Auktion: 468 / Klassische Moderne I am 09.06.2018 in München Lot 709

 

709
Emil Nolde
Mädchen mit blauem Haar, Ca. 1920/1925.
Aquarell
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 162.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Mädchen mit blauem Haar. Ca. 1920/1925.
Aquarell.
Rechts unten signiert. Auf Japan. 46,5 x 35,7 cm (18,3 x 14 in) , Blattgröße.

Mit einer Fotoexpertise von Prof. Dr. Manfred Reuther, ehemaliger Direktor der Stiftung Ada und Emil Nolde, Klockries, vom 2. Mai 2018. Die Arbeit ist in seinem Archiv unter der Nummer "Nolde A - 82/2018" registriert.

PROVENIENZ: Galerie Vömel, Düsseldorf.
Sammlung Dr. Hugo und Madeleine Simons, Rheinland, später Montreal, Kanada (vom Vorgenannten zwischen 1926 und 1933 erworben, seitdem in Familienbesitz).

AUSSTELLUNG: Die Sammlung Simons, Goethe-Haus, Montreal 1964.

"Was sind Gesetze? Was ist Willkür und Zügellosigkeit? Jeder wirkliche Künstler schafft neue Werte, neue Schönheit, und es entstehen neue Gesetze [..]. Das Neue und Schöne, was er bringt, wird, weil es sich den bisherigen Gesetzen nicht unterordnen lässt, als 'Willkür', als 'Zügellosigkeit' bezeichnet. Das sind die Vorwürfe, unter denen jede Genialität zu leiden hat."
Emil Nolde (zit. nach: Hans Fehr, Emil Nolde - Ein Buch der Freundschaft, S. 42, 1957)

Die Porträts von Emil Nolde vermitteln viel von der Lebenseinstellung des Malers. Fast menschenscheu, wie er mit seiner Frau Ada in Seebüll lebt, hat er doch hin und wieder Porträts gemalt, meist junge Frauen, die vor einem imaginären Hintergrund groß und geheimnisvoll die Bildfläche füllen. So anonym die Porträtierten geblieben sind, so mystisch verklärt, wie Nolde sie sieht, sind sie unnahbar und präsent zugleich. Am 9. Oktober 1926 schreibt Emil Nolde: "Es ist der Künstler ein sensibles lärmscheues Wesen, oft leidend, sich verzehrend in Sehnsucht. Menschen sind fast alle seine Feinde, die Freunde, seine Nächsten die schlimmsten. Hinter Mauern lebt der Künstler, zeitlos, selten im Flug, oft im Schneckenhaus. Seltsames, tiefstes Naturgeschehen liebt er, aber auch die helle offene Wirklichkeit, die ziehenden Wolken, blühende glühende Blumen, die Kreatur. Unbekannte, ungenannte Menschen sind seine Freunde" (zit. nach: Ernst Gosebruch, Emil Nolde, Lübeck 1947, S. 2). Etwas von dieser schmerzhaft empfundenen Weltflucht lässt sich auch in seinen Porträts erkennen. Fast entrückt wirkt die Dargestellte, hervorgerufen durch die fast nur in Umrissen festgehaltene Gestalt.Das Bildnis des Mädchens ist unmittelbar aus dem freien Fluss der Farben ohne Vorzeichnung oder grafische Elemente gewachsen. Die zarte Farbigkeit und das zum Teil weiß gelassene Blatt als gewolltes Gestaltungsmittel unterstreichen die Fragilität der Dargestellten. Sie dominiert eine Komposition, der es an Eindringlichkeit der Gestaltung nicht mangelt. Nolde beweist auch hier seine Souveränität im Umgang mit dem Aquarell, das in einer für Nolde ungewöhnlich leichten Erscheinung seine Erfüllung findet. [SM]



709
Emil Nolde
Mädchen mit blauem Haar, Ca. 1920/1925.
Aquarell
Schätzung:
€ 90.000
Ergebnis:
€ 162.500

(inkl. Käuferaufgeld)