedeutendster Schüler Wilhelm Morgner wird. Als Tappert 1909 nach Berlin zurückkehrt, beteiligt er sich an den Secessions-Ausstellungen. Seine Tätigkeit als Kunstlehrer setzt er zusammen mit Moritz Melzer in der neu gegründeten "Schule für freie und angewandte Kunst" fort.

Dem Zeitgeschmack entsprechend, ist der massive weibliche Körper ein beliebtes Sujet der deutschen Kunst am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Spätimpressionisten, allen voran Lovis Corinth, haben ihm ausgiebig gehuldigt. Georg Tappert, der üppige Frauengestalten besonders liebte, hat im hier vorliegenden Werk geradezu exemplarisch seine Bildidee vom weiblichen Körper verwirklicht. Die dichte Drängung des Aktes in ein Quadrat und die verschränkte Haltung des Modells tragen zu einer optischen Wirkung bei, wie sie konzentrierter nicht sein könnte. Noch bestimmen gewisse akademische Grundregeln das Geschehen, die Tappert wie viele seiner Zeitgenossen jedoch bald aufgeben wird. Bei aller Realistik der Formensprache vermittelt der kauernde Akt auch eine Aura weltlicher Genussfreude am schönen Körper, der sich, dem Zeitgeschmack folgend, in makelloser Fülle darbietet.

Die Ablehnung der Werke von 27 Künstlern für die 20. Ausstellung der Berliner Secession - unter ihnen Georg Tappert - führt zur Gründung der "Neuen Secession 1910" und ihrer ersten Ausstellung im Mai desselben Jahres. Nach dem Präsidenten, Max Pechstein, ist Tappert bis zur Auflösung 1914 der 1. Vorsitzende der Vereinigung. Zusammen mit Käthe Kollwitz u.a. ruft er 1911 die Berliner Ausstellung der "Juryfreien" ins Leben und nimmt auch selber daran teil. Bedeutend für Tapperts Kunstschaffen nach dem Militärdienst im Jahr 1918 wird die Gründung der "Novembergruppe". Neue Formen einer volksnahen Kunst sind Ziele der Gruppe, die auch er verfolgt. Mit der Machtergreifung Hitlers beginnt für Georg Tappert eine Zeit der politischen Verfemung. 1937 wird er aus seiner Lehrtätigkeit entlassen, weiteres künstlerisches Schaffen ist ihm untersagt, so dass sein Weg in die innere Emigration führt. 1945 widmet sich der 65-Jährige mit großem Einsatz dem Wiederaufbau der Hochschule für Kunsterziehung. Am 17. November 1957 stirbt Georg Tappert in Berlin.




304
Georg Tappert
Kauernder weiblicher Akt, Um 1909.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 60.000

(inkl. Käuferaufgeld)