Auktion: 530 / Evening Sale / Sammlung Hermann Gerlinger am 10.06.2022 in München Lot 52

 

52
Norbert Kricke
Raumplastik, 1958/1960.
Gelötete Edelstahlstäbe, auf Edelstahlplatte
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 137.500

(inklusive Aufgeld)
Raumplastik. 1958/1960.
Gelötete Edelstahlstäbe, auf Edelstahlplatte.
Höhe: 28,5 cm (11,2 in).

• Unikat.
• Aus der Sammlung des schweizerischen Eisenhändlers Dr. Hans Koenig.
• Aus der besten Zeit des Künstlers.
• Wie kein Zweiter versteht es Kricke die Linie in die Skulptur zu überführen.
• Unmittelbar nach Vollendung der hier angebotenen Raumplastik bereitet Kricke sich auf seine erste große Einzelausstellung 1961 im Museum of Modern Art, New York, vor
.

Wir danken Sabine Kricke-Güse, Berlin, für die freundliche wissenschaftliche Beratung.

PROVENIENZ:
Sammlung Dr. Hans Koenig, Zollikon/Schweiz (seit 1994).

LITERATUR:
Villa Grisebach, Berlin, 25. November 1994, Los 63.
John Matheson, Stiftung Sammlung Dr. Hans Koenig-Metallplastiken, Villa Meier-Severini, Zollikon, April 1997, m. Abb.

Krickes künstlerisches Werk lebt von der Linie, wie kein anderer moderner Bildhauer verfolgt er das Thema mit größter Intensität, bis die Linie letztendlich zu seinem Markenzeichen wird. Der 1922 in Düsseldorf geborene Norbert Kricke studiert an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin unter Richard Scheibe und ist ab 1947 als freischaffender Künstler in seiner Heimatstadt tätig. Materialien der modernen Bau- und Stahlverarbeitungsindustrie verdrängen in seinen Skulpturen die traditionelle Bildhauerei. Was Karl Otto Götz, Emil Schumacher und K.R.H. Sonderborg malerisch erarbeiten, vermag Norbert Kricke als einer der wenigen informellen Bildhauer in die Skulptur zu übertragen. Mit seinen "Flächenbahnen" hat Kricke ab 1955 eine grundsätzlich neue Lösung für die Skulpturen des Informel gefunden. In einem nächsten Schritt nehmen seine Metallstäbe dann den Raum ein, sie verlassen die strengen Reihen einer gleichförmigen Richtung und ragen ungestüm aus ihrer imaginären Achse heraus. Bündel aus aneinandergelöteten Metallstäben scheinen, sich zu feinsten Verästelungen verjüngend, nach allen Seiten in den Raum auszugreifen. Wie Lichtstrahlen erobern Krickes glänzende Schöpfungen den Raum und simulieren auf diese Weise Ausdehnung und Bewegung. Die scheinbar filigrane Instabilität, die den Eindruck des Schwebens vermittelt, wird mit wenigen Elementen erreicht. Schwerelos und zerbrechlich wirken seine Raumplastiken, in welchen es dem Künstler meisterhaft gelingt, die abstrakten Kategorien Raum und Zeit bildlich erfahrbar zu machen. Kricke verwirklicht die Idee einer offenen Plastik entschiedener als seine Zeitgenossen, indem er explizit den Raum in die Gestaltung der Skulptur miteinbezieht. Der Blick der Betrachter:innen soll sein Ziel nicht mehr in der Plastik finden, sondern von ihr ausgehend in die Unbegrenztheit des Raumes gelenkt werden. Die Skulptur wird so zu einem künstlerischen Instrument, das den Raum als solchen und die Bewegung im Raum erfahrbar macht. In seinen Unikaten verschmilzt Kricke die Tradition konstruktivistischer und futuristischer Plastik zu einer unvergleichlichen Formsprache von stiller Schönheit. Als einer der bedeutendsten Vertreter der informellen Plastik in Deutschland wird Krickes Œuvre nicht nur mehrfach auf der documenta präsentiert, sondern erfährt bereits zu Beginn der 1960er Jahre unter anderem durch Ausstellungen auf der 32. Biennale von Venedig oder im Museum of Modern Art in New York internationale Anerkennung. [SM]



52
Norbert Kricke
Raumplastik, 1958/1960.
Gelötete Edelstahlstäbe, auf Edelstahlplatte
Schätzung:
€ 60.000
Ergebnis:
€ 137.500

(inklusive Aufgeld)