Auktion: 409 / Klassische Moderne und Seitenwege der dt.Avantgard am 06.12.2013 in München Lot 31

 

31
Hermann Max Pechstein
Im Tanzcafé, 1910.
Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 56.120

(inkl. Käuferaufgeld)
Im Tanzcafé. 1910.
Farbige Kreidezeichnung und Tuschfeder über Bleistift.
Verso signiert und bezeichnet "Mit den besten Grüssen Ihr ergebener M. Pechstein.". Auf einer Blanko-Postkarte. 14 x 9 cm (5,5 x 3,5 in), blattgroß.
Postkarte an die Hamburger Fotografin Minya Diez-Dührkoop, gestempelt "29.10.10 Wilmersdorf bei Berlin".

Wir danken Herrn Alexander Pechstein, Max Pechstein-Urheberrechtsgemeinschaft, für die freundliche wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ: Privatsammlung Süddeutschland.

Schon früh wird das künstlerische Talent Hermann Max Pechsteins erkannt und gefördert. Sein Werdegang, erst als Lehrling bei einem Zwickauer Malermeister, dann in der Dresdner Kunstgewerbeschule und schließlich an der dortigen Akademie bei dem Dekorationsmaler Otto Gußmann, verhilft Pechstein zu einem soliden handwerklichen Können. Als er 1906 für die Dresdner Kunstgewerbeausstellung ein Deckenbild in so unkonventioneller Farbigkeit malt, dass es der Auftraggeber durch graue Spritzer dämpfen lässt, wird Erich Heckel auf Pechstein aufmerksam und holt ihn schließlich in die ein Jahr zuvor gegründete Künstlervereinigung "Brücke", welche sich zum Ziel eine dem Impressionismus entgegengesetzte, aus der Kraft der Farbe kommende Malerei gesetzt hatte und "alle revolutionären und gärenden Kräfte an sich [..] ziehen wollte" (Schmidt-Rottluff). Im Umfeld der "Brücke"-Mitglieder entwickelt sich der expressionistische Stil Pechsteins nun weiter, wobei es sein Ziel ist, mit wohldosiertem Einsatz malerischer Mittel den motivischen Kernpunkt herauszuarbeiten. 1908 lässt sich Pechstein in Berlin nieder und wird dort zum Mitbegründer der Neuen Sezession. Er schafft Figurenbilder, Stillleben und Landschaften in einem gemäßigt expressionistischen Stil, der zu dem frühen und langanhaltenden Erfolg des Künstlers führt.

Die Sitte sich Postkarten mit Zeichnungen zu schicken ist für fast alle Maler des Expressionismus belegt. In einer Zeit, in der das Telefon noch nicht den Stellenwert einnehmen konnte, den es heute hat, war die Post der präzise Überbringer von Nachrichten privater und geschäftlicher Natur. Wie pfleglich die Post mit den ihr anvertrauten Karten umging, kann am guten Erhaltungszustand dieser Postkarte nachvollzogen werden. Die kleinen bebilderten Mitteilungen sind gerade wegen ihrer geringen Größe als wahre Meisterwerke komprimierter Gestaltung zu betrachten. In der Frische der Auffassung und ihrer zeichnerischen Dichte sind sie kleine Preziosen im umfangreichen zeichnerischen Werk von Hermann Max Pechstein.

1937 wird Hermann Max Pechstein als "entarteter Künstler" diffamiert. Ab 1945 dann lehrt er an der Berliner Akademie der Künste. Neben der Malerei entsteht im Bereich der Grafik ein Werk mit mehr als 850 Holzschnitten, Lithografien und Radierungen. [KD].




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Hermann Max Pechstein
Im Tanzcafé, 1910.
Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 14.000
Ergebnis:
€ 56.120

(inkl. Käuferaufgeld)