Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 16

 

16
Käthe Kollwitz
Sitzender weiblicher Akt, 1904.
Kohlezeichnung
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 27.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Sitzender weiblicher Akt. Um 1904-1906.
Kohlezeichnung.
Nagel/Timm 323. Rechts unten signiert. Auf Ingres-Bütten (mit Wasserzeichen "MBM (France)"). 54 x 45,4 cm (21,2 x 17,8 in), Blattgröße.

PROVENIENZ: Amstel Gallery Collection, Amsterdam.
Privatsammlung Süddeutschland.

Käthe Schmidt wächst in Königsberg auf, wo der Vater die vom Großvater (mütterlicherseits) Julius Rupp gegründete, freireligiöse Gemeinde Deutschlands weiterleitet. Der Vater, selbst Bauunternehmer, erkennt schon früh die zeichnerische Begabung seiner jüngsten Tochter und ermöglicht ihr 1881 eine Ausbildung bei dem Kupferstecher Rudolf Mauer und später bei dem Maler Emil Neide. Mit 17 Jahren bewirbt sich Käthe Kollwitz an der Künstlerinnen-Schule in Berlin, wo sie bei Karl Stauffer-Bern studiert. Ihr Lehrer macht sie mit den Grafiken Max Klingers vertraut. Diese und Klingers Veröffentlichung "Malerei und Zeichnung" erweisen sich für die junge Künstlerin als stark prägend. Zwischen 1888 und 1889 erhält sie die Möglichkeit, in München bei Ludwig Heterich zu studieren. 1890 nach Königsberg zurückgekehrt, beschäftigt sie sich erstmals intensiv mit der Radierung und heiratet ein Jahr später den Arzt Dr. Karl Kollwitz, mit dem sie nach Berlin zieht. Als Käthe Kollwitz im Jahr 1893 die Uraufführung von Gerhard Hauptmanns "Die Weber" sieht, beginnt sie mit der Arbeit an dem gleichnamigen Radierzyklus, der 5 Jahre später auf der "Großen Berliner Kunstausstellung" Aufmerksamkeit erregt und für die Auszeichnung der kleinen goldenen Medaille vorgeschlagen wird. Von 1898 bis 1903 lehrt Käthe Kollwitz an der Berliner Künstlerinnen-Schule Grafik und Zeichnen. In dieser Zeit beginnt sie mit der Arbeit an einer neuen Radierfolge, die als logische Fortsetzung gilt: dem "Bauernkrieg". Darin schildert sie mit großem sozialkritischen Engagement Armut, menschliches Leid, Krieg und Tod. 1901 reist sie erstmals nach Paris. Nach Beendigung ihrer Lehrtätigkeit reist die Künstlerin erneut 1904 nach Paris, wo sie die Bildhauerklasse der Académie Julian besucht und Auguste Rodin kennenlernt.

Von dieser Reise bringt Käthe Kollwitz eine Reihe von Kohle-, Kreide- und Pastellarbeiten mit, die einen lockereren, freier geführten und zugleich souveräneren Strich aufweisen, als ihre bisherigen Zeichnungen. Diese neue zeichnerische Qualität macht den besonderen Reiz des vorliegenden weiblichen Aktes aus. Die flüssigen Konturen der präzise erfassten Anatomie des Modells füllt Kollwitz mit schnell und sicher gesetzten Schattierungen und unterstreicht durch die feinfühlige, weiche Modulierung die sinnliche Anmut des weiblichen Körpers.

Der Villa-Romana-Preis ermöglicht ihr 1907 einen einjährigen Studienaufenthalt in Florenz. Der Tod ihres jüngeren Sohnes zu Beginn des Ersten Weltkrieges motiviert Kollwitz zur Holzschnittfolge "Der Krieg". Anlässlich ihres 50. Geburtstags erhält Käthe Kollwitz zahlreiche Ehrungen und Preise und wird durch mehrere Ausstellungen gefeiert. Paul Cassirer zeigt in Berlin eine umfassende Werkschau mit an die 200 Radierungen, Lithographien und Zeichnungen. Zwei Jahre später wird die Künstlerin Professorin an der Preußischen Akademie der Künste und übernimmt 1928 die Leitung des Meisterateliers für Grafik. Nach der Machtergreifung 1933 erzwingen die Nationalsozialisten Käthe Kollwitz' Austritt aus der Akademie und bereits drei Jahre später werden einige Werke der Künstlerin aus öffentlichen Ausstellungen entfernt, jedoch gelten sie nie als "entartet". Der Krieg veranlasst die Künstlerin erst nach Nordhausen und danach nach Moritzburg in Sachsen überzusiedeln. Währenddessen werden ihre Wohnung und das Berliner Atelier durch Bombenangriffe zerstört. Käthe Kollwitz stirbt acht Tage vor Kriegsende in Moritzburg. [DB]




16
Käthe Kollwitz
Sitzender weiblicher Akt, 1904.
Kohlezeichnung
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 27.500

(inkl. Käuferaufgeld)