Auktion: 518 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 17.06.2021 in München Lot 2

 

2
Franz von Defregger
S’Lenei, 1880.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 3.000
Ergebnis:
€ 6.250

(inkl. Käuferaufgeld)
S’Lenei. 1880er Jahre.
Öl auf Holz.
Defregger S. 320. Rechts oben signiert. Verso mit Künstlerbedarf-Stempel. 24 x 18,7 cm (9,4 x 7,3 in).

PROVENIENZ: Privatsammlung Deutschland (ca. 1950 erworben, seither in Familienbesitz).

LITERATUR: Sybille-Karin Moser, Tiroler Bilder und ihre Darstellung in den Schönen Künsten: Malerei in Tirol 1830-1900, in: Paul Naredi-Rainer, Lukas Madersbacher (Hrsg.), Kunst in Tirol, Bd. 2: Vom Barock bis in die Gegenwart, Innsbruck u. a. 2007, S. 31 (mit Abb. einer freier ausgeführten Version).

Eine der charakteristischen Werkgruppen Franz von Defreggers sind die zahlreichen Bildnisse junger Frauen und Mädchen, als „Tiroler Dirndl“ jener heimatlichen Region Defreggers zugeordnet. In dieser großen Zahl an ländlichen Schönheiten steht selten der individuelle Charakter der Dargestellten im Vordergrund, auch ihre Namen sind typisch für die Alpenregion: Franzi, Leni, Zenzi und Annamirl lassen keinen Zweifel an ihrer einfachen Herkunft. Mit seinen Genreszenen der Tiroler und oberbayerischen Landbevölkerung macht sich Defregger in den 1870er Jahren einen Namen, er zeigt hier vor allem launige Zusammenkünfte in Wirtshäusern und Almhütten, in denen oftmals die Begegnung zwischen der selbstgenügsamen, bescheidenen Landbevölkerung und einer ihr fremden Gruppe, beispielsweise aus der Stadt, zum Thema wird. Zur Darstellung der einfachen, gesunden und anspruchslosen Bergbevölkerung entstehen zahlreiche Studien und Bildnisse, die zu den typisierten Figuren solcher Szenen werden. Etliche dieser Bildnisse gehen zurück auf seine Aufenthalte in Bozen ab 1872, wo er sich schließlich eine Villa mit Atelier bauen lässt und Frühling und Herbst dort verbringt. Seine repräsentative Villa in München in der Königinstraße wird ab Beginn der 1880er Jahre zum kulturellen Zentrum und belegt seinen Status als Aufsteiger in der Münchner Künstlerszene, den er neben den Maurer- und Müllersöhnen Lenbach und Stuck, mittlerweile als „Malerfürsten“ gefeiert, innehat. Defregger wächst auf dem Hof seiner Eltern in Stronach im Pustertal auf. Seine malerische Laufbahn beginnt in Innsbruck und führt in den 1860er Jahren über die Münchner Akademie nach Paris und schließlich in die Historienklasse Karl von Pilotys, in der er 1867-1870 sein Studium beendet. In kurzer Zeit sehr erfolgreich, wird er 1878 selbst von König Ludwig II. zum Professor für Historienmalerei der Münchner Akademie ernannt. Neben diesen Erfolgen sind die 1880er und die frühen 1890er Jahre die Zeit der Typenbildnisse und Porträts, bei denen vor allem die jungen Frauen hoch im Kurs seiner großbürgerlichen Käuferschaft stehen. Transportiert wird nicht das entbehrungsreiche, ärmliche Leben in den Tiroler Bergdörfern, sondern die Idee einer unverdorbenen Naivität und gesunden Frische, deren Blüte nicht durch die Versuchungen und Eitelkeiten mondänen Lebens getrübt ist. Eine sittsame und anständige, unverfängliche Schönheit in traditionellem folkloristischem Gewand wird so zum Idealtypus erhoben und in zahlreichen Bildnissen „gesammelt“, in Anlehnung an die Tradition einer „Schönheitengalerie“, wie sie nicht erst Ludwig I. zusammenstellen ließ. Die einfachen Landmädchen Defreggers, die zum Inbegriff einer uneitlen, ungekünstelten Schönheit werden, sind demnach auch als Demokratisierung der seit jeher der weiblichen Schönheit verpflichteten Kunst zu verstehen, die nun nicht mehr nur dem Fürsten, sondern einer zahlungskräftigen Klientel verfügbar wird. [KT]



2
Franz von Defregger
S’Lenei, 1880.
Öl auf Holz
Schätzung:
€ 3.000
Ergebnis:
€ 6.250

(inkl. Käuferaufgeld)