Auktion: 533 / Modern Art Day Sale und Sammlung Hermann Gerlinger am 10.12.2022 in München Lot 480

 

480
Ernst Ludwig Kirchner
Heckel mit blauem Hut, Um 1909.
Farbige Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 50.000

(inklusive Aufgeld)
Heckel mit blauem Hut. Um 1909.
Farbige Kreidezeichnung.
Verso mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der handschriftlichen Registriernummer "FS Dre/Bf 6". Auf festem Velin. 36,3 x 41 cm (14,2 x 16,1 in), Blattgröße.
Verso die Tuschfederzeichnung eines auf einem afrikanischen Hocker sitzenden weiblichen Aktes, "Sitzender Akt auf Schemel", um 1909. [CH] .
• 1969 auf der ersten Kirchner-Ausstellung in London gezeigt.
• Beidseitig bemaltes Blatt: verso mit einer feinen Tuschfederzeichnung eines sitzenden weiblichen Aktes.
• Im Zuge der Aufenthalte der "Brücke"-Künstler an den Moritzburger Seen (1909–1911) entstehen besonders innovative, ausdrucksstarke und für den Expressionismus richtungsweisende Arbeiten
.

Die Arbeit ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert.

PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946).
Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, Stuttgart (1954).
Galerie Nierendorf, Berlin (1969-1971).
Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1971 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032).

AUSSTELLUNG: E. L. Kirchner zum fünfundzwanzigsten Todestag, Galerie Nierendorf, Berlin, 18.6.-17.10.1963, Kat-Nr. 56 (m. d. Titel "Exote auf gelber Decke").
Kirchner 1880-1938. Oils, Watercolors, Drawings and Graphics, Marlborough Fine Art, London, Juni-Juli 1969, Kat.-Nr. 25 (m. d. Titel "Exote auf gelber Decke", m. Abb.).
Fünfzig Jahre Galerie Nierendorf 1920-1970. Rückblick, Dokumentation (Jubiläumsausstellung), Berlin 1970, Kat.-Nr. 453 (m. Abb.).
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001).
Die Brücke in Dresden 1905-1911, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 20.10.2001-6.1.2002, Kat.-Nr. 300 (m. Farbabb.).
Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017).
Das andere Ich. Porträts 1900-1950. Aus den Sammlungen der Staatlichen Galerie Moritzburg, Halle, und der Sammlung Hermann Gerlinger, Staatliche Galerie Moritzburg, Halle (Saale), 6.4-15.6.2003, Kat.-Nr. 128.
Die Brücke und die Moderne 1904-1914, Bucerius Kunst Forum, Hamburg, 17.10.2004-23.1. 2005, Kat.-Nr. 136 (m. Abb.).
Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 132 (m. Abb.).
Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022).
Kirchners Badende. Einheit von Mensch und Natur, KirchnerHAUS Museum, Aschaffenburg, 16.10.2021-16.1.2022, Kat.-Nr. 6 (m. Abb.).

LITERATUR: Künstler der Brücke an den Moritzburger Seen 1909-1911. Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein. Ein Beitrag zur Geschichte der Künstlergruppe Brücke, Brücke-Museum Berlin, 1.10.-15.12.1970, S. 20 (m. Abb., Nr. 13).
Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 144, SHG-Nr. 129 (m. Abb., S. 145).
Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 303, SHG-Nr. 688 (m. Abb.).

Bereits 1905 gründet E. L. Kirchner gemeinsam mit Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl die Künstlergruppe "Brücke". In Ablehnung eines klassischen Kunststudiums studieren die Freunde und ehemaligen Architekturstudenten stattdessen die moderne Kunst ihrer Zeit und widmen sich als Autodidakten dem reinen Naturstudium, ohne sich von den traditionellen akademischen Lehren beeinflussen zu lassen. In dieser so bedeutenden, richtungsweisenden Zeit – der Geburtsstunde des Expressionismus – steht insbesondere die Darstellung des Menschen im Fokus der jungen Maler. So zeigt auch die Rückseite des Blattes die Skizze eines auf einem afrikanischen Hocker (Leopardenhocker aus dem Nachlass Ernst Ludwig Kirchners, Bamileke, Babanki-Tungo-Region, Kamerun, vor 1910, Bündner Kunstmuseum, Chur) sitzenden weiblichen Aktes. Doch nicht nur im Atelier in Dresden-Friedrichstadt widmet man sich in schnellen, dynamischen Zeichnungen allem voran dem Studium von Akten, sondern auch in der freien Natur. 1909 verbringt Kirchner mit seinen Künstlerkollegen die langen Sommertage erstmals an den Moritzburger Seen, unweit von Dresden. Mit dem gleichen Schaffensdrang wie im Dresdener Atelier skizziert er auch hier die sich unbekleidet am Wasser tummelnden Badenden in natürlichen, ungezwungenen Posen. In dieser Zeichnung verewigt Kirchner die unbefangene und entspannte Nacktheit seines nur mit einem Hut bekleideten Künstlerkollegen Erich Heckel. Entspannt sitzt dieser im lockeren Schneidersitz im hellgrünen Gras auf einer Decke. Treffend gibt Kirchner die Gesichtszüge des Freundes wieder, setzt ihm als Farbtupfer einen strahlend-blauen Sommerhut auf und deutet in der rechten oberen Ecke ein wenig Vegetation an. In ebendiesen und auch in den darauffolgenden Jahren wird der Akt in der freien Natur eine der wichtigen Inspirationsquellen beider "Brücke"-Künstler und gilt heute als eines der charakteristischen Motive ihres expressionistischen Schaffens. [CH]



480
Ernst Ludwig Kirchner
Heckel mit blauem Hut, Um 1909.
Farbige Kreidezeichnung
Schätzung:
€ 40.000
Ergebnis:
€ 50.000

(inklusive Aufgeld)