Auktion: 415 / Klassische Moderne am 06.06.2014 in München Lot 360

 

360
George Grosz
Junge Generation, Um 1932.
Aquarell
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 34.160

(inkl. Käuferaufgeld)
Junge Generation. Um 1932.
Aquarell über Federzeichnung in roter Tinte.
Links unten signiert. Am Unterrand betitelt und bezeichnet "No. 10". Auf festem Velin von Fabriano (mit Wasserzeichen). 63,7 x 48 cm (25 x 18,8 in), Blattgröße. [KD].

Farbfrisches, gesellschaftskritisches Aquarell aus den frühen dreißiger Jahren.
Die vorliegende Arbeit wird von Herrn Ralph Jentsch, Rom, in den in Vorbereitung befindlichen Œuvrekatalog der Arbeiten auf Papier aufgenommen.

PROVENIENZ: Privatsammlung Italien.

AUSSTELLUNG: Le carte di Grosz, Fondazione L'Arsenale, Iseo (Brescia), 25. November 1995 - 7. Januar 1996, Ausst.Kat. mit Farbabb. S. 48.

LITERATUR: Vgl. Peter-Klaus Schuster (Hrsg.), George Grosz. Berlin - New York, Berlin 1995, S. 515, Nr. 124, Skizzenbücher, Prerow 1931/7 (Abb. Mann mit Gummikrokodil, Bleistift und Aquarell) sowie Christine Fischer-Defoy (Hrsg.): George Grosz am Strand. Ostsee-Skizzen, Berlin 2001, S. 127 (Abb. Vorzeichnung).

George Grosz - 1893 als Georg Ehrenfried Groß in Berlin geboren - wächst in der pommerschen Stadt Stolp auf, deren architektonische Ansichten er in Studien bereits 1907/08 festhält. Der Zeichenlehrer erkennt die Begabung und bereitet das junge Talent auf den Eintritt in die Königliche Kunstakademie Dresden vor. Nach einem zweijährigen Studium erhält Grosz dort 1911 das abschließende Ehrenzeugnis. Im Anschluss wird er an der Kunstgewerbeschule in Berlin Schüler von Emil Orlik. Erstmals tauchen in Skizzenbüchern die für Grosz typischen Straßen- und Caféhaus-Szenen auf. 1913 verbringt der Künstler einige Monate in Paris, wo er in der Malschule Colarossi zeichnet. 1914 und 1917 leistet Grosz jeweils für kurze Zeit Kriegsdienst, wird aber schließlich als dienstunbrauchbar entlassen. In diesen Jahren erscheinen bereits in verschiedenen Zeitschriften literarische Beiträge und Zeichnungen des Künstlers, die Grosz in der Kunstwelt bekannt machen. Als Illustrator arbeitet er in den zwanziger Jahren für den "Ulk", die "Lustigen Blätter", für Flechtheims "Querschnitt", die kommunistische satirische Wochenschrift "Der Knüppel" und von 1926 bis 1932 für den "Simplicissimus". Unter Grosz' wesentlicher Mitarbeit erscheinen darüber hinaus mehrere Zeitschriften wie z.B. 1919 in Berlin "Die Pleite", "Der Gegner" und "Der blutige Ernst". In diesem Jahr veranstalten Grosz, Hausmann und Heartfield zusammen die erste Berliner Dada-Messe. Eine dort gezeigte Mappe mit dem Titel "Gott mit uns" bringt Grosz einen Prozess wegen Beleidigung der Reichswehr ein. Eine weitere Anklage erfolgt 1923 wegen "Angriffs auf die öffentliche Moral" in der Folge "Ecce Homo". 1928 kommt es zu einem dritten Prozess, in dem Grosz in der Folge "Hintergrund" Gotteslästerung vorgeworfen wird.

Eine Grundlage für die gesellschaftskritischen Werke von George Grosz sind seine Skizzen des alltäglichen Lebens, die er in Skizzenbüchern festhielt. Sie sind der Fundus, auf den Grosz immer wieder zurückgreift. So auch in unserem Aquarell, in dem die Skizze mit dem zum Strand gehenden Mann, der ein Gummikrokodil trägt, um eine Begleiterin ergänzt wird. Den eigentlichen Kontrast in dieser Szene hat Grosz allerdings mit der schreitenden blonden Maid geschaffen, die selbstbewusst die Reichsflagge trägt. Sie weist sich bis auf Sandalen und Söckchen als treue Gefolgschaft einer kommenden Generation von Reichstreuen aus, die bewusst im Gegensatz zu den harmlosen Badegästen zu sehen ist. George Grosz sah immer die latente Gefahr, die überall lauerte, und hat sie oft grob, jedoch meistens sehr subtil visualisiert, wie hier in den Farben der Fahne, die im Gegensatz zur Nationalflagge der Weimarer Republik die rückwärtsgerichtete Gesinnung ihrer Trägerin symbolisieren.

1932 hält sich Grosz als Gastdozent an der Kunstschule Art Students League in New York auf, bevor er 1933 endgültig dorthin übersiedelt. An dieser Schule unterrichtet er bis 1955, eröffnet aber daneben mit Maurice Sterne eine eigene Kunstschule. 1937 werden insgesamt 285 Werke von Grosz aus deutschen Museen entfernt, einige Arbeiten sind in der Ausstellung "Entartete Kunst" zu sehen. Grosz wird von den Nationalsozialisten ausgebürgert und erhält daraufhin die amerikanische Staatsbürgerschaft. Ein erster längerer Aufenthalt in Deutschland erfolgt erst wieder im Jahr 1954, die endgültige Rückkehr nach Berlin findet 1959, dem Todesjahr des Künstlers, statt.




360
George Grosz
Junge Generation, Um 1932.
Aquarell
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 34.160

(inkl. Käuferaufgeld)