Auktion: 419 / Klassische Moderne am 05.12.2014 in München Lot 333

 

333
Ernst Ludwig Kirchner
Zwei Mädchen bei der Toilette, Um 1909.
Kreide
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Zwei Mädchen bei der Toilette. Um 1909.
Farbige Kreide.
Auf Velin. 32 x 25,5 cm (12,5 x 10 in), Blattgröße.
[EH].

Dieses Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert.

PROVENIENZ: Aus dem Nachlass des Künstlers (verso mit dem Nachlassstempel, Lugt 1570b, dort mit der handschriftlichen Nummerierung "FS Dre/Bi 25").
Galerie Wolfgang Ketterer, München, 3. Auktion, 6./7. Juni 1970, Lot 652 (mit Abb.).
Privatsammlung Süddeutschland.

Nach dem Abschluss eines Architekturstudiums in Dresden, während dem Ernst Ludwig Kirchner Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff kennenlernt und mit diesen bereits künstlerisch zusammenarbeitet, entscheidet sich Kirchner gegen den Wunsch seines Vaters ganz für die Malerei. Der intensive Austausch der vier Freunde führt 1905 zur Gründung der Künstlergemeinschaft "Brücke" mit dem Ziel "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich zu ziehen" (Schmidt-Rottluff). Die Künstler beginnen mit den "Viertelstundenakten", den Zeichnungen nach Aktmodellen im Atelier oder in der Natur.

In diesem Blatt findet sich ein schönes Beispiel der akzentuierten Farbgebung, verbunden mit dem raschen Einfangen des Momentes. Verschiedentlich sind Blätter der Zeit in dieser Farbskala bekannt. Typisch für die Dresdner Zeit sind solche Studien der Modelle im Atelier, die durch ihre Zufälligkeit bestechen. Mit kräftigen Strichen gibt Kirchner die Körperformen vor und zeigt uns die in ihr Gespräch und ihr Handeln versunkenen Modelle.

Die "Brücke"-Künstler orientieren sich zunächst an den Künstlern des Spätimpressionismus. Die Entdeckung der Fauves, der Südsee-Kunst und van Goghs führt die Maler zum Expressionismus. Infolge der Begegnung mit der Kunst der italienischen Futuristen verändert sich der Malstil der Gruppe um 1910, er wird "härter". Ernst Ludwig Kirchner studiert die Plastiken im Dresdner Völkerkundemuseum und fertigt unter diesem Eindruck selbst Holzplastiken. 1911 übersiedelt Kirchner nach Berlin. Die Großstadt bietet ihm eine Fülle neuer Motive, die er in vereinfachten, scharf konturierten Formen, expressiven Zügen und grellen Farbkontrasten umsetzt. Diese Großstadtbilder werden zu Inkunabeln des Expressionismus und machen Ernst Ludwig Kirchner zu einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die folgenden Jahre bedeuten einen Wendepunkt in Kirchners Leben. Die Kriegsereignisse und der Militärdienst stürzen Kirchner in existenzielle Angst, führen letztlich zu Krankheit und langen Sanatoriumsaufenthalten. Um so bemerkenswerter ist seine künstlerische Produktion in dieser Zeit. Es entstehen Werke wie der Holzschnitt "Frauen am Potsdamer Platz", die "Bilder zu Chamissos Peter Schlemihl", die Selbstporträts und Holzschnittbildnisse aus den Sanatorien, die zu den Höhepunkten seines Œuvres zählen. 1917 lässt sich Ernst Ludwig Kirchner in Frauenkirch bei Davos nieder. Den Großstadtbildern folgen nun Gebirgslandschaften und Darstellungen ländlichen Lebens. Um 1920 beruhigt sich seine expressive Malweise, die Bilder erhalten eine teppichhafte Flächigkeit. Daneben entsteht ein bedeutendes grafisches Werk in Form von Holzschnitten, Lithografien und Federzeichnungen. 1923 zieht Ernst Ludwig Kirchner in das "Haus auf dem Wildboden" am Eingang zum Sertigtal, wo Kirchner bis zu seinem Freitod im Jahr 1938 lebt und arbeitet.




333
Ernst Ludwig Kirchner
Zwei Mädchen bei der Toilette, Um 1909.
Kreide
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 25.000

(inkl. Käuferaufgeld)