Auktion: 514 / Evening Sale am 11.12.2020 in München Lot 268

 

268
Herbert Gurschner
Bean Ingram, 1928.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 50.000

(inkl. Käuferaufgeld)
Bean Ingram. 1928.
Öl auf Leinwand.
Rechts unten signiert, datiert und bezeichnet. Verso mit dem Etikett des Künstlers, dort nummeriert 43. 107 x 67,5 cm (42,1 x 26,5 in).

• Gurschners Porträts zeichnen sich durch eine mystisch verklärte Realistik aus.
• Deutliche Reminiszens an das Renaissance-Porträt in neusachlicher Manier.
• Werke von Herbert Gurschner befinden sich in der Tate Gallery, London, und in den Gallerie degli Uffizi, Florenz
.

Die Authentizität des Werkes wurde vom Kunsthandel Widder, Wien bestätigt.

PROVENIENZ: Privatsammlung (seit 2006).

AUSSTELLUNG: Magic Realism. Art in Weimar Germany 1919-1933, Tate Modern, London, 30.7.2018-17.7.2019, Ausst.-Kat. mit Abb. S. 57.

LITERATUR: Bonhams, London, 29.11.1995, Los 106.
Claudia und Roland Widder (Hrsg.), Herbert Gurschner - Ein Tiroler in London, Innsbruck/Wien 2000, S. 112, Nr. 103.
Im Kinsky, Wien, 16.5.2006, Los 117.

Bean Ingram habe ich gemalt 1928 mit einer Maske weil dass [sic] Leben verlangt Masken.“
Herbert Gurschner, Inschrift rechts unten auf dem hier angebotenen Gemälde "Bean Ingram".

Herbert Gurschner wächst in einer kunstsinnigen Familie auf. Seine Eltern fördern sein früh erkanntes Talent und lassen ihn während der Jahre 1917/18 die Kunstgewerbliche Fachschule in Innsbruck als Gastschüler besuchen. Anschließend nimmt er privaten Zeichenunterricht bei Walter Thor in München und wird als Student der Münchner Akademie aufgenommen. Er besucht die Klasse von Peter von Halms und kurzzeitig die von Franz von Stuck. Seine frühen Arbeiten sind ganz von seiner Tiroler Heimat beeinflusst und lassen große Parallelen zu Alfons Walde erkennen. Die bäuerlichen ländlichen Sujets werden Zeit seines Lebens einen hohen Stellenwert in seinem Werk haben. 1924 heiratet er die aus dem englischen Adel stammende Ella Dolores Erskine. Sie führt ihn in der Upperclass ein und vermittelt wichtige Kontakte zu Künstlern und Sammlern in England. Begeistert wird er von der englischen Kunstszene aufgenommen. Der junge Künstler ist viel auf Reisen, die ihn unter anderem in Italien nach Ravenna, Siena und Florenz führen. Sicherlich hat er sich hier mit der italienischen Kunst vertraut gemacht, der Bezug zur italienischen Renaissance ist hinsichtlich der Bildkomposition vor allem der Porträts unverkennbar. Der klassische Bildaufbau einer sitzenden oder stehenden Figur vor einem Fenster, das einen Ausblick in die Landschaft gewährt, ist eine eindeutige Reminiszenz an das italienische Trecento und Quattrocento. In einer Komposition, die auch viele seiner späteren Porträts der 1930er Jahre aufweisen, stellt Gurschner hier Bean Ingram in der großartigen Manier eines italienischen Renaissance-Porträts dar. Etwa wie Piero della Francesca Graf und Gräfin von Montefeltro, indem er die Dargestellten vor dem Hintergrund einer kargen, bergigen Landschaft mit See unter freiem Himmel zeigt. Mit der Einführung einer Außenansicht durch das Fenster und insbesondere mit der Form des Fensterrahmens, die an die eines Bilderrahmens erinnert, suggeriert dieses Bild-im-Bild sofort eine Disparität und die Möglichkeit, dass innerhalb desselben Bildes mehrere Realitäten existieren. Ähnlich dem Veristen Christian Schad zeichnet sich die Malerei Herbert Gurschners durch eine sehr präzise detaillierte Maltechnik von hoher Könnerschaft aus. "Bean Ingram" gehört zu einer ganzen Reihe von Porträts, die Ende der 1920er und in den 1930er Jahren entstehen. Mit der Übersiedlung nach England und den Kontakten seiner Frau wird Gurschner zum gefragten Porträtisten der High Society. Er nimmt regen Anteil am englischen Gesellschaftsleben und verdient seinen Lebensunterhalt hauptsächlich durch Porträtaufträge. Seine Auftraggeber gehören zum Adel, wie König Gustav von Schweden und Prinzessin Adalberta von Bayern, oder sind schillernde Persönlichkeiten aus der Kultur- und Wirtschaftswelt, wie Lawrence von Arabien und Mrs. A.Lehmann. Gurschners Porträts haben den Hang zum Unkonventionellen, und auch die Neigung zu einem gewissen Mystizismus kann nicht negiert werden. Die Darstellung von Bean Ingram ist nicht im klassischen Sinne schön, aber die junge Frau ist dennoch faszinierend und gibt uns in ihrer Erscheinung Rätsel auf. Das Symbolhafte der Darstellung wird unterstrichen durch eine Inschrift rechts unten "Bean Ingram habe ich gemalt 1928 mit einer Maske weil dass [sic] Leben verlangt Masken". [SM]



268
Herbert Gurschner
Bean Ingram, 1928.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 50.000

(inkl. Käuferaufgeld)