Auktion: 474 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 23.11.2018 in München Lot 102

 

102
Franz von Stuck
Porträt der Tochter Mary, Ca. 1912.
Öl
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 26.250

(inkl. Käuferaufgeld)
Porträt der Tochter Mary. Ca. 1912.
Öl auf Leinwand, kaschiert auf Holz.
Vgl. Voss 355, 382, 384, 7 (Nachtrag). Am rechten Rand signiert. Verso mit dem Stempel der Münchner Kunst-Tischlerei "G. Oberndorfer" sowie einem alten, typografisch nummerierten Etikett. 30,8 x 30,8 cm (12,1 x 12,1 in) , oktogonal.

PROVENIENZ: Aus dem Nachlass der Industriellenfamilie Kommerzienrat Adolf Lindgens (1856-1941), Köln-Mühlheim (seit über 100 Jahren in Familienbesitz).

Unser Porträt zeigt Mary Stuck, die uneheliche Tochter Franz von Stucks, in Münchner Tracht. Das in mehreren Varianten bestehende Motiv inszeniert Mary stets als ideale Verkörperung des feschen "Münchner Kindls" mit keckem Lächeln und roten Wangen. Das eigentlich als Anna Maria Brandmair geborene Mädchen wird von der Ehegattin Stucks, Mary Lindpainter, adoptiert und schließlich in “Mary” umbenannt. Sie wird zu einem bevorzugten Modell ihres Vaters und schlüpft für diesen beständig in verschiedene historische Kostüme und Trachten. Dabei steht bei den Porträts von Stuck meist weniger die Psychologisierung der Figur im Zentrum des künstlerischen Interesses als vielmehr die dekorative Wirkung der Darstellung. Unterstrichen wird diese auch durch die oktogonale Anlage des Bildgrundes, die den Schmuckwert der Tafel erhöht. Für seine Porträts, ebenso wie für seine szenischen Kompositionen, bedient sich Stuck der modernen Technik der Fotografie. Diese dient nicht nur der Findung der Bildanlage, sondern auch als deren direkte Vorlage. Die Fotografien dienen als Pausvorlagen, deren Umrisse mit Bleistift auf eine Papiervergrößerung gerissen werden. Einerseits wird so die genaue Abnahme der Bildniskontur gewährleistet, andererseits die Herstellung etwaiger Bildniswiederholungen und -varianten erleichtert. Diese Methode wird spätestens durch den Malerfürsten Franz von Lenbach in Münchner Kunstkreisen etabliert, der seit Mitte der 1870er Jahre mit dieser Technik systematisch arbeitet. Stuck bedient sich der Fotografie wohl ab 1895 für Porträts, hat jedoch für Figurenstudien schon früher damit gearbeitet und führt dieses Prozedere bis in seine letzten Schaffensjahre fort. Besonders von seiner Tochter Mary sind viele fotografische Aufnahmen erhalten. Unter diesen zeigt eine von 1906 Mary in Münchner Tracht mit deutlicher Verwandtschaft zu unserem Gemälde, dessen Vorlage mit aller Wahrscheinlichkeit aus derselben Fotositzung stammt. Die Besonderheit im Stuck’schen Umgang mit seinen fotografischen Vorlagen besteht in seiner Beschränkung auf die Durchpausung nur weniger scharfer Linien. So legt Stuck schon in einem frühen Arbeitsschritt die eigentliche Quintessenz des Bildes fest und legt die Ausmodellierung der Feinheiten nach wie vor in die Hand der Malerei. Die Verwendung der Fotografie charakterisiert Stuck als modernen Künstler, der das Foto als probates Hilfsmittel für die Realisierung wahrer Kunst - sei es Malerei, Skulptur oder Architektur - einschätzt und einsetzt. [FS]



102
Franz von Stuck
Porträt der Tochter Mary, Ca. 1912.
Öl
Schätzung:
€ 15.000
Ergebnis:
€ 26.250

(inkl. Käuferaufgeld)