Auktion: 514 / Evening Sale am 11.12.2020 in München Lot 271

 

271
Hanns Bolz
Porträt des Kunsthändlers Alfred Flechtheim, Um 1910/11.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 50.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Porträt des Kunsthändlers Alfred Flechtheim. Um 1910/11.
Öl auf Leinwand.
41 x 33 cm (16,1 x 12,9 in).

• Wunderbare Arbeit aus dem kleinen aber qualitativ herausragenden Werk des wiederentdeckten Rheinischen Expressionisten Hanns Bolz.
• Bolz’ Gemälde wurden in den führenden Avantgarde-Galerien von Alfred Flechtheim in Düsseldorf und Hans Goltz in München ausgestellt und waren auch auf Herwarth Waldens legendärem "Erstem Deutschen Herbstsalon" (1913) in Berlin vertreten.
• Da der früh verstorbene Künstler vor seinem Tod seine Werke teils selbst vernichtet und teils testamentarisch deren Vernichtung verfügt hat, sind heute nur noch wenige Arbeiten des Künstlers erhalten.
• Bisher wurden erst 23 Gemälde des Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: www.artnet.de)
• Porträts des bedeutenden Moderne-Händlers Alfred Flechtheim wurden u.a. auch von Karl Hofer (1922, Musée de Grenoble) und Otto Dix (1926, Nationalgalerie Berlin) geschaffen
.

Mit einer Expertise von Herrn Ernst Cremer, Aachen, vom 10. Okotber 2008 (in Kopie).

PROVENIENZ: Der Neue Kunstsalon Max Dietzel, München (auf dem Keilrahmen mit dem Stempel).
Neue Kunst Hans Goltz, München (auf dem Keilrahmen mit dem Etikett).
Privatsammlung Süddeutschland (bis 2008, Ketterer Kunst, 3.12.2008).
Privatsammlung (seit 2008, Ketterer Kunst, 3.12.2008).

LITERATUR: Vgl. J. Heusinger von Waldegg, In memoriam Hanns Bolz, in: Aachener Kunstblätter, Bd. 47, 1976, S. 293ff.
Ketterer Kunst, Auktion 342, Moderne Kunst, 3.12.2008, Los-Nr. 230, mit Abb.
Ernst Cremer, Hanns Bolz. Botschafter der Moderne, Alsdorf 2018, S. 232.

Der früh verstorbene Hanns Bolz gehört zu den großen expressionistischen Talenten des Rheinlandes. Erst in den 1960er Jahren beginnt die kunsthistorische Forschung langsam den Namen Hanns Bolz aus der Vergessenheit zu holen, wobei einer umfassenden Beschäftigung mit seinem Werk leider bis heute die geringe Zahl an erhaltenen Arbeiten entgegensteht, da Bolz testamentarisch die Vernichtung seines Werkes verfügt und den Großteil seine Werke vor seinem Tod selbst vernichtet hat. Hanns Bolz absolviert wohl um 1905/1908 ein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie. Im Anschluss geht er nach Paris, wo er bis Kriegsbeginn die meiste Zeit verbringt. Er mietet sich ein Atelier auf dem Montmartre, rue Gabrielle 49, das zuvor von Pablo Picasso genutzt wurde. Im Café du Dôme ist er ständiger Gast und gehört bald zu der kleinen deutschen Künstlerkolonie, die sich dort um Purrmann und Levy etabliert hatte. Spätestens hier lernt er den Kunsthändler Alfred Flechtheim kennen, der den illustren und in seinen Stilrichtungen ganz heterogenen Kreis der "Dômiers" 1914 erstmals in seiner Galerie zeigt. Bolz wird bereits zu Lebzeiten bei den Kunsthändlern Hans Goltz in München und bei Alfred Flechtheim in Düsseldorf ausgestellt, die beide als Wegbereiter der Moderne gelten. In seinem malerischen Werk zeigt sich deutlich die Auseinandersetzung mit dem französischen Kubismus und Fauvismus. In den ersten Pariser Jahren ist wohl auch unser Porträt entstanden, das wahrscheinlich den berühmten Moderne-Händler Alfred Flechtheim zeigt. Auffällig ist die charakteristische Physiognomie des Dargestellten: die große, markante Nase, die fliehende Stirn, das spitze Kinn und der große Mund mit den vollen Lippen. Die Beleuchtung von schräg hinten verleiht den ernergischen Gesichtszügen eine besondere Prägnanz. Typisch für das Werk von Bolz ist hier die gedämpfte Farbpalette und die kubistisch beeinflusste Behandlung von Licht und Schatten, die ein Gegeneinandersetzen heller und dunkler Bildzonen mit sanften Modulationen und Übergängen zu vereinen versteht.
Hanns Bolz ist auf allen wichtigen Ausstellungen seiner Zeit vertreten. Er nimmt an der Sonderbundausstellung 1912 in Köln, der Armory Show in New York und Chicago und an Herwarth Waldens "Erstem Deutschen Herbstsalon" 1913 in Berlin teil. 1914 wird der Künstler zum Militärdienst eingezogen und erleidet eine schwere Gasvergiftung, die ihn teilweise erblinden lässt. Bolz wird vorzeitig entlassen und verstirbt 1918 an den Folgen seiner Kriegsverletzung in der Kuranstalt Neuwittelsbach bei München. Alfred Flechtheim zeigt 1922 in seiner Galerie unter dem Titel "Hanns Bolz. In Memoriam" eine Gedächtnisausstellung mit 30 Gemälden des damals hoch geschätzten und heute leider nahezu vergessenen Rheinländers. [JS]



271
Hanns Bolz
Porträt des Kunsthändlers Alfred Flechtheim, Um 1910/11.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 50.000

(inkl. Käuferaufgeld)