Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 388

 

388
Pablo Picasso
Le Corsage à Carreaux, 1949.
Lithografie
Schätzung:
€ 28.000
Ergebnis:
€ 48.800

(inkl. Käuferaufgeld)
Le Corsage à Carreaux. 1949.
Lithografie.
Bloch 601. Mourlot 175 bis. Signiert und nummeriert. Im Stein datiert. Aus einer Auflage von 50 Exemplaren. Auf Velin von Arches (mit Wasserzeichen). 65 x 49,5 cm (25,5 x 19,4 in), etwa blattgroß.

Die Neigung zur Kunst wird Pablo Picasso schon von seinem Vater, der Kunstprofessor an der Akademie in Barcelona ist, in die Wiege gelegt. Picassos Gemälde aus den frühen Pariser Jahren zeigen Einflüsse von Toulouse-Lautrec, Daumier und Gauguin. Die Auseinandersetzung mit Jugendstil und Symbolismus führen Picasso zum Stil seiner "Blauen Periode", in der der elende, magere, leicht anämische Mensch zum Bildthema wird. Es dominiert der Pessimismus der Fin-de-Siècle-Stimmung. Anders zeigt sich die folgende "Rosa Periode", die im Umfeld eines innovativen Künstlerkreises in Paris zu neuen Ausdrucksformen führt. Arbeiten in zarten Pastelltönen entstehen, die oftmals Szenen aus der Zirkuswelt zeigen. Die "Demoiselles d'Avignon" aus dem Jahr 1907 markieren den Auftakt zu seiner kubistischen Periode, mit der er den klassischen Formenkanon sprengt. Die von 1909 bis 1912 entstandenen Werke zählt man zum analytischen Kubismus: die Bildoberfläche wird in rhythmisch geordnete Flächenteile zergliedert. Nach einer realistischen Phase um 1915 und der Beschäftigung mit dem Ballett Diaghilews 1917 gelangt Picasso zu einem neoklassizistischen Stil. Den nächsten Wendepunkt markiert das 1937 entstandene Werk "Guernica". Es entsteht als Auftragswerk für den spanischen Pavillon der Pariser Weltausstellung und kritisiert damit vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Luftangriffe der Franco-freundlichen deutschen Legion Condor während des spanischen Bürgerkriegs auf das baskische Dorf Guernica. Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht sich Picasso nach Südfrankreich zurück und beginnt um die Mitte der vierziger Jahre mit der Gestaltung und Bemalung von Keramiken; dazu entsteht ein Großteil seiner grafischen Arbeiten: Zeichnungen, Lithografien, Radierungen und Linolschnitte. Er erarbeitet zahlreiche Zyklen, in denen er Motive seiner eigenen früheren Bilderwelt mit historischen Vorbildern von Delacroix, Velázques und Manet kombiniert.

Inspiriert von Porträts der Renaissance, es ist die Zeit in der sich Picasso intensiv mit Gemälden von Lucas Cranach d.Ä. auseinandersetzt, erschafft er Ende der 1940er Jahre eine Reihe großformatiger Frauenporträts, nahezu ausschließlich in Frontalansicht. Wie immer wenn Picasso sich intensiv mit einer grafischen Technik beschäftigt, nutzt er alle Möglichkeiten, die ihm in dieser Technik möglich erscheinen. Das vorliegende Blatt ist ein Beweis für die Vielfalt der technischen Möglichkeiten, die Picasso allein bei der Gestaltung dieser Lithographie nutzt. Neben der Federlithografie sind es die kräftigen Pinsellagen, mit der die Lithotusche aufgetragen wird, die sofort ins Auge fallen. Darunter allerdings liegt ein sanfter Grund aus zart modellierenden Kreidestrichen, die einer nivellierenden Wirkung wegen wohl mit dem Finger verrieben wurden. Das Ergebnis ist ein ausdrucksstarkes Porträt, das in seiner Gesamtwirkung neben reiner Flächenwirkung eine ausgesprochen malerische Komponente zeigt. Nicht nur im Umfang, auch in der Bildsprache und nicht zuletzt in der fulminanten Beherrschung der Techniken hat Pablo Picasso eines der wichtigsten grafischen Werke des zwanzigsten Jahrhunderts geschaffen, wenn nicht das bedeutendste überhaupt.

Picasso gilt als Inbegriff des modernen Künstlers, der stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen ist. Sein gewaltiges Œuvre ist widerspruchsvoll, sprengt alle akademischen Fesseln und wirkt bahnbrechend für die Freiheit der nachfolgenden Kunst. [KD].




388
Pablo Picasso
Le Corsage à Carreaux, 1949.
Lithografie
Schätzung:
€ 28.000
Ergebnis:
€ 48.800

(inkl. Käuferaufgeld)