Auktion: 406 / Moderne Kunst am 08.06.2013 in München Lot 47

 

47
Erich Heckel
Handstand, 1921.
Lithografie
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 46.360

(inkl. Käuferaufgeld)
Handstand. 1921.
Lithografie, monotypieartig koloriert.
Dube L 266b. Signiert, datiert, betitelt und bezeichnet "Farbdruck". Eines von bisher 5 bekannten kolorierten Exemplaren, von denen erst ein weiteres auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten wurde. Das Vorliegende ist von besonderer Farbintensität. Auf festem Bütten. 27 x 21,7 cm (10,6 x 8,5 in). Papier: 50,5 x 30 cm (19,7 x 11,8 in).
Die kolorierten Exemplare unterscheiden sich alle farblich, da Heckel vor jedem Abdruck die Farben mit dem Pinsel neu auf den Stein aufgetragen hat.

Die Arbeit ist im Erich Heckel Nachlass, Hemmenhofen am Bodensee, verzeichnet. Wir danken Frau Renate Ebner und Herrn Hans Geissler für die freundliche Auskunft.

PROVENIENZ: Privatsammlung Europa.

1904 beginnt Erich Heckel ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Dresden, doch gibt er dieses schon ein Jahr später wieder auf. Als sich Heckel 1905 mit seinen Künstlerfreunden Karl Schmidt-Rottluff, Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner zur Künstlergruppe "Brücke" zusammenschließt, wird der Weg zum Expressionismus geebnet. Wenig später schließen sich Max Pechstein, Emil Nolde und Otto Mueller der Gemeinschaft an. Der Künstler widmet sich nun verschiedenen Drucktechniken wie dem Holzschnitt, der Lithografie und der Radierung. Landschaften von strahlender Farbigkeit entstehen. Im Herbst des Jahres 1911 übersiedelt Heckel nach Berlin und lernt hier auch die Künstler des „Blauen Reiters“ Franz Marc und August Macke sowie Lyonel Feininger kennen. 1912 fertigt Heckel mit Kirchner zusammen die Ausmalung der Kapelle der Sonderbund-Ausstellung in Köln. Ein Jahr später wird die "Brücke" aufgelöst, eine erste Sonderausstellung der Werke Heckels findet bei Gurlitt in Berlin statt. Im Ersten Weltkrieg arbeitet Heckel als Pfleger beim Roten Kreuz in Flandern, anschließend lebt er wieder in Berlin, das bis Anfang 1944 sein Hauptwohnsitz bleibt. Die Sommer allerdings verbringt Heckel vorwiegend an der Flensburger Förde. Zahlreiche Reisen führen Heckel u.a. auch in die Alpen, nach Südfrankreich, Nordspanien und Norditalien.

„Die 'Brücke-Künstler' sahen sich […] in Opposition zu den 'alteingesessenen Kräften' und suchten nach Lebensformen und nach einem Kunstausdruck jenseits des Altbekannten und der bürgerlichen Zwänge. Starke Anregungen fanden sie dabei bei den außereuropäischen Kulturen; fast genauso wichtig war jedoch auch die Welt des Theaters, des Zirkus, der Clowns und Artisten. Auch dies war ein Lebensbereich außerhalb des wohlgeordneten Umfelds der als spießig und altmodisch empfundenen Bürger. Die Akteure aus Variété und Theater waren ebenfalls Künstler und lebten ein Dasein fern der Konventionen, in der schillernden Sphäre von Abend und Nacht, im bunten Zwischenstadium zwischen Schein und Sein. So ist die geradezu magische Faszination der jungen 'Brücke'-Künstler für diesen Motivkreis keine Überraschung. […] Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel besuchten in Dresden mit Begeisterung und großer Häufigkeit Variététheater, wie den 'Wintergarten', das 'Flora-Variété' oder das 'El Dorado' sowie die Zirkusse Schuhmann und Sarrasani. Hier studierten sie mit Feder, Kreide oder Zeichenstift die schwungvollen Tänze, waghalsige Sprünge und die artistische Körperbeherrschung der Aktricen. […] Wie eng das Leben der 'Brücke'-Künstler mit der Theaterwelt verknüpft war und wie häufig, gar regelmäßig die Künstler in diesem Milieu ein- und ausgingen, verrät auch die Tatsache, daß die Lebensgefährtinnen, respektive späteren Ehefrauen sowohl Kirchners wie auch Heckels Tänzerinnen waren.“ (Janina Dahlmanns, in: Ausst. Kat. Brücke. Die Geburt des deutschen Expressionismus, Brücke-Museum Berlin 2006, S. 319 ff.).

1937 werden 729 Arbeiten des Künstlers in deutschen Museen beschlagnahmt, im Jahr vor Kriegsende zerstören Fliegerbomben sein Atelier in Berlin. Alle Druckstöcke und zahlreiche andere Arbeiten werden dabei vernichtet. Heckel zieht daraufhin nach Hemmenhofen an den Bodensee. 1949 erhält er einen Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe, den er bis zum Jahr 1955 innehat. 1953 finden anlässlich des siebzigsten Geburtstages von Erich Heckel Einzelausstellungen in zahlreichen Städten Deutschlands statt, in gleicher Weise ehrt man den Künstler zum achtzigsten Geburtstag. Heckel, einer der Hauptvertreter des Deutschen Expressionismus, erhält überdies weitere Ehrungen und Preise, so den Kunstpreis der Stadt Berlin (1957), des Landes Nordrhein-Westfalen (1961) sowie das Große Bundesverdienstkreuz (1956). Heckel stirbt 1970 am Bodensee. [CB].




47
Erich Heckel
Handstand, 1921.
Lithografie
Schätzung:
€ 30.000
Ergebnis:
€ 46.360

(inkl. Käuferaufgeld)