Auktion: 508 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 12.12.2020 in München Lot 359

 

359
Karl Hagemeister
Uferlandschaft mit Kiefern und Seerosen (Schwielowsee), Um 1900-1905.
Mischtechnik auf Leinwand
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 162.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Uferlandschaft mit Kiefern und Seerosen (Schwielowsee). Um 1900-1905.
Mischtechnik auf Leinwand.
Rechts unten signiert. Verso auf dem Keilrahmen nummeriert. 101 x 76 cm (39,7 x 29,9 in).

• Erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (artprice.com)
• Besonders harmonische Komposition, bezugnehmend auf die um die Jahrhundertwende in Mode gekommenen japanischen Holzschnitte
• Atmosphärisch-transparente Stimmung in grünsilbriger Tonalität, ausgeführt in meisterhafter Beherrschung der Pastelltechnik
• Inbegriff des lyrischen Naturempfindens des Künstlers und seines Versuchs, das "seelische Element der Natur" zu ergründen
.

Mit einer schriftlichen Expertise von Frau Dr. Hendrikje Warmt, Karl Hagemeister Archiv & Werkverzeichnis, Berlin. Die Arbeit wird im Karl Hagemeister-Archiv registriert sowie in das Werkverzeichnis aufgenommen.

PROVENIENZ: Privatbesitz Berlin (ca. 1970 im Berliner Kunsthandel erworben).

AUSSTELLUNG: Karl Hagemeister am Schwielowsee, Museum der Havelländischen Malerkolonie, Ferch, 15.4.-20.7.2013.
Geheimnisse der Natur. Zum 170. Geburtstag von Karl Hagemeister, Museum der Havelländischen Malerkolonie, Ferch, 25.4.-15.7.2018.

Neben der ausdrucksstarken, in der Handschrift des Künstlers die Natur nachformenden Ölmalerei nutzt Hagemeister auch die Pastellkreide für großformatige Landschaften. Dabei zeigt sich seine faszinierende Beherrschung der Technik, die die ganze Variationsbreite des pudrigen Materials ausschöpft. Durch sanftes Verwischen entstehen Farbräume, in die der Blick eintaucht, wie die den Himmel spiegelnde Oberfläche des Sees, hinter der dessen Tiefe gleichzeitig zu erahnen ist, ebenso wie der unendliche Raum des Himmels darüber. Die frische Weichheit der duftigen Kiefernnadeln arbeitet er im Vordergrund mit feinen Strichen heraus, ebenso die Feinheit der Gräser, die bereits herbstlich gebräunt erscheinen. Eine beruhigte Stimmung heiterer, windstiller Klarheit liegt über dem glatten See, den nicht eine Welle kräuselt. Darüber wölbt sich ein dunstiger Himmel, auf dem die hinter den Wolken verborgene Sonne deren Ränder silbrig färbt. In dieser nuancierten, grün-silbrigen Farbstimmung im milden Licht, in der einzelne, bereits herbstlich verfärbte, orange-ockerfarbene Blätter schwebend den Blick fangen, transportiert er die feuchte Kühle erster Herbsttage. In anmutiger Linienführung recken sich die schmalen Stämme und Äste der Kiefern in die Aussicht und erinnern an die Bildformeln japanischer Holzschnitte, in denen oftmals extreme Perspektiven gegeneinandergestellt werden und der Blick schräg in den Raum geführt wird. Ebenso wie diese spielt Hagemeister hier mit Nähe und Ferne, indem im Vordergrund in absoluter Nahsicht sogar einzelne Kiefernnadeln zu erkennen sind, bis sich in der verschwimmenden Weite des Sees die Gegenstände und Konturen in Wasser, Dunst, Wolken und Licht auflösen. Da Pastell im Gegensatz zur Ölfarbe kaum mischbar ist, ist ein langsameres Arbeiten in Schichten, die immer wieder mit Fixatif überzogen werden, vonnöten. Vor allem am Ende des 19. Jahrhunderts werden die Farben, wie mineralischer Staub als reinstes Pigment in Vorstellung und Handhabung, aufgrund ihrer Leuchtkraft und ihrer matten, samtartigen Oberflächenwirkung sehr geschätzt und gerne in der Landschaftsmalerei genutzt. Die Fragilität und Flüchtigkeit des Materials spiegelt symbolisch auch auf die Flüchtigkeit des dargestellten Eindrucks der Lichtstimmungen und Atmosphäre wider. Das Auge tastet wieder und wieder die Oberfläche ab, bleibt dabei an objekthaften Konkretisierungen und Strukturen hängen oder gleitet in die Tiefe des samtartigen Farbraumes. Dadurch wird umso mehr ein kontemplatives Schauen begünstigt, das Hagemeisters naturmystischer Auffassung des Sich-Versenkens entspricht. Eingehüllt in Luft und Licht wird auch der Betrachter Teil einer Empfindung „vom bewegten Athem der Natur, von der bewegten Stimmung über und zwischen den Dingen, vom seelischen Element der Natur“, der der Mensch nicht gegenübersteht, sondern in deren belebten Organismus er selbst eingeschlossen ist (Hagemeister, Tagebuchaufzeichnungen, zit. nach: Hendrikje Warmt, Karl Hagemeister. Reflexion der Stille, Berlin 2016, S. 142). [KT]



359
Karl Hagemeister
Uferlandschaft mit Kiefern und Seerosen (Schwielowsee), Um 1900-1905.
Mischtechnik auf Leinwand
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 162.500

(inkl. Käuferaufgeld)