Auktion: 416 / Kunst nach 45 / Zeitgenössische Kunst am 07.06.2014 in München Lot 709

 

709
Emil Schumacher
Boléra, 1957.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 58.560

(inkl. Käuferaufgeld)
Boléra. 1957.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten signiert und datiert. Verso signiert, datiert und betitelt. Auf dem Keilrahmen datiert "29. II. 57". Mit einem als Querformat ausgerichtetem Richtungspfeil und den Bezeichnungen "oben" und "Labyrinth". 95 x 70 cm (37,4 x 27,5 in).
In original Künstlerleiste. [JS].
Die frühen informellen Gemälde Schumachers gehören zu den begehrtesten Werken des Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt.
Wir danken Herrn Dr. Ulrich Schumacher, Emil Schumacher Stiftung Hagen, für die wissenschaftliche Beratung. Die Arbeit ist im Archiv unter der Nummer "0/3.746" registriert.

PROVENIENZ: Privatsammlung Baden-Württemberg.

Der 1912 im westfälischen Hagen geborene Emil Schumacher beginnt im Alter von 20 Jahren ein dreijähriges Studium an der Kunstgewerbeschule in Dortmund. Er ist ab 1935 als freier Maler tätig, 1947 gründet Schumacher mit einigen Malerkollegen die Künstler- und Ausstellungsvereinigung "junger westen". Ab 1950 findet ein radikaler Umbruch in Schumachers Werk statt. Er verabschiedet den Gegenstand als Bildmotiv und entscheidet sich für die Ausdruckskraft der Malerei selbst. Die Farbe wird zunehmend zu einem eigenen Bildfaktor. Dieser biografisch-künstlerische Vorgang vollzieht sich vor dem Hintergrund eines Zeitstils, der von der französischen École de Paris, dem Tachismus und vom amerikanischen Action Painting geprägt ist. Ist die Abstraktion einerseits Zeitzeichen, so wird sie für Schumacher andererseits zum Merkmal seiner persönlichen Handschrift, seines Stils.

Ab 1950 findet ein radikaler Umbruch in Schumachers malerischem Œuvre statt, das sich zunehmend vom Gegenstand als Bildmotiv verabschiedet und sich für die Ausdruckskraft der Malerei selbst entscheidet. Dieser stilistische Wandel vollzieht sich vor dem Hintergrund eines Zeitstils, der von der französischen École de Paris, dem Tachismus und vom amerikanischen Action Painting geprägt ist. Schumacher fügt dem eigentlichen Malmittel, der Farbe, Sand hinzu, um die größtmögliche Materialität zu erreichen. Durch die pastosen Malmittel wird der Dualismus von Grund und malerischer Form aufgehoben und die kompositionelle Gliederung zugunsten einer homogenen Farbschicht in den Hintergrund gedrängt. Schumacher breitet ein an verkrustete Lehm- und Erdschichten erinnerndes Relief vor dem Betrachter aus und generiert auf diese Weise eine Bildsprache, deren kraftvoller Ausdruck von ihrer haptischen Präsenz getragen wird.

Ab Mitte der 1950er Jahre erfährt er als einer der bedeutendsten Vertreter des Informel international hohe Anerkennung. Schumachers Werk wird durch zahlreiche internationale Preise ausgezeichnet, von denen die Verleihung des Guggenheim-Awards in New York 1958 nur der Auftakt ist. Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre experimentiert Schumacher mit einem rigorosen Aktionismus, der sich vor allem in den "Hammerbildern" ausdrückt. Die Verletzung und Beschädigung des Bildträgers bieten ihm die Möglichkeit, Zerstörung selbst als bildnerisches Mittel in der Kunst einzusetzen. Seit der Teilnahme an der documenta III in Kassel 1964 entstehen bis in die 1980er Jahre extrem großformatige Bilder, in denen sich eine eminente malerische Freiheit manifestiert. 1966 nimmt Schumacher eine Professur in Karlsruhe an und geht 1967 für ein Jahr als Gastprofessor an die Universität in Minneapolis/USA. 1998 ehrt ihn der Bundestag mit einem Auftrag für ein Wandgemälde im Berliner Reichstagsgebäude. Ein Jahr nach der großen Retrospektive in München stirbt Emil Schumacher am 4. Oktober 1999 in San José.




709
Emil Schumacher
Boléra, 1957.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 58.560

(inkl. Käuferaufgeld)